Der Schrei der Engel: Thriller (German Edition)
sich persönlich mit Lou getroffen hatte, war ein Mann namens Joe Manri. Aber Marty war tatsächlich das Sprachrohr. Er war derjenige, der am meisten Aufsehen erregte, also brachte Burke zunächst Marty Krugman um. Sobald er ihn ermordet hatte, war eine Art Präzedenzfall für jeden geschaffen, der ein falsches Wort sagte. Jimmy Burke unterhielt Beziehungen ins OCCB , unter anderem zu meinem Vater, und ließ verbreiten, dass er Bescheid wissen müsse, sobald irgendwer auftauchte und etwas über den Lufthansa-Raub ausplauderte. Alles in allem resultierten aus dem Lufthansa-Coup zehn Morde, und obwohl allgemein davon ausgegangen wird, dass Jimmy und seine Männer diese Menschen töteten, kann ich Ihnen versichern, dass das nicht der Fall war.«
»Ihr Vater?«
»Mein Vater wusste über alles Bescheid. Er billigte dieses Vorgehen, und selbst wenn er eigenhändig niemanden hätte umbringen müssen, so hätte er doch jemanden organisiert, der diese Morde für Burke erledigte.«
»Hat Jimmy Burke ihn bezahlt?«
»Ja, er hat ihn bezahlt.«
»Mit welcher Summe?«
»Ich habe keine Ahnung. Hundert Riesen, vielleicht zweihundertfünfzig? Burke hatte fünf Millionen Dollar erbeutet. Es gab soundso viele Komplizen, deren Zahl in atemberaubendem Tempo abnahm. Ich bin ziemlich sicher, dass Jimmy Burke am Ende den größten Teil des Geldes für sich behielt.«
»Und die Ermittlungen?«
»Nun, die Feds schickten in den ersten achtundvierzig Stunden hundert Agenten ins Rennen. Außerdem waren da die Polizisten des NYPD und der Hafenbehörde; es gab die Versicherungsdetektive, Leute von Brinks, die internen Sicherheitsleute der Lufthansa. Alle waren vor Ort im Einsatz. Irgendwie gelangte das FBI an Burkes Namen – sie besaßen keine ausreichenden Beweise für eine Verhaftung, aber genug, um ihn und ein paar andere, die an dem Raub beteiligt waren, zu beschatten. Aber Burke und seinen Leuten gelang es, sich der Hubschrauberüberwachung zu entziehen, indem sie in die Flugverbotszonen rund um den JFK fuhren. Zwar hatten die Feds ihre Autos verwanzt, doch sie unterhielten sich flüsternd auf dem Rücksitz, während vorn in voller Lautstärke das Radio lief.«
»Ist irgendjemand verhaftet worden?«
»Nun ja, vom ersten Moment an war klar, dass ein Insider beteiligt gewesen sein musste. Burkes Mannschaft hatte genau das richtige Lagerhaus aus zweiundzwanzig infrage kommenden herausgepickt, und das auf einem Gelände von hundertvierzig Hektar. Der leitende Frachtspediteur und der Chef der Nachtschicht erzählten den Ermittlern, dass die bewaffneten Räuber ihre Namen gekannt hatten und auch den Grundriss des Gebäudes; dass sie über die doppelten Tresortüren und sämtliche Abläufe Bescheid gewusst hatten. Binnen wenigen Stunden nach dem Raub hatten die Sicherheitsleute der Lufthansa Lou Werners Namen ins Spiel gebracht, weil er schon bei einem früheren Devisenraub unter Verdacht gestanden hatte. Damals waren keine ausreichenden Beweise gefunden worden, aber diesmal hatte Werner tatsächlich das Panzerfahrzeug von Brinks daran gehindert, die fünf Millionen Dollar bereits am Freitagabend abzuholen. Er hatte erklärt, er bräuchte noch die Unterschrift eines leitenden Angestellten der Frachtabteilung, ehe er ihnen das Geld aushändigen könnte. Das widersprach dem üblichen Prozedere, trotzdem verbot er ihnen, die Lieferung zu übernehmen, und ließ sie anderthalb Stunden warten. Schließlich erhielten sie Anweisung, ihre Runde ohne das Lufthansa-Geld fortzusetzen. Deshalb war den Feds klar, dass Lou nicht nur dafür gesorgt hatte, dass das Geld noch am Flughafen war. Er war außerdem so ziemlich der einzige Mensch, der wusste, dass es sich nach wie vor im Tresor befand.«
»Hat man ihn verhaftet?«
»Man überwachte ihn, man hörte ihn ab, man befragte Leute aus seinem Umfeld. Die Beamten sprachen mit seiner Frau, Beverley, die ihn eine Weile zuvor verlassen hatte. Beverley sagte aus, dass Lou sie vor Kurzem angerufen und ihr erklärt hätte, dass er eine große Menge Geld erwarte und dass sie es ernsthaft bereuen würde, ihn verlassen zu haben. Außerdem hatte Lou seinem besten Freund schon einen Monat vor dem eigentlichen Verbrechen von dem Raub erzählt und sich bereit erklärt, ihm dreißigtausend Dollar für sein Taxiunternehmen zu überlassen. Dann fand er heraus, dass dieser beste Freund eine Affäre mit seiner Exfrau hatte, rief den Mann an und erklärte ihm, er könne sich wegen der dreißigtausend selbst ficken.
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