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Der Schoepfer

Der Schoepfer

Titel: Der Schoepfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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runtergerannt war, begann sich Jocko Sorgen zu machen. Erika sollte längst zurück sein. Sie war in die Stadt gefahren, um Zimtbrötchen zu kaufen.
    Ihr war etwas zugestoßen. Vielleicht war sie von einem Lastwagen überfahren worden. Vielleicht sogar von zwei Lastwagen.
    Vielleicht hatte ein Bär sie erwischt. Es gab Grizzlybären. Bären in den Wäldern. Jocko hatte nie einen gesehen. Aber sie waren da . Die Wälder waren ein Bärenklo.
    Vielleicht war Jocko jetzt wieder ganz allein auf der Welt.
    Wenn die Vielleichts erst einmal anfingen, dann hörten sie so schnell nicht wieder auf.
    Jocko eilte zur Haustür. Sie wurde von zwei kleinen Fenstern flankiert. Davor lag die Veranda.
    Er sah aus dem linken Fenster. Jenseits der Veranda lag der lange Kiesweg, der zum Haus führte. In die andere Richtung verschwand er aus seiner Sicht und führte zur Landstraße. Kein Wagen.
    Jocko warf einen Blick durch das rechte Fenster. Dieselbe Veranda, dieselbe Auffahrt, immer noch kein Wagen.
    Linkes Fenster. Rechtes Fenster. Links, rechts, links, rechts.
    Ein Fenster im oberen Drittel der Tür. Über Jockos Kopf. Er sprang hoch, erhaschte einen Blick auf die Veranda und die Auffahrt. Kein Auto. Sprang hoch. Kein Auto. Sprang hoch. Kein Auto.
    Linkes Fenster, springen, rechtes Fenster, springen, linkes Fenster, springen: kein Auto, kein Auto, kein Auto, kein Auto, kein Auto, kein Auto.
    Vielleicht sollte er nicht darauf hoffen, Erikas Wagen näher kommen zu sehen. Vielleicht würde er hoffen und hoffen und hoffen, und es würde auftauchen, aber ein Bär würde hinter dem Steuer sitzen.
    Erika musste tot sein. Sie wäre inzwischen zu Hause, wenn sie nicht tot wäre. Jocko war wieder ganz allein auf der Welt. Allein mit dem zugedeckten Fernseher. Und Bären, die ihn vom Wald aus beobachteten. Und Vögeln, die am Himmel kreisten.
    Ohne sie würde er wieder in der Kanalisation leben müssen. In den Gullys. Nachts auf Nahrungssuche herauskommen. Allein durch dunkle Gassen schleichen.
    Er war ein Monster. Die Menschen mochten keine Monster. Sie würden ihn mit Eimern verprügeln, mit Schaufeln, mit allem, was sie gerade zur Hand hatten. Sie hatten ihn früher, als er sich bemüht hatte, allein durchzukommen, geschlagen, wenn sie versehentlich auf ihn gestoßen waren. Mit Eimern, Schaufeln, Besen, Schirmen, Spazierstöcken, schweren Ketten, Wasserschläuchen, riesigen Peperoniwürsten.
    Er wimmerte vor Kummer und Furcht. Sein Wimmern jagte ihm Angst ein.
    Um sich abzulenken und eine ausgewachsene emotionale Krise zu vermeiden, drehte Jocko Pirouetten. Er drehte sich im Kreis, von einem Zimmer ins andere. Dann schlug er Räder durch das ganze Haus. Er jonglierte mit roten Gummibällen. Jonglierte mit Obst. Jonglierte mit Gemüse. Er eilte auf den Händen die Treppe hinauf und hinunter. Rauf und runter, rauf und runter. Er ordnete den Inhalt aller Küchenschränke neu – und stellte dann alles wieder dahin zurück, wo es hingehörte. Er öffnete eine Tüte getrocknete Pintobohnen und zählte sie. Dann zählte er sie in Zweiergrüppchen. In Dreiergrüppchen.
    Erika war immer noch nicht zurückgekommen.
    16.
    Carson und Michael gehörte ein blassgelbes viktorianisches Haus im Zuckerbäckerstil. Alle dekorativen Holzteile waren blau gestrichen.
    Innen war das Holz weiß lackiert, die Wände waren gelb, und Carsons Laune besserte sich jedes Mal, wenn sie nach Hause kam. In allen Zimmern waren die Haken für die Deckenlampen von verschnörkeltem Stuck umgeben.
    Früher, in New Orleans, hatte Carson keinerlei Interesse an Inneneinrichtung gehabt. Für sie war ein Haus ein Ort gewesen, an dem sie schlief und aß und ihre Waffen reinigte. Michaels Vorstellung von dekorativer Inneneinrichtung hatte sich auf einen verstellbaren Liegesessel und einen Tisch aus Kiefernholz mit einer eingebauten Lampe und Zeitschriftenfach beschränkt, auf den er sein Bier stellen und eine Tüte Kartoffelchips legen konnte.
    Ihr letzter Fall beim Morddezernat in New Orleans hatte sie an finstere und trostlose Orte geführt, die so pervers und bedrohlich wie Höllenkammern waren. Die Entscheidungen, die sie seitdem getroffen und in die Tat umgesetzt hatten, waren großenteils Reaktionen auf diese Erfahrungen gewesen. Sowie der Fall abgeschlossen war, hatten sie Louisiana mit seinen wild wuchernden, drückend heißen Bayous verlassen und waren in diese Stadt gezogen, die auf Hügeln erbaut worden war. Hier fegte ständig frischer Wind vom Meer durch die Straßen, hielt

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