Der Schutzengel
Denk daran, daß du versprochen hast, jetzt nicht allzu viele Fragen zu stellen.«
»Okay.« Chris starrte den Beschützer erneut an, bevor er sich abwandte und sich auf seine Mutter konzentrierte. »Was passiert, wenn er auf diesen Knopf drückt?«
»Er verschwindet einfach.«
»Wow! Und wenn er aus der Zukunft kommt, taucht er einfach aus dem Nichts auf?«
»Das weiß ich nicht. Ich habe ihn noch nie ankommen gesehen. Aus irgendwelchen Gründen scheint seine Ankunft von Blitzen und Donner begleitet zu sein …«
»Das Gewitter von heute nacht!«
»Ja. Aber es blitzt nicht immer. Gut, nehmen wir mal an, er wäre in unsere Zeit zurückgekommen, um uns zu helfen und uns vor bestimmten Gefahren zu beschützen …«
»Zum Beispiel vor dem schleudernden Lastwagen.«
»Solange er’s uns nicht erzählt, wissen wir nicht, weshalb er uns beschützen will. Weiterhin können wir annehmen, daß es in der Zukunft Menschen gibt, die uns nicht beschützt sehen wollen. Auch ihre Motive sind uns unbekannt. Aber einer von ihnen ist Kokoschka gewesen – der Mann, der Daddy erschossen hat …«
»Und die Kerle, die heute bei uns aufgekreuzt sind«, warf Chris ein, »sind auch aus der Zukunft!«
»Ja, das glaube ich auch. Sie wollten meinen Beschützer, dich und mich umbringen. Statt dessen haben wir zwei von ihnen erschossen und zwei oder drei weitere im Mercedes hinter uns zurückgelassen. Aber … was haben sie als nächstes vor, Kleiner? Du bist mein Fachmann fürs Unheimliche. Hast du irgendeine Idee?«
»Laß mich nachdenken.«
Mondlicht schimmerte matt auf der Motorhaube des Jeeps.
Im Wagen wurde es allmählich kalt; ihr Atem wurde sichtbar, die Fenster beschlagen. Laura ließ den Motor an und schaltete die Heizung, aber nicht das Licht ein.
»Da ihr Unternehmen fehlgeschlagen ist, werden sie nicht lange hier rumhängen«, stellte Chris fest. »Wahrscheinlich gehen sie in die Zukunft zurück, aus der sie gekommen sind.«
»Du meinst die Männer in unserem Auto?«
»Ja. Vermutlich haben sie bereits auf die Knöpfe an den Gürteln der von dir Erschossenen gedrückt und die Leichen in die Zukunft geschickt. Das heißt, daß es bei uns zu Hause keine Toten, keinen Beweis für die Anwesenheit von Zeitreisenden gibt. Außer vielleicht einige Blutflecken. Und als die zwei oder drei anderen mit dem Mercedes steckengeblieben sind, haben sie vermutlich aufgegeben und sind heimgekehrt.«
»Sie sind also gar nicht mehr hier? Sie würden nicht vielleicht nach Big Bear marschieren, dort ein Auto stehlen und uns zu finden versuchen?«
»Nö. Das wäre zu anstrengend. Ich meine, sie können uns einfacher finden als normale Killer, die tatsächlich rumfahren und uns suchen müßten.«
»Wie denn?« fragte Laura gespannt.
Der Junge kniff die Augen zusammen, während er durch die Windschutzscheibe in die mondhelle Landschaft hinausstarrte. »Die Sache ist folgendermaßen, Mom: Sobald wir sie abgehängt haben, drücken sie auf die Knöpfe an ihren Gürteln, kehren in die Zukunft zurück und machen dann eine weitere Reise in unsere Zeit, um uns eine weitere Falle zu stellen. Sie wissen, daß wir diese Straße benützen. Deshalb unternehmen sie vermutlich eine weitere Reise und stellen uns am anderen Ende dieser Straße eine Falle. Ja, so muß es sein! Darauf gehe ich jede Wette ein!«
»Aber könnten sie nicht zu einem viel früheren Zeitpunkt zurückkommen und uns schon vor der Ankunft meines Beschützers zu Hause überfallen?«
»Paradox«, sagte Chris nur. »Weißt du, was das bedeutet?«
Dieses Wort erschien Laura für einen Jungen in seinem Alter zu schwierig, aber sie antwortete: »Ja, ich weiß, was ein Paradox ist. Alles, was widersprüchlich, aber vielleicht doch wahr ist.«
»Siehst du Mom, das interessante an Zeitreisen ist, daß sie voller möglicher Paradoxe stecken. Voller Dinge, die nicht wahr sein können, nicht wahr sein dürfen – und vielleicht trotzdem wahr sind.« Chris sprach ebenso erregt, wie wenn er ihr Szenen aus seinen Lieblingsfilmen schilderte. »Nehmen wir mal an, du würdest in die Vergangenheit zurückreisen und dort deinen Großvater heiraten. Siehst du, dann wärst du deine eigene Großmutter. Wären Zeitreisen möglich, könntest du das vielleicht tun – aber wie wärst du jemals geboren worden, wenn deine wirkliche Großmutter niemals deinen Großvater geheiratet hätte? Ein Paradox! Oder was wäre, wenn du bei einer Reise in die Vergangenheit deiner Mutter als Kind begegnen und sie
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