Der Schwarm
einsetzen.«
»Hm«, machte der Präsident.
Die Außenministerin überlegte einen Moment und sagte:
»Die Frage ist demzufolge weniger, wer diesen Krieg führt, sondern wer ihn gewinnt.«
»Ich meine, die zivilisierte Welt muss Schulter an Schulter gegen den unsichtbaren Feind kämpfen«, bekräftigte Li. »Gemeinsam. Wenn es so weitergeht, werden die Bündnisse ohnehin verstärkt auf die UNO schauen. Das ist vorerst in Ordnung so, alles andere wäre das falsche Signal. Wir sollten uns nicht aufdrängen, aber bereithalten. Zusammenarbeit anbieten. – Aber gewinnen sollten am Ende wir. Und verlieren sollten alle, die uns in der Vergangenheit bedroht haben und gegen uns waren. Je maßgeblicher wir den Ausgang der aktuellen Situation beeinflussen, desto klarer werden später die Rollen verteilt sein.«
»Klarer Standpunkt, Jude«, sagte der Präsident.
Am Tisch war beifälliges Nicken zu sehen, vermischt mit leichter Verärgerung. Li lehnte sich zurück. Sie hatte genug gesagt. Mehr, als ihre Position zuließ, aber es hatte seine Wirkung nicht verfehlt. Ein paar Leute, deren eigentliche Aufgabe es gewesen wäre, diese Dinge zu sagen, hatte sie vor den Kopf gestoßen. Unwichtig. In Offutt war es angekommen.
»Gut«, sagte der Präsident. »Ich denke, dass wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt einen solchen Vorschlag in die Schublade packen können, aber die Schublade sollte ein Stück offen stehen. Auf keinen Fall sollten wir in der Weltöffentlichkeit den Eindruck erwecken, man sei hier an einer Übernahme der Führung interessiert. – Wie kommen Ihre Wissenschaftler voran, Jude?«
»Ich denke, sie sind unser größtes Kapital.«
»Wann sehen wir Ergebnisse?«
»Morgen kommen alle wieder zusammen. Ich habe Major Peak angewiesen zurückzukehren, damit er dabei sein kann. Er wird die Krisenlage in New York und Washington von hier aus steuern.«
»Du solltest eine Rede an die Nation halten«, sagte der Vizepräsident zum Präsidenten. »Es wird Zeit, dass du dich äußerst.«
»Ja, das ist wahr.« Der Präsident schlug auf den Tisch. »Das Kommunikationsteam soll die Schreiberlinge daransetzen. Ich will etwas Ehrliches. Kein Beschwichtigungsblabla, aber etwas, das Hoffnung macht.«
»Gehen wir auf etwaige Feinde ein?«
»Nein, das wird als Naturkatastrophe gehandelt. Wir sind noch nicht so weit, die Leute sind beunruhigt genug. Wir müssen ihnen versichern, dass wir alles Menschenmögliche tun werden, um sie zuschützen. – Und dass wir es auch können. Dass wir die Mittel und Möglichkeiten haben. – Dass wir auf alles vorbereitet sind. Amerika ist nicht nur das freieste Land der Welt, sondern auch das sicherste, egal was aus dem Meer steigt, das sollen sie wissen. Egal, was passiert. – Und ich empfehle Ihnen allen noch etwas. Beten Sie. Beten Sie zu Gott. Dies ist sein Land, und er wird uns beistehen. Er wird uns die Kraft geben, das alles in unserem Sinne zu regeln.«
New York, USA
Wir schaffen es nicht.
Salomon Peak hatte nur noch diesen einen Gedanken, als er in den Helikopter stieg. Wir sind nicht vorbereitet. Wir haben nichts, was wir diesem Grauen entgegensetzen können.
Wir schaffen es nicht.
Der Helikopter stieg vom nächtlichen Wall Street Heliport auf und zog quer über Soho, Greenwich Village und Chelsea nordwärts. Die Stadt war hell erleuchtet, aber man sah, dass etwas nicht stimmte. Viele Straßen waren in Flutlicht getaucht, und es herrschte kein fließender Verkehr mehr. Von hier oben offenbarte sich das ganze Ausmaß des Chaos. New York wurde beherrscht von den Sicherheitskräften des OEM und der Armee. Ständig landeten und starteten Hubschrauber. Auch der Hafen war gesperrt worden. Nur Militärschiffe kreuzten noch auf dem East River.
Und immer mehr Menschen starben.
Sie waren machtlos. Sie konnten nichts dagegen tun. Das OEM hatte Vorschriften und Ratschläge zuhauf veröffentlicht, wie sich die Bevölkerung im Falle einer Katastrophe schützen konnte, aber die beständigen Warnungen und öffentlichen Übungen schienen nichts bewirkt zu haben. Die Kanister mit Trinkwasser, die in jedem Haushalt für Notfälle bereitzustehen hatten, standen nicht bereit. Wo es doch der Fall war, erkrankten die Leute an Toxiden, die als Gase aus der Kanalisation aufstiegen oder aus Waschbecken, Toiletten und Geschirrspülern waberten. Alles, was Peak hatte tun können, war, offensichtlich gesunde Menschen aus der Gefahrenzone in riesige Quarantänelager zu bringen und dort festzusetzen. New
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