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Der Schwarm

Der Schwarm

Titel: Der Schwarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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tot.«
    Johanson schwieg.
    »Wir werden die nächsten Proben mit dem Autoklav entnehmen, statt den Greifer einzusetzen. Das ist in jedem Fall sicherer. Wir müssen Klarheit erlangen. Ich habe keine Lust mitanzusehen, wie hier bedenkenlos Fabriken auf Grund gesetzt werden.« Bohrmann schnaubte und stieß sich von der Reling ab. »Aber das sind wir ja schon gewohnt, nicht wahr? Wir versuchen, die Welt zu erklären, und keiner hört richtig zu. Was passiert denn? Die Konzerne sind die neuen Auftraggeber der Forschung. Wir beide schippern hier herum, weil Statoil einen Wurm gefunden hat. Toll. Die Industrie bezahlt die Forscher, nachdem der Staat es nicht mehr kann. Von Grundlagenforschung keine Spur. Dieser Wurm wird nicht als Forschungsobjekt gesehen, sondern als Problem, das es aus der Welt zu schaffen gilt. Angewandte Forschung ist gefragt, und bitte schön so, dass man hinterher einen Freibrief in der Tasche hat. Aber vielleicht ist der Wurm ja gar nicht das Problem. Denkt ein Mensch darüber nach? Vielleicht ist es etwas völlig anderes, und indem wir das Problem beseitigen, schaffen wir ein viel größeres. – Wissen Sie was? Manchmal könnte ich kotzen.«
    Wenige Seemeilen nordöstlich holten sie schließlich ein Dutzend Bohrkerne aus dem Sediment, ohne dass es zu weiteren Zwischenfällen kam. Der Autoklav, eine fünf Meter lange Röhre mit Isoliermantel und Gestänge drum herum, zog den Kern wie eine Spritze aus dem Meeresboden. Noch unten wurde die Röhre durch Ventile hermetisch verschlossen. Im Innern befand sich damit ein kleines, ausgestanztes Universum: Sediment, Eis und Schlamm samt intakter Oberfläche, Meerwasser und siedelnden Lebewesen, die sich weiterhin wohl fühlten, weil die Röhre Temperatur und Druck aufrechterhielt. Bohrmann ließ die verschlossenen Röhren im Kühlraum des Schiffes aufrecht lagern, um das sorgfältig konservierte Innenleben nicht durcheinander zu bringen. An Bord konnten die Kerne nicht untersucht werden. Erst im Tiefseesimulatur herrschten die richtigen Bedingungen. Bis dahin mussten sie sich damit zufrieden geben, Wasserproben zu analysieren und Monitore anzustarren.
    Ungeachtet der Dramatik bekam selbst das ewig gleiche Bild der wurmübersäten Hydrate etwas Ermüdendes. Niemand verspürte Lust auf Konversation. Im blassen Licht der Bildschirme schienen sie selber zu verblassen, Bohrmanns Team, die Ölleute, die Matrosen. Der tote Statoil-Mann leistete den Bohrkernen im Kühlraum Gesellschaft. Das Rendezvous mit der Thorvaldson über dem Standort der geplanten Tiefseefabrik war abgesagt worden, um möglichst schnell Kristiansund zu erreichen, wo sie die Leiche übergeben und die Proben zum nahe gelegenen Flughafen verfrachten wollten. Johanson hockte im Funkraum oder in seiner Kammer und wertete die Rückmeldungen seiner Anfragen aus. Der Wurm war nirgendwo beschrieben, niemand hatte ihn gesehen. Einige der Schreiber gaben ihrer Meinung Ausdruck, es handle sich um den mexikanischen Eiswurm, womit sie dem Erkenntnisstand nichts Wesentliches hinzufügten.
    Drei Seemeilen vor Kristiansund erhielt Johanson eine Antwort von Lukas Bauer. Die erste positive Rückmeldung, sofern man den Inhalt als positiv bezeichnen konnte.
    Er las den Text und saugte an seiner Unterlippe.
    Die Kontaktaufnahme zu den Energiekonzernen oblag Skaugen. Von Johanson erwartete man, Institute und Wissenschaftler zu befragen, die in keinem offensichtlichen Zusammenhang mit Ölexplorationen standen. Aber Bohrmann hatte nach dem Unfall mit dem Greifer etwas gesagt, das die Sache in ein anderes Licht rückte.
    Die Industrie bezahlt die Forscher, nachdem der Staat es nicht mehr kann.
    Welche Institute konnten überhaupt noch frei forschen?
    Wenn es zutraf, dass die Forschung zunehmend an den Tropf der Wirtschaft geriet, arbeiteten fast alle Institute in irgendeiner Weise den Konzernen zu. Sie finanzierten sich aus nichtöffentlichen Mitteln. Sie hatten gar keine andere Wahl, wenn sie nicht riskieren wollten, ihre Arbeit einstellen zu müssen. Selbst Geomar in Kiel sah einem finanziellen Engagement der Deutschen Ruhrgas entgegen, die am Institut eine Stiftungsprofessur für Gashydrate plante. So verführerisch es klang, mit Konzerngeldern forschen zu können, stand am Ende doch das Interesse der Sponsoren, Ergebnisse in buchbare Posten umzuwandeln.
    Johanson las noch einmal Bauers Antwort.
    Er war die Sache falsch angegangen. Anstatt in alle Welt hinauszurufen, hätte er von vorneherein versteckte Verbindungen

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