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Midnight Breed 04 - Gebieterin der Dunkelheit-neu-ok-14.11.11

Midnight Breed 04 - Gebieterin der Dunkelheit-neu-ok-14.11.11

Titel: Midnight Breed 04 - Gebieterin der Dunkelheit-neu-ok-14.11.11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Adrian
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    Die Frau
wirkte in ihrer makellosen weißen Bluse und der maßgeschneiderten cremefarbenen
Hose völlig fehl am Platz. Langes mokkabraunes Haar fiel ihr in dicken Wellen über
die Schultern. Trotz der feuchten Dunstglocke, die über dem Wald hing, hatte
sich keine einzige Strähne gelöst. Sie trug elegante Schuhe mit hohen Absätzen,
was sie aber offenbar nicht davon abgehalten hatte, einen Waldpfad
hinaufzuklettern, der die anderen Wanderer um sie herum in der schwülen
Julihitze arg ins Schnaufen brachte.
    Am Gipfel
des Steilhangs wartete sie im Schatten einer massigen, moosbewachsenen
Felsformation und wirkte völlig ungerührt, als ein halbes Dutzend Touristen an
ihr vorbeiging. Einige fotografierten den Ausblick, der sich ihnen bot. Niemand
bemerkte die Frau. Aber schließlich können die wenigsten Menschen Tote sehen.
    Auch Dylan
Alexander wollte sie nicht sehen.
    Sie hatte
keine Tote mehr gesehen, seit sie zwölf war. Dass sie jetzt hier eine sah,
zwanzig Jahre später und mitten in Tschechien, war reichlich beunruhigend. Sie
versuchte die Erscheinung zu ignorieren, aber als Dylan und ihre drei
Reisegefährten weiter den Pfad hinaufgingen, fanden die dunklen Augen der Frau
sie und ließen sie nicht mehr los.
    Du siehst
mich.
    Dylan tat
so, als hörte sie das Flüstern nicht, das über die reglosen Lippen des Geistes
kam und das sich wie ein undeutliches Rauschen aus dem Radio anhörte. Sie
wollte diese Begegnung nicht. Sie hatte nun schon so lange ohne diese
unheimlichen Erscheinungen gelebt, dass sie schon fast vergessen hatte, wie es
sich anfühlte.
    Dylan hatte
ihre seltsame Fähigkeit, die Toten zu sehen, nie verstanden. Sie hatte sich nie
auf sie verlassen und ihr nie vertrauen können. Sie konnte mitten auf einem
Friedhof stehen und gar nichts sehen, nur um sich dann plötzlich in Tuchfühlung
mit einem Verstorbenen zu finden, so wie jetzt gerade, hier in den Bergen, etwa
eine Autostunde von Prag entfernt.
    Die Geister
waren immer Frauen. Meistens jung und strahlend, so wie die, die sie gerade
anstarrte, mit unverkennbarer Verzweiflung in ihren exotisch dunklen,
tiefbraunen Augen.
    Du musst
mich hören können.
    Sie sprach
mit volltönendem spanischem Akzent, ihre Stimme hatte einen flehenden Tonfall.
    „Hey, Dylan.
Komm her und stell dich da neben den Felsen, ich mache ein Foto von dir.“
    Der Klang
einer realen Stimme aus der diesseitigen Welt löste Dylans Aufmerksamkeit
schlagartig von der wunderschönen Toten, die ganz in der Nähe unter dem
verwitterten Sandsteinbogen stand. Janet, eine Freundin von Dylans Mutter
Sharon, kramte in ihrem Rucksack und förderte eine Digitalkamera zutage. Die
Sommerreise nach Europa
    war
ursprünglich Sharons Idee; es wäre ihr letztes großes Abenteuer gewesen, aber
der Krebs war im März zurückgekommen, und nach der letzten Dosis Chemotherapie
vor einigen Wochen war sie zum Reisen zu schwach. In der letzten Zeit war
Sharon immer wieder mit Lungenentzündungen im Krankenhaus gewesen, und sie
hatte darauf bestanden, dass Dylan für sie mitfahren sollte.
    „Hab dich“,
sagte Janet und machte ein Foto von Dylan und den hoch aufragenden Felsklippen
im waldigen Tal unter ihnen. „Deiner Mutti würde es hier so gefallen, Liebes.
Ist es nicht atemberaubend?“
    Dylan
nickte. „Wir mailen ihr die Fotos gleich heute Abend, wenn wir wieder im Hotel
sind.“
    Sie führte
ihr Grüppchen fort von den Felsen, begierig, die flüsternde jenseitige Präsenz
hinter sich zu lassen. Sie gingen einen abschüssigen Bergrücken hinunter in ein
kleines Kiefernwäldchen, die schlanken Bäume standen dort dicht beieinander.
Goldbraunes Laub und die Tannennadeln vergangener Jahre knisterten unter ihren
Schritten auf dem feuchten Pfad. Am Morgen hatte es geregnet, und danach war es
drückend heiß geworden, was viele der Touristen, die diese Gegend besuchten,
heute fernhielt.
    Der Wald war
ruhig, friedlich ... doch immer noch hatte Dylan das Gefühl, auf Schritt und
Tritt von Geisteraugen verfolgt zu werden, während sie tiefer in das Gehölz
hineinging.
    „Ich bin ja
so froh, dass dein Chef dir freigegeben hat und du uns begleiten konntest“,
meinte eine der Frauen, die ihr auf dem Waldweg folgten. „Ich weiß, wie viel
Arbeit du bei der Zeitung hast, wenn du dir all diese Geschichten ausdenken
musst ...“
    „Die denkt
sie sich nicht aus, Marie“, sagte Janet mit sanftem Tadel.
    „Es muss
doch etwas Wahres dran sein an Dylans Artikeln, sonst könnten sie sie doch
nicht

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