Der Schutzengel
Fenster des Streifenwagens zersplitterten, der Uniformierte war augenblicklich tot, mußte tot sein. Er hatte den Feuerüberfall nicht kommen sehen und war bestimmt von mehreren Kugeln in Kopf und Oberkörper getroffen worden. Der Streifenwagen geriet ins Schleudern, streifte den Toyota, ehe Klietmann ausweichen konnte, und geriet dann steuerlos aufs Bankett.
Klietmann bremste und blieb hinter dem außer Kontrolle geratenen Streifenwagen zurück.
Die vierspurige Staatsstraße verlief hier etwa drei Meter über der Wüste, und der Streifenwagen schoß über den nicht durch Leitplanken gesicherten Seitenstreifen hinaus. Er machte einen weiten Satz und knallte dann mit solcher Wucht auf, daß bestimmt einige seiner Reifen platzten. Die beiden vorderen Türen flogen auf.
Während Klietmann langsam auf der rechten Spur weiterfuhr, berichtete Stein: »Er ist über dem Lenkrad zusammengesackt. Von dem haben wir nichts mehr zu befürchten.«
Entgegenkommende Autofahrer hatten den spektakulären Flug des Streifenwagens beobachtet. Sie hielten auf dem Bankett ihrer Seite der Staatsstraße 111. Im Rückspiegel sah Klietmann sie aussteigen: barmherzige Samariter, die über die Fahrbahn hasteten, um dem Beamten zu Hilfe zu kommen.
Falls irgend jemand erkannte, weshalb der Streifenwagen verunglückt war, verzichtete er darauf, sie zu verfolgen und zu stellen – was nur klug war. Er gab wieder Gas, warf einen Blick auf den Tachometer und sagte: »Fünf Kilometer von hier hätte der Polizist die Frau und den Jungen festgenommen. Achtet also auf einen schwarzen Buick. Fünf Kilometer von hier.«
Laura stand in der hellen Wüstensonne auf dem vom Wind freigelegten Schiefergrund in der Nähe des Buick und beobachtete, wie Stefan sich die Uzi über die rechte Schulter hängte. Die Maschinenpistole hing frei herab, ohne seinen Bücherrucksack zu streifen.
»Ich frage mich allerdings, ob ich sie überhaupt mitnehmen soll«, sagte er. »Wenn das Nervengas wie erwartet wirkt, brauche ich wahrscheinlich nicht einmal die Pistole – und erst recht keine Maschinenpistole.«
»Nimm sie trotzdem mit«, riet Laura ihm mit grimmiger Miene.
Stefan nickte. »Stimmt. Wer weiß, wozu sie gut ist.«
»Schade, daß du nicht auch ein paar Handgranaten hast«, sagte Chris. »Handgranaten wären gut.«
»Na, so arg wird’s doch hoffentlich nicht werden«, meinte Stefan.
Er entsicherte seine Pistole und hielt sie in der rechten Hand. Dann packte er mit der Linken den an einen Feuerlöscher erinnernden Tragegriff des Vexxon-Behälters und hob ihn prüfend hoch, um zu sehen, wie seine kaum verheilte Schulter diese Belastung ertragen würde. »Schmerzt ein bißchen«, sagte er dabei. »Ziehende Schmerzen. Aber sie sind auszuhalten.«
Sie hatten den mit einer Plombe versehenen Sicherheitsdraht entfernt, so daß Stefan das Ventil manuell betätigen konnte. Jetzt schob er seinen Zeigefinger durch den Abzug, mit dem das Gas freigesetzt wurde.
Sobald Stefan seine Arbeit im Jahre 1944 erledigt haben würde, wollte er endgültig ins Jahr 1989 zurückkehren – nur wenige Minuten nach seinem Verschwinden. »Ich bin gleich wieder da«, versicherte er den Zurückbleibenden. »Ihr werdet kaum merken, daß ich fortgewesen bin.«
Laura überfiel plötzlich die Angst, er werde nie mehr zurückkehren. Sie berührte sein Gesicht mit einer Hand und küßte ihn auf die Wange. »Alles Gute, Stefan.«
Das war kein Kuß einer Liebenden, er enthielt nicht einmal das Versprechen zukünftiger Leidenschaft; es war lediglich der freundschaftliche Kuß einer Frau, die ihm ewige Dankbarkeit schuldete, ohne ihm zugleich ihr Herz zu schenken. Seinem Blick war anzumerken, daß er sich dieser Tatsache bewußt war. Trotz seines gelegentlich aufblitzenden Humors war Stefan im Grunde seines Herzens schwermütig, und Laura wünschte sich, sie könnte ihn glücklich machen. Sie bedauerte, nicht wenigstens so tun zu können, als empfinde sie mehr für ihn; sie wußte jedoch, daß er diese Vorspiegelung falscher Tatsachen durchschaut haben würde.
»Ich wünsche mir, daß du zurückkommst«, sagte sie. »Wirklich! Ich wünsche es mir sehr.«
»Das genügt mir.« Er nickte Chris zu. »Paß gut auf deine Mutter auf, solange ich fort bin.«
»Ich werd’s versuchen«, versprach Chris ihm. »Aber sie kann selber am besten auf sich aufpassen.«
Laura zog Chris an sich.
Stefan hob den 15 Kilogramm schweren Vexxon-Zylinder höher und betätigte das Ventil.
Während das unter hohem
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