Der schottische Seelengefährte (German Edition)
so verschwitzt und tagelang ohne ihr sonst übliches morgendliches Bad. Außerdem wollte sie nicht die gefügige Gefangene sein und machte es ihrem verschlossenen Verwandten durch entsprechende Beschwerden sehr deutlich, welchen Standard sie ansonsten gewohnt war. Als sie ihren Onkel nach der Flucht darauf hingewiesen hatte, war seine kurze Antwort gewesen, dass sie sich halt einschränken müsste, ein tägliches Bad wäre hier nicht möglich. Anscheinend hatte er seine Meinung geändert. Vielleicht wollte er aber auch nur sein nagendes schlechtes Gewissen beruhigen.
Ein Knappe goss nun einen dampfenden Eimer nach dem anderen in den Bottich und ein kleinerer, schmächtiger trug einen hohen Stapel Tücher vor seinem Gesicht, mit denen er auf sie zukam.
„Hier Mylady, für Euch“ und reichte ihr die Tücher. Verwundert, dass es der kleine Junge wagte, sie direkt anzusprechen und den Stapel nicht einfach auf einen Stuhl legte, schaute sie genauer hin. Ihr stockte der Atem.
Simon!
Ein Adrenalinstoß ging durch ihren Körper. Schnell schaute sie sich um, aber die Wache stand gelangweilt draußen vor der Tür und die anderen Knaben flitzten zwischen der Küche und ihrer Kammer hin und her. Niemand schien auf sie beide zu achten. Langsam, um nicht auf sich aufmerksam zu machen, nahm sie den Stapel. Ihre Hände zitterten vor Anspannung und Aufregung. Simon dagegen schien die Ruhe selbst zu sein.
„Ihr solltet euch beeilen, Mylady, niemand wartet gerne“ und zwinkerte ihr frech zu.
Bevor sie reagieren konnte, war Simon auch schon wieder verschwunden. Möglichst unauffällig schaute sie sich um. Keiner schien etwas von Simons Worten mitbekommen zu haben.
Nachdem alle ihre Kammer verlassen hatten, erledigte sie ihre Wäsche so schnell sie konnte und zog sich rasch wieder an. Simons versteckter Hinweis ließ sie Hoffnung schöpfen, mahnt aber auch zur Eile. Da sie keine Ahnung hatte, wann genau etwas passieren würde, wollte sie so schnell wie möglich bereit sein.
Sie musste nicht lange warten, als sie hörte, wie eine Reitergruppe in den Hof geritten kam. Hoffnungsvoll trat sie ans Fenster. Sie konnte aus der Entfernung leider keine Person genau erkennen, doch sie erkannte den Tartan: die Fergussons!
Ihre Finger krallten sich in das Mauerwerk. Verrat! Ihr eigener Onkel hatte sie verraten und wollte sie an die Feinde ausliefern. Das zu kombinieren war jetzt nicht mehr schwer. Aber warum? Eine bisher ungekannte Welle der Wut stieg unvermittelt in ihr hoch und ließ sie am ganzen Körper zittern. Bastard! Sie bedachte ihn noch mit weiteren unschönen Ausdrücken, nur um ihre aufsteigende Panik in den Griff zu bekommen. Wie konnte er nur so falsch sein! Wie konnte er ihr so etwas antun?
Die Erinnerung an Donald ließ sie vor Grausen schwindelig werden und sie hielt sich am Mauerwerk fest Nein! Sie würde sich nicht in ihre Angst hineinsteigern, diesmal würde sie vorbereitet sein!
Sie trat vom Fenster weg und hastete quer durch den Raum. Neue Energie durchströmte sie. Die würden sich noch wundern. Geschwind begann sie sich auf das Treffen vorzubereiten. Alle störenden Kleidungsstücke zog sie wieder aus, zerschnitt ihren Unterrock und knotete ihn so zusammen, dass er sie in ihrer Bewegungsfreiheit nicht einschränken würde. Ihre Schuhe schnürte sie so fest, dass sie damit ordentlich laufen konnte. Dann band sie sich den Tartanstoff so um, dass er mit einer einzigen Bewegung zu Boden fallen würde. Zum Schluss flocht sie sich die Haare zu einem strengen Zopf zurück und versteckte ihren kleinen Dolch in ihrem linken Ärmel.
Wollen doch mal sehen, wer hier wen überrascht! Mit einer gewissen Genugtuung zupfte sie sich die Kleider zu Recht und setzte sich aufs Bett. Sie schloss die Augen und versuchte ihren Puls zu beruhigen und sich auf das Kommende zu konzentrieren. Wie sie es hasste zu warten!
Es dauerte nicht lange, als auch schon die Tür aufgerissen wurde und zwei Wachen sie wortlos aufforderten, ihnen zu folgen. Würdevoll erhob sie sich und ging die schmale Treppe zwischen den beiden stummen Kriegern hinunter. Ihre Knie zitterten vor innerem Groll, aber sie wollte nicht, dass man ihr die Angst anmerkte.
In der Halle war der Teufel los. Die Krieger der Fergussons saßen an den Tischen und benahmen sich wie die Schweine. Die Mägde setzten nur hastig ihre Tabletts auf die Tische und flohen so schnell sie konnten wieder in die Küche, in der Hoffnung, unbeschadet und unbelästigt wieder wegzukommen. Marys
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