Der schottische Verfuehrer
mehr verlieren.
Er ließ den Daumen über ihre Unterlippe gleiten, die von seinen Küssen ganz rot war. „Zieh dich an. In der Zwischenzeit packe ich alles zusammen. Dann können wir aufbrechen.“
Im Kamin flackerten die Flammen lebendig auf, als er daran vorbeiging. Doch reichte die Wärme des Feuers nicht, um ihn zuversichtlich zu stimmen. Mit dem erwachenden Tag waren auch seine Befürchtungen zurückgekommen. Selbst wenn sie sicher zu Griffin gelangten, mussten sie sich dort wahrscheinlich erneut trennen.
Sollte er ihr zuvor seine Liebe gestehen? War es falsch, damit bis Rothfield Castle zu warten? Aber was würde sein Liebesschwur bringen? Es würde eine ohnehin verworrene Situation nur noch komplizierter machen. Verdammt!
Er hatte sie schon einmal verloren und sich damals nicht gegen die schlimmen Gedanken gewehrt, die ihn heimgesucht hatten. Stattdessen hatte er sie allein gelassen, als sie ihn am nötigsten brauchte. Nur deswegen war sie viel zu lange in der Gewalt seines ruchlosen Feindes gewesen. Duncan bewunderte sie für die Stärke, mit der sie allem getrotzt hatte. Aber zugleich war er ihr immer noch böse, weil sie ihm nicht genügend vertraut hatte, ihn nicht für stark genug gehalten hatte, um sie beide zu beschützen.
Nein. Er durfte nicht ihr alleine die Schuld geben. Sie beide hatten in der Vergangenheit Fehler gemacht.
Aber jetzt und hier schwor er sich insgeheim, sie nie wieder gehen zu lassen.
In der Zeit, da sie einander nicht begegneten, hatte er verdrängt, wie einzigartig und kostbar sie für ihn war. Jetzt aber, da er die geschmeidigen Bewegungen sah, mit denen sie sich anzog, wusste er, dass das Verlangen in seiner Brust ihn stets daran erinnern würde, dass sein Herz nur ihr gehörte.
„Ich bin so weit“, sagte Isabel.
Er war es auch. Nur die Bibel noch. „Ich ...“
Ein lauter Schlag ließ die Tür erzittern.
Isabel schrie vor Schreck auf.
Frasyer! Duncan zog sein Schwert und griff Isabel am Handgelenk, um sie hinter sich zu ziehen. „Bleib in meinem Schutz.“
19. Kapitel
Duncans Herz raste, als der nächste schwere Schlag die Tür der Hütte traf und gleich darauf ein weiterer. Das Holz splitterte. Durch die Ritzen wirbelte Schnee herein.
Das Blut wich aus Isabels Gesicht.
Mit dem Schwert in der Hand stellte Duncan sich zwischen Tür und Isabel. „Was auch immer geschieht“, befahl er ihr, „du bleibst hinter mir.“
Beim nächsten Stoß gab die Tür nach und flog auf. Einige Ritter stürmten mit dem Schwert voraus in die Hütte.
Hinter ihnen hob sich die Gestalt von Frasyer vor dem frühen Morgenlicht ab. Der Blick aus seinen grauen Augen fiel auf Isabel und zeigte seine boshafte Befriedigung. Frasyers sonst sorgfältig zusammengebundene braune Haare hatte der Wind gelockert, Eisbrocken klebten in ihnen.
Isabel schnappte nach Luft.
„Hattest du geglaubt, mir entkommen zu können?“, meinte er schäumend. Dann richtete er einen bohrenden Blick auf Duncan. „Und Ihr, Ihr wagt es, meine Burg zu betreten und meine Geliebte zu entführen ? “
Duncans Augen glühten, als er abschätzig brummte: „So also nennt Ihr es, wenn man eine Gefangene befreit?“
Frasyer starrte ihn an. „Seltsame Worte von einem Mann, dessen Verlobte ihn so kurz vor der Vermählung verlässt.“ „Eine Entscheidung, die sie nicht aus freiem Willen traf“, erwiderte Duncan.
Frasyers Augen leuchteten auf. Er verstand. „Sie hat Euch von unserer Abmachung erzählt!“
Duncan achtete nicht darauf, wie Isabel aufstöhnte. „Abma-
chung? Als wenn es nicht von Anfang an Eure Absicht war, mich zu töten. Und nun glaubt Ihr, einen Grund dafür zu haben.“ „Zumindest reicht es als Rechtfertigung dafür, mir meinen Wunsch zu erfüllen“, antwortete ihm Frasyer.
Duncan machte sich große Sorgen um Isabel. Dazu kam noch die Wut auf den Mann, der ihm die Frau genommen hatte, die er liebte - und der erneut damit drohte. „Ich hätte es mir denken können, dass Ihr dahintersteckt, Ihr mit Eurer Verschlagenheit, als Isabel mich verließ.“
Frasyer hob warnend sein Schwert und kündigte an: „Ihr könnt Euch gar nicht vorstellen, welche Freude es mir sein wird, wenn Euer Blut meine Klinge färbt.“
„Nein!“, rief Isabel.
Frasyer wandte ihr seine Aufmerksamkeit zu. Seine grauen Augen verengten sich zu brutalen Schlitzen. „Du wirst deinen Verrat bedauern.“
„Ihr müsst Isabel zu Lord Monceaux reisen lassen“, erklärte Duncan. Er musste dafür sorgen, dass der Lord von
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