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Der Schwarm

Der Schwarm

Titel: Der Schwarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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York hatte sich in eine Todeszone verwandelt. Schulen, Kirchen und öffentliche Gebäude waren in Krankenhäuser umfunktioniert worden, der Ring um die Stadt glich einem gigantischen Gefängnis.
    Er schaute nach rechts.
    Immer noch brannte es in dem Tunnel. Der Fahrer eines Militärtankwagens hatte seine Atemmaske nicht ordnungsgemäß aufgesetzt und bei voller Fahrt das Bewusstsein verloren. Er war in einem Konvoi unterwegs gewesen. Der Unfall hatte eine Kettenreaktion ausgelöst, in deren Verlauf Dutzende von Fahrzeugen in die Luft geflogen waren. Derzeit herrschten im Tunnel Temperaturen wie im Innern eines Vulkans.
    Peak machte sich Vorwürfe, dass er den Unfall nicht hatte verhindern können. Natürlich war die Verseuchungsgefahr in einem Tunnel weit höher als in den Straßen der Stadt, wo die Toxide abziehen konnten. Aber wie hätte er überall zugleich sein können? Was konnte er überhaupt verhindern?
    Wenn es irgendetwas gab, das Peak aus tiefster Seele hasste, war es das Gefühl der Machtlosigkeit.
    Und jetzt ging es auch in Washington los.
    »Wir schaffen es nicht«, hatte er Li am Telefon gesagt.
    »Wir müssen«, war die einzige Antwort gewesen.
    Sie überflogen den Hudson River und hielten auf Hackensack Airport zu, wo eine Militärmaschine auf Peak wartete, um ihn nach Vancouver zu bringen. Die Lichter Manhattans fielen zurück. Peak fragte sich, was die Versammlung am folgenden Tag wohl ergeben würde. Er hoffte, dass wenigstens ein Medikament dabei heraussprang, um dem Horror von New York ein Ende zu setzen, aber etwas warnte ihn, sich Hoffnungen zu machen. Es war seine innere Stimme, und sie behielt im Allgemeinen Recht.
    Sein Schädel wummerte im Takt des Rotorenlärms.
    Peak lehnte sich zurück und schloss die Augen.
     
     
    Chateau Whistler, Kanada
    Li war hochzufrieden.
    Natürlich hätte ihr angesichts des heraufdämmernden Armageddon Erschütterung weit eher angestanden. Aber der Tag war einfach zu gut verlaufen. Vanderbilt ging in die Defensive, und der Präsident hörte ihr zu. Nach endlosen Telefonaten hatte sie sich einen Status quo des Weltuntergangs verschafft und wartete voller Ungeduld darauf, mit dem Verteidigungsminister verbunden zu werden. Sie wollte den Einsatz der Schiffe besprechen, die am folgenden Tag zur ersten Sonarattackeauslaufen sollten. Der Verteidigungsminister hing in einer Besprechung fest. Einige Minuten blieben ihr noch, also spielte sie Schumann vor der Kulisse eines exorbitanten Sternenhimmels.
    Es war kurz vor 2.00 Uhr. Das Telefon schellte. Li sprang auf und stellte die Verbindung her. Sie hatte das Pentagon erwartet und war einen Moment lang verblüfft, wessen Stimme sie stattdessen hörte.
    »Dr. Johanson! Was kann ich für Sie tun?«
    »Haben Sie Zeit?«
    »Wann? Jetzt?«
    »Ich würde Sie gerne unter vier Augen sprechen, General.«
    »Ungünstig im Moment. Ich muss ein paar Telefonate führen. Sagen wir, in einer Stunde?«
    »Sind Sie nicht neugierig?«
    »Helfen Sie mir auf die Sprünge.«
    »Sie waren der Meinung, ich hätte eine Theorie.«
    »Oh, richtig!« Sie überlegte eine Sekunde. »Gut. Kommen Sie.«
    Mit einem Lächeln legte sie auf. Genau so hatte sie es erwartet. Johanson war nicht der Typ, der Fristen bis zur letzten Sekunde ausreizte, und zu höflich, sie verstreichen zu lassen. Er wollte den Zeitpunkt bestimmen, und sei es mitten in der Nacht.
    Sie rief die Telefonzentrale an. »Verschieben Sie mein Telefonat mit dem Pentagon um eine halbe Stunde.« Sie überlegte kurz, dann korrigierte sie sich: »Nein, um eine Stunde.«
    Johanson würde einiges zu erzählen haben.
     
     
    Vancouver Island
    Nach Greywolfs Schilderung war Anawak der Appetit fürs Erste vergangen. Doch Shoemaker übertraf sich selbst. Er hatte preisverdächtige Steaks gebraten und einen bemerkenswerten Salat mit Croutons und Nüssen kreiert. Sie aßen zu dritt auf seiner Veranda. Delaware vermied es, das Thema auf ihre neue Beziehung zu bringen, und erwies sich als überaus unterhaltsam. Sie kannte eine Menge Witze und war sich nicht zu schade, noch die blödesten so zu erzählen, dass man sie auf eine Bühne hätte stellen sollen. Sie war wirklich komisch.
    Wie eine Insel lag der Abend in einem Meer von Elend.
    Im mittelalterlichen Europa hatten sie getanzt und ein Fest gefeiert, wenn der Schwarze Tod umherging. Ganz so weit waren sie hier nicht, aber immerhin schafften sie es, mehrere Stunden lang über allesMögliche zu reden, nur nicht über Tsunamis, Wale und

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