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Der Schutzengel

Der Schutzengel

Titel: Der Schutzengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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kommen«, sagte Chris. »Sie würden Waffen und Kleidungsstücke mitbringen, die hier nicht auffallen würden. Aber er hat gesagt, daß er …«
    »Ich weiß, was er gesagt hat. Das ist unsinnig, stimmt’s? Wenn es 1944 Zeitreisen gegeben hätte, würden wir unterdessen davon wissen, nicht wahr?«
    Kurz nach 13.30 Uhr wachte ihr Beschützer auf und schien im ersten Augenblick desorientiert zu sein. Er bat erneut um Wasser, und Laura half ihm trinken. Er sagte, er fühle sich etwas besser, aber sehr schwach und immer noch schlafbedürftig. Dann bat er um weitere Kissen. Chris holte die beiden zusätzlichen Kopfkissen aus dem Schrank und half seiner Mutter, den Verletzten in fast sitzende Haltung zu bringen.
    »Wie heißt du?« fragte Laura ihn.
    »Stefan. Stefan Krieger.«
    Sie wiederholte den Namen halblaut. Er war in Ordnung – nicht melodisch, aber ein solider, männlich klingender Name. Es war nur kein Name für einen Schutzengel, und Laura fand es belustigend, daß sie nach so vielen Jahren – darunter auch zwei Jahrzehnte, in denen sie behauptet hatte, nicht mehr an ihn zu glauben – noch immer erwartete, sein Name müsse schön und außerirdisch klingen.
    »Und du kommst wirklich aus dem Jahr …?«
    »Neunzehnhundertvierundvierzig«, wiederholte er nachdrücklich. Allein die Anstrengung, in sitzende Haltung zu gelangen, hatte ihm kleine Schweißperlen auf die Stirn getrieben – oder waren daran Erinnerungen an Zeitpunkt und Ausgangsort seiner Reise schuld? »Aus Berlin, der Hauptstadt des Dritten Reiches. Damals hat es einen brillanten polnischen Wissenschaftler namens Wladimir Penlowski gegeben: von manchen für verrückt gehalten – wahrscheinlich wirklich verrückt –, aber zugleich ein Genie. Bevor Deutschland und Rußland sich 1939 darauf einigten, Polen zu zerschlagen, hatte er in Warschau gelebt und über fünfundzwanzig Jahre lang an bestimmten Theorien über das Wesen der Zeit gearbeitet …«
    Nach Stefan Kriegers Darstellung war Penlowski ein verkappter Faschist gewesen, der den Einmarsch von Hitlers Wehrmacht begrüßte. Vielleicht wußte er, daß Hitler seine Forschungsarbeit großzügiger fördern würde, als es die rationaleren Finanziers taten, die er bis dahin anzuzapfen versucht hatte. Unter Hitlers persönlicher Ägide war Penlowski mit Wadislaw Janusky, seinem engsten Mitarbeiter, nach Berlin übersiedelt und hatte dort ein Institut für Zeitforschung gegründet, das so geheim war, daß es keinen Namen erhielt. Es hieß einfach »das Institut«. In Zusammenarbeit mit nicht weniger fanatischen und weitblickenden deutschen Wissenschaftlern und mit Unterstützung durch die scheinbar unbegrenzten finanziellen Mittel des Dritten Reiches hatte Penlowski eine Möglichkeit gefunden, in die Arterie der Zeit einzudringen und sich in dieser Blutbahn aus Tagen, Wochen, Monaten und Jahren zu bewegen.
    »Blitzstraße«, fügte Stefan erklärend hinzu. »Die Straße durch die Zeit. Die Straße in die Zukunft.«
    Eigentlich hätte sie »Zukunftsstraße« heißen müssen, erläuterte Stefan, denn Wladimir Penlowski war es nicht gelungen, mit seiner Zeitmaschine Menschen in die Vergangenheit zu schicken. Sie konnten lediglich in die Zukunft reisen und von dort in ihre eigene Zeit zurückkehren.
    »Es scheint irgendeinen kosmischen Mechanismus zu geben, der Zeitreisende daran hindert, an ihrer eigenen Vergangenheit herumzupfuschen, um ihre gegenwärtigen Lebensumstände zu verändern. Eine theoretisch mögliche Reise in die eigene Vergangenheit würde vor allem eines entstehen lassen …«
    »Paradoxe!« rief Chris aufgeregt.
    Stefan war sichtlich überrascht darüber, daß der Junge dieses Wort kannte.
    »Wie ich dir schon gesagt habe«, sagte Laura lächelnd, »haben wir ziemlich eingehend über deine mögliche Herkunft diskutiert und sind dabei auf Zeitreisen als die logischste Möglichkeit gekommen. Und in Chris hast du meinen Experten für Unheimliches vor dir.«
    »Paradoxe«, bestätigte Stefan. »Könnte ein Zeitreisender in seine eigene Vergangenheit zurückkehren und dort irgendwelche Veränderungen bewirken, wären die Konsequenzen unvorhersehbar. Dadurch würde die Zukunft verändert, aus der er kommt. Deshalb könnte er nicht mehr in dieselbe Welt zurückkehren, die er verlassen hat …«
    »Paradox!« warf Chris begeistert ein.
    »Richtig«, sagte Stefan. »Die Natur verabscheut offenbar Paradoxe und läßt im allgemeinen nicht zu, daß der Zeitreisende solche in die Welt setzt. Und

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