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Der Schutzengel

Der Schutzengel

Titel: Der Schutzengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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dafür müssen wir Gott danken, denn … Nehmen wir beispielsweise einmal an, Hitler hätte einen Attentäter in die Vergangenheit zurückschicken können, um Winston Churchill und Franklin Roosevelt ermorden zu lassen, bevor sie in hohe Staatsämter gelangten. In England und den Vereinigten Staaten wären dann andere Männer gewählt worden: Männer, die vielleicht weniger brillant und leichter zu manipulieren gewesen wären, so daß Hitler vielleicht schon Anfang der vierziger Jahre triumphiert hätte.«
    Er sprach jetzt mit einer Leidenschaftlichkeit, die seinen geschwächten Körper übermäßig anstrengte, und Laura konnte beobachten, wie jedes einzelne Wort seinen Tribut forderte. Die Schweißperlen, die anfangs auf seiner Stirn gestanden hatten, waren in der Zwischenzeit fast abgetrocknet – aber jetzt zeigte sich auf Stefans blassem Gesicht erneut ein Schweiß-film. Und die Ringe unter seinen Augen schienen noch dunkler geworden zu sein. Aber Laura konnte ihn nicht auffordern, eine Pause zu machen und sich auszuruhen. Sie wollte und mußte alles hören, was er zu erzählen hatte – und außerdem würde er sich nicht den Mund verbieten lassen.
    »Stell dir vor, der Führer könnte Killer in die Vergangenheit zurückschicken, um Dwight Eisenhower, George Patton und Feldmarschall Montgomery umbringen zu lassen, sie in der Wiege ermorden zu lassen … um die begabtesten Heerführer der Alliierten ausschalten zu lassen. Dann wäre er 1944 bereits auf dem Weg zur Weltherrschaft gewesen. Das würde auch bedeuten, daß diese Zeitreisenden in die Vergangenheit hätten zurückkehren können, um Männer zu liquidieren, die schon lange tot waren und keine Gefahr mehr darstellten . Wieder ein Paradox, seht ihr. Zum Glück läßt die Natur keine Paradoxe dieser Art, keine Manipulation der eigenen Vergangenheit zu, sonst hätte Adolf Hitler die ganze Welt in ein Vernichtungslager, in ein einziges großes KZ verwandelt.«
    Sie schwiegen eine Zeitlang, während sie über die Schrecken einer solchen Hölle auf Erden nachdachten. Selbst Chris reagierte auf das von Stefan entworfene Bild einer veränderten Welt, denn er war ein Kind der achtziger Jahre, in denen die Schurken in Filmen und Fernsehstücken meistens gefräßige Außerirdische oder Nazis waren. Hakenkreuzfahnen, schwarze SS-Uniformen mit silbernen Totenköpfen und der dämonische Fanatiker mit dem Schnurrbärtchen waren für Chris Symbole des Schreckens, da sie Bestandteil der medienerzeugten Mythologie waren, mit der er aufwuchs. Laura wußte, daß in die Mythologie eingegangene reale Personen und Ereignisse für ein Kind irgendwie realer waren als sein täglich Brot.
    »Aus dem Institut konnten wir also nur in die Zukunft reisen«, berichtete Stefan. »Aber auch das hatte seine Vorteile. Wir konnten einige Jahrzehnte weiter springen, um festzustellen, ob Deutschland sich in der dunkelsten Zeit des Krieges gehalten und irgendwie dann doch den Endsieg errungen hatte. Dabei zeigte sich natürlich, daß dieser Fall nicht eingetreten war – daß das Dritte Reich besiegt worden war. Aber ließ sich diese Niederlage nicht doch vermeiden, indem man das gesamte Wissen der Zukunft nutzte? Für Hitler mußte es Möglichkeiten geben, das Dritte Reich noch 1944 zu retten. Es gab Dinge, die aus der Zukunft mitgebracht werden konnten, um einen deutschen Sieg sicherzustellen …«
    »Zum Beispiel Atombomben!« warf Chris ein.
    »Oder die Konstruktionspläne dafür«, stellte Stefan richtig. »Im Dritten Reich hat es bereits ein Atomforschungsprogramm gegeben, und wenn der entscheidende Schritt zur Bombe früher gelungen wäre …«
    »Dann hätten die Deutschen den Krieg gewonnen!« ergänzte Chris.
    Stefan bat erneut um Wasser und trank diesmal ein halbes Glas auf einmal. Er wollte das Glas dabei selbst halten, aber seine Hand zitterte zu stark: Wasser schwappte auf seine Bettdecke, und Laura mußte ihm helfen.
    Als er dann weitersprach, schwankte seine Stimme gelegentlich. »Da der Zeitreisende während seiner Reise außerhalb Zeit existiert, kann er sich nicht nur zeitlich, sondern auch geografisch bewegen, als würde er ortsfest über der Erde schweben, die sich unter ihm weiterdreht. Das tut er natürlich nicht, aber diese Vorstellung macht die Sache verständlicher, als wenn man sich vorstellt, er schwebe in einer anderen Dimension. Da die Erde sich gewissermaßen unter ihm dreht, entscheidet seine Reisedauer darüber, ob er sich beispielsweise in Berlin wiederfindet,

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