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Der Schrei des Eisvogels

Der Schrei des Eisvogels

Titel: Der Schrei des Eisvogels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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fehlt.«
    Und jetzt erschien auch Dalziel gemessenen Schrittes wie der Hohepriester vor dem Opferaltar.
    »Harold Bendish?«, fragte er. »Es gibt ’ne Menge Leute, die heilfroh sein werden, wenn sie hören, dass Sie noch unter den Lebenden weilen. Aber es sollte mich schwer wundern, wenn das noch immer der Fall ist, nachdem ich mit Ihnen fertig bin.«

Zwölf
    »Wie belanglos ist das doch in seiner Tragweite angesichts der wirklich wichtigen Angelegenheiten unserer Existenz, selbst in dieser Welt!«
    E s hatte, musste Pascoe später, als er sein mentales Video von der Szene noch einmal abspielte, weniger von einem Tatverdächtigen im Verhör als vielmehr von einem König, sagen wir, Alexander, der sich geduldig die Beschwerden seiner unzufriedenen Satrapen anhört.
    Wield, der annahm, dass sie sich woanders unterhalten würden, sagte: »Aufstehen, mein Junge.« Bendish erhob sich bereitwillig, zuckte jedoch zusammen, als er sein linkes Bein belastete, und stützte sich auf den verzierten Stock.
    »Was ist los, Muskelkater?«
    »Es ist ein bisschen steif«, räumte der junge Mann ein.
    »Lassen Sie mal sehen«, sagte Wield.
    Gehorsam zog Bendish das linke Hosenbein hoch, unter dem eine säuberlich genähte, tiefe Bisswunde an der Wade zum Vorschein kam.
    »Die Naht kenne ich«, sagte Wield und fasste sich an sein Ohr.
    »Und ich diese Zähne«, sagte Pascoe schaudernd. »Fop?«
    »Ja.«
    Die zwei jüngeren Polizisten sahen fragend zu Dalziel hinüber. »Meinetwegen können Sie sich setzen, mein Sohn. Wir können die Formalitäten genausogut hier hinter uns bringen.«
    Das war nicht als Entgegenkommen zu verstehen. Die Polizeigesetze sahen vor, dass ein Tatverdächtiger so schnell wie irgend möglich unter angemessen kontrollierten Umständen, bei laufendem Tonbandgerät verhört werden sollte. Doch Dalziel richtete es, wo immer er konnte, so ein, dass er sein Drehbuch lange im voraus redigieren konnte.
    Und so setzte sich der junge Mann wieder hin, und da auf der Bank – außer zu amourösen Zwecken – nur für einen Platz war, blieben die anderen stehen.
    »Dann haben Sie meine Briefe nicht bekommen?«, fragte Bendish. »Nach dem, was Larry mir sagte, habe ich mir schon gedacht, dass sie nicht angekommen sind.«
    Dalziel, den es offensichtlich irritierte, dass ihm die Initiative aus der Hand genommen worden war, sagte: »Inzwischen haben wir sie gelesen, mein Sohn. Der einzige Unterschied ist, ob Sie ein korrupter Cop sind oder ob Sie, als Sie Ihre Verbrechen begingen, sich nur als Polizist verkleidet haben. So oder so kriegen Sie dafür fünf Jahre Knast extra.«
    Pascoe verdrehte angesichts dieser Übertreibung die Augen, doch Bendish schien unbeeindruckt. »Es tut mir leid«, sagte er, »dass durch die Verspätung meiner Briefe eine Menge Leute eine Menge Ärger hatten. Aber abgesehen davon, dass Sie nach mir gesucht haben, um festzustellen, ob es mir gut geht, was wollen Sie noch von mir, Sir?«
    » OK , Söhnchen, wenn Sie mir dumm kommen wollen, auch gut. Wenden wir uns den Anklagen zu. Harold Bendish, haben Sie sich vorgestern nacht unter dem Vorwand einer Falschmeldung bezüglich eines möglichen Eindringlings in Scarletts Zugang verschafft?«
    »Es war genaugenommen keine Falschmeldung«, sagte Bendish. »Es hat wirklich einen Eindringling gegeben.«
    »Wie bitte?«
    »Ja«, sagte der junge Mann mit einem breiten Grinsen, »Mich.«
    Wield und Pascoe sahen den Dicken gespannt an und warteten auf das Donnerwetter, doch der strich sich nur mit der linken Pranke übers Gesicht und führte weiter aus: »Haben Sie, während Sie im Haus waren, Mrs. Bayle überredet, die Alarmanlage auszuschalten, und hat dann Ihr Komplize Mrs. Bayle mit einem Anruf vom Handy abgelenkt?«
    Bendish dachte einen Moment nach und nickte. »Ja.«
    »Und Sie haben, während Mrs. Bayle nicht im Zimmer war, ein Gemälde von der Wand entfernt, es durchs Fenster Ihrem Komplizen gereicht, eine Kopie, die Sie vorher hatten anfertigen lassen, hereingeholt und an die Stelle des Originals gehängt. Richtig?«
    »Ja.«
    »Und dieser Komplize war Miss Frances Harding von Old Hall?«
    Bendish zögerte, und dieses Zögern bestätigte, was Pascoe längst wusste, nämlich, dass der junge Mann äußerst verliebt war. Die einzig sinnvolle Verteidigungsstrategie gegen diese Anklagepunkte war der Umstand, dass das Gemälde ohnehin Fran gehörte, und das konnte er schwerlich sagen, ohne das Mädchen zu erwähnen. Doch als es soweit war, kam es ihn

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