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Der Schrei des Eisvogels

Der Schrei des Eisvogels

Titel: Der Schrei des Eisvogels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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Rolle?«
    »Nicht die geringste.«
    »Worauf warten wir dann?«, sagte Caddy Scudamore.

Elf
    »Das Leiden ist, wie ich höre, heutzutage nicht mehr unheilbar, vorausgesetzt, der Patient ist noch jung genug und nicht zu starrköpfig.«
    A ls Dalziel und seine zwei Untergebenen wieder die High Street hinaufschritten, sahen sie, wie die Tür der Eendale-Galerie aufflog und Jason Toke herausgestolpert kam.
    Wield rief: »Jason!«, doch der Junge rannte vorbei, ohne dass sein bleiches, wirres Gesicht zu erkennen gab, ob er die Polizisten gesehen oder gehört hatte.
    Wield blieb stehen und fragte: »Soll ich ihm nach?«
    »Wozu in aller Welt?«, grummelte Dalziel. »Hast du nicht gerade gesagt, dieses Plappermaul Digweed besteht auf keiner Anklage?«
    »Bleibt immer noch der Eisvogel«, gab Pascoe zu bedenken.
    »Au weia, verfluchtes Jahrhundertverbrechen. Ach übrigens, dieser Toke ist doch ein Waffenfreak, nicht? Also, die Forensiker sagen, ich soll demjenigen von euch Mistkerlen, der ihnen den Vogel gebracht hat, ausrichten, dass er nicht mit ’ner Kugel erschossen wurde, sondern mit so was wie ’nem Pfeil. Toke ist also nicht euer Mann, es ist der verdammte ›alte Seefahrer‹! Konzentrieren wir uns also bitte schön einfach auf unseren ausgebüchsten Dorftrottel, einverstanden?«
    Sie hatten Dalziels Wagen erreicht, der immer noch am Café parkte. Pascoe betrachtete die Galerie gegenüber, bemerkte das auberginefarbene Cabrio davor und murmelte: »Frag mich, wovor er weggelaufen ist. Sollten vielleicht mal nachsehen.«
    Ohne die Zustimmung des Dicken abzuwarten, ging er über die Straße und durch die immer noch geöffnete Tür der Galerie. Die Tür hinter der Theke stand ebenfalls offen, und er konnte Geräusche auf der Treppe hören. Er horchte sekundenlang und zog sich, nicht ohne die Tür sehr leise hinter sich zu schließen, zurück.
    »Alles okay?«, fragte Dalziel sarkastisch. »Kein Blut an den Wänden?«
    »Nein, Chef, alles tipptopp, wie’s aussieht«, sagte Pascoe.
    »Großartig. Steig ein. Du auch, Sergeant. Verzeih, wenn ich deine Trance störe.«
    »Ich musste nur an diesen Pfeil denken, Chef … Ja, Chef, ich komme.«
    Wenn Dalziel ein gewisses minotaurisches Grollen von sich gab, dann wussten seine Lieben, dass Diskussionen fruchtlos waren und jede Verzögerung verheerende Folgen haben konnte. Als Wield es sich auf dem Rücksitz bequem machte, sah er kurz nach oben und entdeckte Digweeds schmale Gestalt im Fenster des Obergeschosses über dem Buchladen. Ihre Blicke trafen sich und verweilten einen Moment, dann setzte sich der Wagen in Bewegung, und Wield beeilte sich, die Tür zuzumachen.
    Digweed hatte sie mit beträchtlichem Unbehagen die Straße heraufkommen sehen. Warum genau Wield sein Vergehen vertuschte, war keinesfalls klar, doch er konnte sich nicht vorstellen, dass er es sich noch einmal anders überlegen würde. Andererseits sah diese Schmalztonne, unter der er arbeitete, so aus, als hätte er einen Riecher für Ermittlungsfehler wie ein Schwein für Trüffel. Daher war er einigermaßen erleichtert, als er den Wagen wegfahren sah.
    Nachdem die Angst, jeden Moment verhaftet zu werden, sich gelegt hatte, war er in der Lage, noch einmal Revue passieren zu lassen, was sich an diesem Morgen alles ereignet hatte. Revue passieren lassen war der falsche Ausdruck. Was sich in seinem Kopf abspielte, war keine wohlgeordnete Aneinanderreihung von Ereignissen, sondern eine Turbulenz an Verwirrung, Hoffnung, Beklommenheit, gespannter Erwartung und blanker Angst.
    Er hörte im Computerzimmer das Telefon klingeln und dann den Ton, der anzeigte, dass sich das Faxgerät eingeschaltet hatte.
    Die Geräusche holten ihn von hoher See auf den Boden der realen Welt zurück, auch wenn er nicht sagen konnte, inwiefern Worte, die viele Meilen entfernt in eine Maschine gespeist und irgendwie in seinem Büro wieder ausgespuckt wurden, realer sein sollten als seine tiefsten Hoffnungen und Ängste.
    Auch Wield dachte über die Konsequenzen seiner Vertuschung nach, als Dalziel in die Gasse einbog, die an der Corpse Cottage vorbei zum Pfarrhaus führte.
    Er versuchte, sein schlechtes Gewissen und seinen nervösen Magen mit der oft wiederholten Behauptung des Dicken zu beruhigen, dass es, so wie die Generalstaatsanwaltschaft vollkommen wasserdichte Fälle abwies, die überarbeitete Ermittler viele schlaflose Stunden gekostet hatten, moralisch, gesellschaftspolitisch und juristisch mehr Sinn machte, die Gerechtigkeit

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