Der Schmerzsammler: Thriller (German Edition)
braucht, überhaupt finanziere. Satanisten sind kein Thema. Die bringen niemanden um. Sie müssen schauen, wie Sie mit dem Etat klarkommen. Erfinden Sie was. Ein Uniprojekt, was auch immer. Wenn es um Ihre suizidalen Tendenzen geht, sind Sie jedenfalls äußerst kreativ. Sie wissen ja, dass Sie keinen Cent kriegen, wenn Sie sich in den Rollstuhl springen. Sonst noch was?«
Fran wurde wütend. Was bildete sich diese Tussi eigentlich ein? Ja, da war noch was. Ich kündige! Aber diesen Gedanken sprach sie nicht aus, denn sie wusste genau, dass sie auch dann nicht kündigen würde, wenn man ihr den Etat komplett streichen würde. Dann würde sie ihr eigenes Geld für die Studie einsetzen, ihre Freizeit und die Freizeit ihrer Freunde. Eine verdammte Falle. Sie war ein Junkie auf der ganzen Linie, und Fellmis wusste das.
»Ja, natürlich, Chef, war ja auch nur so ein Gedanke.« Mehr fiel Fran nicht ein.
Fellmis drehte sich auf dem Absatz um und marschierte davon.
»Ich glaube, du brauchst mal einen Nachhilfekurs in Verhandlungstechnik. Du musst mehr rangehen. Fellmis unter Druck setzen.«
Fran fuhr zu Bruno herum, wollte ihm so richtig die Meinung sagen, aber er war der Falsche, um Dampf abzulassen. Was sie brauchte, war ein Satanist mit klarem Kopf, der ihr einen sauberen Ritualmord lieferte. Dann würde das Geld nur so fließen, und sie würde eine eigene Abteilung bekommen, und die Fellmis würde grün werden vor Neid.
Aber diese dämlichen Satanisten waren alles andere als satanisch und noch weniger mörderisch. Alles, was bisher unter rituellen Morden in den Medien ausgeschlachtet worden war, hatte nichts mit echtem Satanismus zu tun. Das waren durchgeknallte Psychopathen gewesen, nichts weiter. Ein echter ritueller Mord war in der deutschen Polizeigeschichte zumindest seit dem Zweiten Weltkrieg nicht bekannt.
»Du bist auch nicht gerade feinfühlig. Oder findest du richtig, was die Fellmis mit mir anstellt?«
Bruno hob abwehrend die Hände. »Nein, und das weißt du. Aber mit Schmollmund erreichst du gar nichts bei ihr. Du musst ihr was bieten, Herrgott, das weißt du doch alles!«
Ja, sie wusste es, und sie schaffte es nie, sich gegen Fellmis durchzusetzen. Wortlos ließ sich Fran auf ihrem Stuhl nieder, startete ihren Rechner, loggte sich ein und ging die aktuellen Leichenermittlungen durch. Immerhin hatte sie Zugang zu Datenbanken wie V i CLAS , TECS , sogar zur FBI -Datenbank V i CAP , in der die Profile von Tätern und Gewaltverbrechen weltweit gespeichert waren; das wenigstens hatte sie Fellmiszu verdanken. Alle Ermittlungsakten, die mit Mord und Totschlag, Vergewaltigung und Körperverletzung zu tun hatten, standen ihr offen, sie durfte bei jeder Obduktion dabei sein, wenn sie es wünschte. Innerhalb des Apparates hatte sie große Freiheiten. Was sie nicht hatte, war eine Dienstwaffe und eine Hundemarke.
Nach ihrem Psychologiestudium hatte sie drei Jahre an der Hochschule für Verwaltung den Polizeidienst von der Pike auf gelernt, war schnell zur Polizeioberkommissarin befördert worden und hatte sich mit eiserner Disziplin und endlosem Fleiß den Kriminalkommissar erkämpft. Bevor sie als Ermittlerin Karriere machen konnte, hatte das LKA sie rekrutiert, vor allem weil sie sich in der Sektenszene auskannte. Es hatte lange gedauert, bis sie sich an den Status einer Zivilistin gewöhnt hatte und nicht mehr alles und jeden beobachtete und auf eine mögliche Straftat hin abklopfte. Diese Jahre im Polizeidienst waren eine harte Geduldsprobe gewesen, ihr war alles zu langsam gegangen, zu viele Regeln hatten tagtäglich ihre Nerven strapaziert. Und dann war da noch ihr Partner gewesen: ein dicker Phlegmatiker, kurz vor der Verrentung, der lieber am Computer saß als auf der Straße für Ordnung zu sorgen. Aber es war auch eine Zeit der Abenteuer gewesen und eine hervorragende Ergänzung zu ihrem Studium, eine unbezahlbare Schulung in Menschenkenntnis. In neun von zehn Fällen konnte sie alleine am Gang einer Person festmachen, wie diese sich fühlte.
Fran öffnete die Textdatei »Studie über gewalttätiges Verhalten von Mitgliedern der satanischen Szene Deutschlands« und stellte fest, dass der Titel alleine schon furchteinflößend langweilig war. Niemand interessierte sich für so etwas. Vielleicht sollte sie einen anderen Titel wählen. »Satanisten – die rituellen Schlächter Deutschlands?« Das klang gar nicht schlecht.Oder: »Blut auf dem Altar Satans. Warum in Deutschland rituell gemordet
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