Der Schluss-Mach-Pakt
offiziell ein Paar, und oft trafen wir uns zu dritt bei einem von uns zu Hause, um gemeinsam zu büffeln. Ich tat so, als würde ich es nicht mitkriegen, wenn sie sich hinter den Schulbüchern heimlich küssten, und dabei gab ich mir alle Mühe, nicht an Zacs Lippen auf den meinen zu denken.
Am Morgen des letzten Schultages fielen mir die Behälter zur Wahl von Klassenkönig und Klassenkönigin auf. Ich war so beschäftigt und abgelenkt gewesen, dass ich den dämlichen Beliebtheitswettbewerb komplett vergessen hatte. Zum ersten Mal betrachtete ich also die ganzen bunten, bescheuerten Poster mit »Wählt mich!«-Schriftzügen, die an der Wand klebten. Die Gewinner würden an diesem Nachmittag bei einer Preisverleihungszeremonie verkündet werden.
Würde sich in zwanzig Jahren noch irgendjemand von uns erinnern können, wer die Wahl zum Klassenkönig und zur Klassenkönigin gewonnen hatte?
Hannah vermutlich schon. Wenn sie gewann, würde sie das für immer als einen ihrer glorreichen Momente in Erinnerung behalten, selbst dann noch, wenn wir alle alt und grauhaarig waren. Weil sie nämlich nicht ohne diese Anerkennung leben konnte. Sie brauchte einfach immer wieder die Bestätigung, dass sie gut genug war.
Vielleicht waren Hannah und ich uns auch nach all den Jahren gar nicht so unähnlich.
Ich wühlte in meiner Tasche auf der Suche nach meiner Geldbörse. Ich suchte die Hälfte meiner Münzen raus und warf sie in das Glas.
»Ich hab eh schon gewonnen«, sagte da eine Stimme hinter mir. »Also ist es egal, ob du gegen mich wählst oder nicht.«
Hannah lächelte selbstgefällig. Sie sah so ordentlich und adrett aus wie immer und ihr Haar glänzte wie Seide unter dem Schein der Neonröhren über uns.
Sie trat einen Schritt auf mich zu und reichte mir ein kleines Stück gefaltetes Papier.
»Was ist das denn?«, fragte ich und weigerte mich, es entgegenzunehmen.
»Das restliche Geld, das ich dir schulde. Dreihundert Dollar, ich hab dir einen Scheck ausgestellt.«
Mein Herz flatterte in meiner Brust, fast hätte ich keine Luft mehr bekommen. »Hat er Schluss gemacht?«
Sie nickte. »Gestern Abend, war echt tragisch. Sind reichlich Tränen geflossen.«
Immer noch weigerte ich mich, nach dem Scheck zu greifen, den sie mir hinhielt. Ich starrte auf das Ding, unfähig, mich zu rühren.
»Was war das eigentlich letzte Woche, als du mir vorgeworfen hast, ich würde Zac betrügen?« Hannah hob die Augenbrauen und wartete auf eine Erklärung.
»Mein Bruder arbeitet an einem Fotoprojekt für den Kunstunterricht.« Ich wusste noch nicht mal, warum ich überhaupt das Bedürfnis hatte, ihr das zu erklären. Hannah war ja diejenige, die ständig alle hinterging, sie hätte selbst mal einiges erklären sollen. »Er hat vor ein paar Wochen zufällig ein Foto von dir und einem Typen geschossen, draußen vor dem Buchladen. Und dann noch mal beim Kino.«
Und dann tat Hannah etwas, das ich bei ihr schon richtig lange nicht mehr erlebt hatte.
Sie lachte.
Jetzt war ich diejenige, die fragend die Stirn in Falten legte. »Was ist denn daran so witzig?«
»D u bist witzig. Du erwartest wirklich immer das Schlec hteste von jedem, nicht wahr? Wenn ein Mädchen mit einem Jungen zusammen gesehen wird, der nicht ihr Freund ist, dann betrügt sie ihn ganz offensichtlich. Deine Welt besteht nur aus Schwarz und Weiß. Da bleibt kein Raum mehr für Zwischentöne.«
»Dann hast du Zac also nicht betrogen?«
»Natürlich nicht. Warum sollte ich einen Freund loswerden wollen, der zu viel meiner wertvollen Zeit auffrisst, um mir dann gleich einen neuen zu suchen? Nicht dass es dich irgendwas anginge, aber der Kerl, mit dem dein Bruder mich gesehen hat, war mein Coach, mein Lebensberater. Der hält mich davon ab, völlig durchzudrehen und dir den Kopf abzureißen.«
Hannah hatte einen Lebensberater?
»Ist das so was wie ein Therapeut?«, fragte ich.
Hannahs finsterer Blick sorgte dafür, dass ich sofort den Mund zuklappte. »Er ist kein Therapeut. Ein Lebensberater hilft einem dabei, den alltäglichen Stress zu reduzieren. Und er berät mich, wie ich mich nur um meine eigenen Erwartungen an mich selbst kümmere statt um die von anderen Leuten. Er war mir eine immense Hilfe in den vergangenen Monaten.« Sie grinste. »Vielleicht solltest du das auch mal ausprobieren.«
Ich versuchte, mir auf das Ganze einen Reim zu machen, aber mir war auf einmal schwindelig. Wieder einmal hatte das Gedankenkarussell sich zu drehen begonnen, ich brachte
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