Der Schoenste Fehler Meines Lebens
er wusste, dass sie sich auch unter seinen eingenistet hatten. Statt rustikaler Perlen und alter Münzen, die er sonst von ihren Ohren hatte baumeln sehen, trug sie keinen Schmuck, und die winzigen leeren Löcher ihrer Ohrläppchen verliehen ihr eine Verletzlichkeit, die ihn schmerzte. Unter dem Saum ihres nassen violetten Trenchcoats schauten ihre Jeans heraus, und auch die roten Leinenschuhe waren durchweicht. Ihr Haar war länger als damals und von Regentropfen übersät. Wie gern hätte er seine Hände in diesen Wust dunkelbrauner Locken gewühlt, ihr die neuen Vertiefungen unter ihren Wangenknochen weggeküsst und ihren Augen wieder ihre Wärme zurückgegeben. Er wollte sie zum Lächeln bringen. Zum Lachen. Sie dazu bringen, ihn wieder so tief zu lieben, wie er sie liebte.
Während sie geradeaus auf die Abtrennung stierte, vor der der langjährige Manhattan-Chauffeur seiner Mutter am Steuer saß, weigerte er sich, die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass er zu spät kam. Das mit dem Verlobten war gelogen. Nur, konnte ein Mann ihr widerstehen und sich nicht in sie verlieben? Er brauchte Gewissheit. »Erzähl mir von deinem Verlobten.«
»Auf gar keinen Fall. Ich möchte nicht, dass du dich noch schlechter fühlst, als das ohnehin schon der Fall ist.«
Sie log. Jedenfalls betete er, es möge so sein. »Dann glaubst du also zu wissen, wie ich mich fühle?«
»Definitiv. Du fühlst dich schuldig.«
»Stimmt.«
»Ehrlich gesagt, ich habe im Moment nicht die Kraft, dir deine Schuldgefühle zu nehmen. Aber wie du siehst, geht es mir ganz gut. Und jetzt leb dein Leben weiter und lass mich in Ruhe.«
Sie sah nicht so aus, als ginge es ihr gut. Sie sah erschöpft aus. Schlimmer noch, sie strahlte Unnahbarkeit – eine Schwere – aus, die so gar nicht zu der lustigen, respektlosen Frau passte, die er kannte. »Ich habe dich vermisst«, sagte er.
»Freut mich zu hören«, erwiderte sie, und er erkannte den Klang ihrer Stimme nicht wieder. Sie kam ihm fremd vor. »Könntest du mich bitte zurück zu meiner Wohnung bringen? «
»Später.«
»Ted, es ist mein Ernst. Es gibt nichts mehr zu bereden.«
»Vielleicht nicht von deiner Seite, von meiner schon.« Ihre Entschlossenheit, von ihm wegzukommen, machte ihm Angst. Er hatte ganz unmittelbar mitbekommen, wie stur sie sein konnte, und fand es unerträglich, diese Entschlossenheit gegen sich gerichtet zu sehen. Er musste einen Weg finden, das Eis zu brechen. »Ich dachte, wir … wir könnten eine Bootsfahrt machen.«
»Eine Bootsfahrt? Wohl eher nicht.«
»Ich wusste, dass das eine dumme Idee war, aber das Wiederaufbaukomitee hat darauf bestanden, dies mit dir zu tun. Vergiss es.«
Ihr Kopf schoss nach oben. »Du hast mit dem Wiederaufbaukomitee darüber gesprochen?«
Dass sie in Wut geriet, gab ihm wieder Hoffnung. »Kann sein, dass ich es erwähnt habe. Ganz nebenbei. Ich wollte eine weibliche Meinung dazu hören, und die Mitglieder überzeugten mich davon, dass alle Frauen die große romantische Geste zu schätzen wüssten. Selbst du.«
Und jetzt sprühten ihre Augen tatsächlich Funken. »Ich finde es unfassbar, dass du unsere persönlichen Angelegenheiten mit diesen Frauen besprichst.«
Unsere Angelegenheiten, hatte sie gesagt. Nicht nur seine. Er legte nach. »Torie ist richtig sauer auf dich.«
»Ist mir doch egal.«
»Und Lady Emma auch, aber sie drückt sich höflicher aus. Du hast die Gefühle aller verletzt, indem du dir eine neue Telefonnummer zugelegt hast. Das hättest du wirklich nicht tun sollen.«
»Entschuldige mich bei ihnen«, sagte sie spöttisch.
»Die Bootsfahrt war Birdies Idee. Sie tritt wegen Haley für dich ein, wo sie nur kann. Und du hattest recht, gut, dass wir damals die Polizei außen vor ließen. Haley ist in letzter Zeit richtig erwachsen geworden, und ich gehöre nicht zu den Männern, die einen Irrtum nicht eingestehen können.«
Seine Hoffnung wuchs, als er sah, dass sie ihre geballten Fäuste an ihren nassen Mantel drückte. »Mit wie vielen anderen Leuten hast du denn noch über unsere Privatangelegenheiten gesprochen?«
»Mit einigen.« Er versuchte Zeit zu schinden und überlegte krampfhaft, wie er dieses Spiel durchziehen sollte. »Kenny war keine Hilfe. Skeet ist noch immer sauer auf mich. Wer konnte schon ahnen, dass er dich so sympathisch findet? Und Buddy Ray Baker meinte, ich solle dir eine Harley kaufen.«
»Ich kenne überhaupt keinen Buddy Ray Baker!«
»Aber ja doch. Er arbeitet nachts im Food and
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