Der Schrei der Engel: Thriller (German Edition)
möglichen Wechsel zurück in die Zuständigkeit von Williamsburg, South Nine, drehte. Die Büros von South Two lagen an der Adams Street in der Nähe der U-Bahn-Station High Street. Parrish blieb, wo er war, während Radick zu Fuß zum Revier zurückkehrte, um den Wagen zu holen.
»Sie könnten mit mir zu Fuß gehen«, hatte er Parrish vorgeschlagen. »Es als Training ansehen, verstehen Sie?«
»Die häufigste Ursache für einen frühzeitigen Tod ist Sport«, hatte Parrish darauf erwidert. »Wenn Sie wüssten, wie viele Menschen beim Joggen und Gewichtheben Krämpfe und Schlaganfälle bekommen, würden Sie nie wieder ein Fitnessstudio betreten.«
Parrish machte ein wenig Small Talk mit dem Sicherheitsmann im Foyer, bis sein Partner am Bordstein hielt. Dann stieg er ein, und Radick fuhr bis zum Ende der Fulton Street, wo er in die Adams Street einbog. Links lag die Borough Hall, rechts das Polytechnic Institute, ein Stück weiter passierten sie das Gebäude des Supreme Court gegenüber vom New York City Tech. Parrish musste an Caitlin denken, an eine Arbeit, die sie vor einer Weile an einem dieser Colleges geschrieben hatte.
»Für Kelly war also das Büro South Two zuständig, während Rebecca mit South Nine drüben in Williamsburg zu tun hatte«, sagte er, um den Stand der Dinge noch einmal zusammenzufassen. »Außerdem wissen wir, dass für alle vier früheren Opfer der ursprüngliche Südbezirk der Jugendbehörde zuständig war, ehe er dann aufgeteilt wurde. Was vielleicht bedeuten könnte, dass unser Mann ursprünglich im Südbezirk gearbeitet hat und jetzt entweder in South Two oder South Nine …«
Kurz bevor die Adams Street in die Brooklyn Bridge überging, bog Radick links ab und fuhr die Cadman Plaza ein Stück in die Gegenrichtung. Dann stellte er den Wagen ab, legte ein Polizeischild unter die Windschutzscheibe, und machte sich zusammen mit Parrish auf dem Weg zum South-Two-Gebäude.
Um Viertel vor zwölf genossen sie die ungeteilte Aufmerksamkeit des stellvertretenden Dienststellenleiters. Der eigentliche Leiter besuchte eine 9/11-Gedenkveranstaltung für die Angestellten der städtischen Jugendbehörde, die beim Einsturz des Nordturms ums Leben gekommen waren. Sein Stellvertreter Marcus Lavelle allerdings wirkte entschlossen, alle ihre Fragen so gut wie möglich zu beantworten.
Nach zehn Minuten mit Lavelle hatten sie die Bestätigung erhalten, dass Karen Pulaski, Nicole Benedict, Melissa Schaeffer und Rebecca Lange tatsächlich unter der Ägide des Südbezirks der Jugendbehörde gestanden hatten.
»Natürlich sind nicht alle hier bei uns im zweiten Bezirk gelandet«, erklärte Lavelle. »Wie Ihnen mein Kollege erklärt hat, geht inzwischen alles nach Postleitzahlen.«
»Wir haben im District Five eine Aktennotiz entdeckt, die Rebecca betrifft. Ich habe nicht ganz verstanden, was sie bedeuten soll.«
»Lassen Sie mich mal sehen«, sagte Lavelle. »Als stellvertretender Dienststellenleiter habe ich Zugang zum gesamten System, unabhängig von den Bezirken.« Er tippte etwas ein, wartete, scrollte, wartete wieder und nickte schließlich. »Das ist die Erklärung. Rebecca hätte dem Bezirk Williamsburg zugeteilt werden sollen, also South Nine; ihr Bruder allerdings war als Vormund registriert, und sein Wohnsitz liegt in South Two. Die Notiz stammt von jemandem, der der Ansicht war, South Nine solle sich um sie kümmern. Entschieden wurde schließlich, dass sie wegen des Bruders bei South Two verblieb. Wir haben ihn im Auge behalten, weil er als Risiko eingeschätzt wurde. Diesen Unterlagen hier zufolge hatte er ein Drogenproblem.«
»Wie viele Beschäftigte arbeiten hier?«, fragte Parrish.
»Hundertneunzehn«, erwiderte Lavelle.
»Und wie viele davon sind Männer?«
»Dienststellenleiter Foley und mich eingerechnet insgesamt achtundvierzig.«
»Arbeiten Sie auch mit Aushilfspersonal?«
»Um Himmels willen«, sagte Lavelle. »Jeder, der hier arbeitet, muss eine Sicherheitsprüfung über sich ergehen lassen. Wir verwalten die Akten von Tausenden und Abertausenden Minderjährigen. Wenn man erst mal hier angestellt ist, kann man äußerst schwer entlassen werden. Aber überhaupt angenommen zu werden, das ist noch weit schwieriger.«
Parrish schwieg eine Weile. Er atmete tief durch und rang mit sich, wie viel er Marcus Lavelle wirklich anvertrauen wollte.
»Ich werde Ihnen nun ein paar Dinge erzählen«, begann er schließlich. »Sie müssen allerdings wissen, dass ich das nur tue, weil es
Weitere Kostenlose Bücher