Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schutzengel

Der Schutzengel

Titel: Der Schutzengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
keine Munition kaufen konnte, aber während er seinen Mars-Riegel auffutterte, erklärte er ihr trotzdem: »Habe weder Munition noch Sprengstoff auf Lager. Wissen Sie, ich bin gegen jegliche Form von Autorität, aber ich bin nicht völlig verantwortungslos. Ich habe hier drüber ein ganzes Restaurant voll kreischender, rotznäsiger Bälger, die ich nicht in die Luft jagen darf, selbst wenn das der Welt etwas mehr Frieden bringen würde. Außerdem würde ich damit auch meine schönen Neons zerstören.«
    »Gut«, sagte Laura und legte Chris einen Arm um die Schulter, damit er an ihrer Seite blieb. »Und was ist mit dem Gas auf meiner Liste?«
    »Wissen Sie bestimmt, daß Sie nicht Tränengas meinen?«
    »Nein, nein, ich brauche Vexxon.«
    Den Namen dieses Kampfstoffs hatte sie von Stefan. Das Gas gehörte zu den chemischen Waffen auf der Wunschliste des Instituts, die dieses ins Jahr 1944 zurückzubringen und ins deutsche Arsenal einzugliedern hoffte. Jetzt konnte es vielleicht gegen die Nazis eingesetzt werden. »Wir brauchen was, das schnell tödlich wirkt.«
    Fat Jack lehnte sich mit seinem Hintern gegen den Metalltisch in der Mitte des Raums, auf den er die Uzis, den Revolver, die Pistole und die Schalldämpfer gelegt hatte. Der Tisch knarrte bedrohlich. »Hören Sie, wir reden hier von Kriegswaffen, von streng kontrolliertem Zeug.«
    »Sie können’s nicht liefern?«
    »Oh, klar kann ich Ihnen Vexxon besorgen«, stellte Fat Jack fest. Er verließ seinen Platz am Tisch, der erleichtert knarrte, als er sein Gewicht nicht mehr zu tragen hatte, und trat ans nächste Regal, wo er aus einem Geheimversteck zwischen Waffenkartons zwei Hershey-Riegel hervorholte. Anstatt den zweiten Chris anzubieten, steckte er ihn in die Hosentasche und begann den ersten zu essen. »Solchen Scheiß hab’ ich nicht auf Lager; der ist so gefährlich wie Sprengstoff. Aber ich kann das Zeug bis morgen nachmittag besorgen, wenn Sie so lange warten können.«
    »Einverstanden«, sagte Laura.
    »Es kostet aber ‘ne Kleinigkeit.«
    »Das weiß ich.«
    Fat Jack grinste. Zwischen seinen Zähnen hafteten Schokoladebrocken. »Dieses Zeug wird nicht viel verlangt – nicht von Kleinkunden wie Ihnen. Ich find’s amüsant, mir vorzustellen, was Sie damit vorhaben könnten. Ich erwarte allerdings nicht, daß Sie’s mir verraten. Aber im allgemeinen werden diese neuroaktiven und respiraktiven Gase von Großkunden aus Südamerika oder dem Nahen Osten gekauft. Der Irak und der Iran haben sie in den letzten Jahren viel eingesetzt.«
    »Neuroaktiv, respiraktiv? Worin besteht der Unterschied?«
    »Respiraktiv bedeutet, daß das Gas eingeatmet werden muß; es wirkt sekundenschnell tödlich, sobald es über die Lungen ins Blut gelangt. Wer es freisetzt, muß zu seinem eigenen Schutz eine Gasmaske tragen. Neuroaktive Kampfstoffe wirken noch schneller – allein durch Hautkontakt –, und bei bestimmten Mitteln wie Vexxon braucht man selbst weder Gasmaske noch Schutzkleidung, weil man vor der Anwendung ein paar Pillen schlucken kann, die im voraus als Gegengift wirken.«
    »Richtig, diese Pillen sollte ich ja auch besorgen«, sagte Laura.
    »Vexxon. Das am leichtesten einsetzbare Gas auf dem Markt. Sie sind wirklich ‘ne clevere Kundin«, meinte Fat Jack anerkennend.
    Er hatte den Schokoriegel bereits aufgegessen und schien in der halben Stunde, seitdem Laura und Chris sein Büro betreten hatten, merklich zugenommen zu haben. Sie erkannte, daß Fat Jacks Vorliebe für politische Anarchie sich nicht nur in der Atmosphäre seiner Pizzeria, sondern auch in seiner Leibesfülle widerspiegelte, denn sein Körper wuchs ohne Behinderung durch gesellschaftliche oder medizinische Rücksichten weiter. Darüber hinaus schien er sein Dicksein zu genießen, denn er rieb sich oft den Magen, knetete die Fettpolster an seinen Hüften fast zärtlich und bewegte sich mit aggressiver Arroganz, als wolle er die Welt mit seinem Bauch beiseite schieben. Sie stellte sich vor, wie Fat Jack weiter zunahm, auf 200, sogar 250 Kilogramm, während die wild ausufernden Leuchtreklamen auf seinem Gebäude immer bizarrer wurden, bis das Dach eines Tages einstürzte – und Fat Jack im selben Augenblick zerplatzte.
    »Das Gas kriege ich morgen bis siebzehn Uhr«, sagte er, während er die Uzis, den Chief’s Special, die Colt Commander und die Schalldämpfer in einen Karton mit der Aufschrift »Alles für die Geburtstagsparty« legte, der vermutlich Papierhüte oder Lärmmacher enthalten

Weitere Kostenlose Bücher