Der Schoenste Fehler Meines Lebens
an einem ihrer Silberohrringe, die ein Schmuckstück der Sung-Dynastie waren – oder auch nicht –, je nachdem, ob sie dem Rikschafahrer in Shanghai Glauben schenkte, der sie ihr verkauft hatte. »Ich würde sagen, du bist mehr als eine gute Partie für die guten Bürger von Wynette.«
»Es ist einfach zermürbend«, sagte Lucy. »Sie bemühen sich ja, zurückhaltend zu sein, aber ich kann nicht die Straße entlanggehen, ohne dass mich jemand anhält und fragt, ob ich zufällig wisse, in welchem Jahr Ted die U.S. Amateur Golf Championship gewonnen hat oder wie viel Zeit zwischen seinem Bachelor und seinem Masterabschluss verstrichen ist – eine Trickfrage, weil er beide zusammen gemacht hat.«
Meg war vom College geflogen, bevor sie auch nur einen Abschluss in der Tasche hatte, weshalb die Vorstellung, gleich zwei auf einmal zu bekommen, ihr mehr als nur ein bisschen verrückt vorkam. Aber Lucy steigerte sich manchmal auch ein wenig zu sehr in etwas hinein. »Es ist eine neue Erfahrung, mehr nicht. Dass sich mal nicht alle lieb Kind bei dir machen.«
»Also, die Gefahr besteht wirklich nicht, das kannst du mir glauben.« Lucy schob sich eine Locke ihres hellbraunen Haars hinters Ohr. »Auf einer Party vergangene Woche hat mich eine Frau so ganz beiläufig, als würde man ein derartiges Gespräch bei einem Drink und ein paar Häppchen führen, gefragt, ob ich zufällig Teds IQ wisse, was ich nicht tat. Da ich allerdings vermutete, dass sie selbst es auch nicht wusste, sagte ich hundertachtunddreißig. Aber, nicht doch … Ein gewaltiger Fehler, wie sich herausstellte. Offenbar brachte es Ted bei seinem letzten Test auf hundert ein undfünfzig. Und wenn man dem Barkeeper glauben darf, hatte Ted die Grippe und hätte ansonsten besser abgeschnitten.«
Meg hätte bei Lucy gern nachgehakt, ob sie sich die Sache mit der Hochzeit auch richtig gut überlegt hatte, aber im Unterschied zu Meg handelte Lucy nicht impulsiv.
Sie hatten sich auf dem College kennengelernt, als Meg eine rebellische Erstsemesterstudentin und Lucy eine intelligente, aber einsame Studentin im zweiten Jahr war. Da Meg ebenfalls bei berühmten Eltern aufgewachsen war, konnte sie Lucys Misstrauen neuen Freundschaften gegenüber verstehen. Doch trotz ihrer sehr verschiedenen Persönlichkeiten fanden die beiden zueinander, und Meg brauchte nicht lang, um etwas zu erkennen, was den anderen nicht auffiel. Lucy Jorik gab sich nach außen hin fest entschlossen, ihrer Familie keinen Ärger zu machen, doch im Herzen war sie eine Rebellin. Was man ihr jedoch keinesfalls ansah.
Mit ihren elfenhaften Zügen und den dichten Kleinmädchenwimpern sah Lucy viel jünger aus als einunddreißig. Sie hatte sich seit ihren Collegetagen die glänzenden hellbraunen Haare wachsen lassen und besaß eine Reihe von Samthaarbändern, die Meg nie im Leben getragen hätte, um sie sich aus dem Gesicht zu halten. Auch das damenhafte aquamarinblaue Futteralkleid mit dem braven Ripsgürtel wäre niemals Megs Stil gewesen. Meg hatte ihren hochgewachsenen schlaksigen Körper in mehrere Bahnen Seide gehüllt, die in Edelsteinfarben schillerten und die sie zusammengedreht über einer Schulter zusammengebunden hatte. Dazu kombinierte sie klassische schwarze Gladiatorensandalen — Größe zweiundvierzig –, die bis über ihre Waden geschnürt waren, und einen silbernen Schmuckanhänger, zu dem sie einen antiken Betelnussbehälter, erworben auf einem Markt im Zentrum von Sumatra, umfunktioniert hatte, der jetzt zwischen ihren Brüsten baumelte. Zu ihren vermutlich gefälschten Ohrringen der Sung-Dynastie trug sie einen ganzen Stapel Armreifen, die sie für sechs Dollar bei TJ Maxx gekauft und mit afrikanischen Handelsperlen aufgepeppt hatte. Sie hatte einfach Sinn für Mode.
Und reist auf verschlungenen Wegen, wie ihr berühmter New Yorker Onkel und Couturier gemeint hatte.
Lucy spielte an ihrer sittsamen Perlenkette. »Ted ist … die bestmögliche Entsprechung dessen, was das Universum als perfekten Menschen entworfen hat. Du brauchst dir nur mein Hochzeitsgeschenk anzusehen. Welcher Mann schenkt seiner Braut schon eine Kirche?«
»Beeindruckend, das muss ich zugeben.« Am frühen Nachmittag hatte Lucy Meg mitgenommen, um ihr die verlassene Holzkirche zu zeigen, die am Stadtrand am Ende einer schmalen Gasse versteckt lag. Ted hatte sie erworben, um sie vor dem Verfall zu bewahren, und dann ein paar Monate darin gelebt, während sein jetziges Haus gebaut wurde. Obwohl keinerlei
Weitere Kostenlose Bücher