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Der Schwarm

Der Schwarm

Titel: Der Schwarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Insofern hatte Alicia Delaware erst einmal Recht.
    Aber ebenso wenig existierte ein Beweis dafür, dass er es nicht konnte.
    Der Beluga stieß ein Zwitschern aus und zog sich unter die Wasseroberfläche zurück. Ein Schatten war auf Anawak gefallen. Er wandte den Kopf und sah ein paar bestickte Cowboystiefel neben sich.
    Oh nein, dachte er. Nicht auch das noch!
    »Na, Leon«, sagte der Mann, der zu ihm an den Beckenrand getreten war. »Wen malträtieren wir denn heute?«
    Anawak richtete sich auf und musterte den Neuankömmling. Jack Greywolf sah aus, als sei er einem Neowestern entsprungen. Seine hünenhafte, muskelbepackte Gestalt steckte in einem speckigen Lederanzug. Indianerschmuck baumelte über der schrankbreiten Brust. Unter dem federgeschmückten Hut fiel schwarzes, seidig schimmerndesHaar über Schultern und Rücken. Es war das Einzige, was an Jack Greywolf gepflegt wirkte, der ansonsten wie üblich den Anschein erweckte, als habe er sich wochenlang ohne Wasser und Seife durch die Prärie geschlagen. Anawak sah in das braun gebrannte Gesicht mit dem spöttischen Grinsen und lächelte dünn zurück.
    »Wer hat dich denn reingelassen, Jack? Der große Manitou?«
    Greywolf grinste noch breiter.
    »Sondergenehmigung«, sagte er.
    »Ach ja? Seit wann?«
    »Seit wir die päpstliche Erlaubnis haben, euch auf die Finger zu hauen. Quatsch, Leon, ich bin vorne reingegangen wie alle anderen auch. Sie haben vor fünf Minuten aufgemacht.«
    Anawak sah verwirrt auf die Uhr. Greywolf hatte Recht. Er hatte am Belugabecken die Zeit vergessen.
    »Ich hoffe, es ist ein zufälliges Zusammentreffen«, sagte er.
    Greywolf spitzte die Lippen. »Nicht ganz.«
    »Also wolltest du zu mir?« Anawak setzte sich langsam in Bewegung und zwang Greywolf, ihm zu folgen. Die ersten Besucher schlenderten durch die Anlage. »Was kann ich für dich tun?«
    »Du weißt genau, was du für mich tun kannst.«
    »Dieselbe alte Leier?«
    »Schließ dich uns an.«
    »Vergiss es.«
    »Komm schon, Leon, du bist doch einer von uns. Du kannst kein Interesse daran haben, dass ein Haufen reicher Arschlöcher Wale zu Tode fotografiert.«
    »Habe ich auch nicht.«
    »Die Leute hören auf dich. Wenn du dich offiziell gegen das Whale Watching aussprichst, wird die Diskussion ein anderes Gewicht erhalten. Jemand wie du könnte uns sehr nützen.«
    Anawak blieb stehen und sah Greywolf herausfordernd in die Augen.
    »Ganz recht. Euch könnte ich nützen. Ich will aber niemandem nützen außer denen, die es nötig haben.«
    »Da!« Greywolf zeigte mit ausgestrecktem Arm zum Belugabecken. »Die haben es nötig! Ich könnte kotzen, wenn ich dich hier sehe. In trauter Eintracht mit Gefangenen! Ihr sperrt sie ein oder hetzt sie, das ist Mord auf Raten. Jedes Mal, wenn ihr rausfahrt mit euren Booten, tötet ihr die Tiere ein bisschen mehr.«
    »Bist du eigentlich Vegetarier?«
    »Was?« Greywolf blinzelte verwirrt.
    »Ich frage mich außerdem gerade, wem sie für deine Jacke die Haut abgezogen haben.«
    Er ging weiter. Greywolf blieb einen Moment verblüfft stehen, dann kam er Anawak mit großen Schritten hinterher.
    »Das ist etwas anderes. Die Indianer haben immer in Einklang mit der Natur gelebt. Sie haben aus den Häuten der Tiere ...«
    »Erspar's mir.«
    »Es ist aber so.«
    »Soll ich dir sagen, was dein Problem ist, Jack? Genau genommen hast du zwei. Erstens, du hängst dir das Mäntelchen des Umweltschutzes um, aber stattdessen führst du einen Stellvertreterkrieg für Indianer, die ihre Angelegenheiten längst schon anders geregelt haben. Dein zweites Problem ist, dass du gar kein richtiger Indianer bist.«
    Greywolf erbleichte. Anawak wusste, dass sein Gegenüber schon verschiedene Male wegen Körperverletzung vor Gericht gestanden hatte. Er fragte sich, wie weit er den Riesen würde reizen können. Ein Schlag von Greywolf mit der flachen Hand war geeignet, jede Auseinandersetzung nachhaltig zu beenden.
    »Warum erzählst du eine solche Scheiße, Leon?«
    »Du bist Halbindianer«, sagte Anawak. Er blieb vor dem Becken der Seeotter stehen und sah zu, wie die dunklen Körper torpedogleich durchs Wasser flitzten. Ihr Fell glänzte im frühen Sonnenlicht. »Nein, nicht mal das. Du bist in etwa so indianisch wie ein sibirischer Eisbär. Das ist dein Problem, weil du nicht weißt, wo du hingehörst, weil du nichts auf die Reihe kriegst, weil du glaubst, mit deinem Umweltgetue ein paar Leuten ans Bein pissen zu können, die du dafür verantwortlich machst. Lass

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