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Der Schwarm

Der Schwarm

Titel: Der Schwarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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gelassen, der andere senkte das dazugehörige Beleuchtungssystem ab, eine separate Einheit mit integrierten Kameras. Vier Leute in den hoch gelegenen Führerhäusern waren ausschließlich damit befasst, Rüssel und Lichtinsel zu koordinieren und zu steuern.
    »Gärraad!«
    Frost kam von einem der Kräne zu ihm herübergelaufen. Bohrmann hatte ihm angeboten, ihn der Einfachheit halber Gerd zu nennen, aber Frost bestand in breitestem Texanisch auf der korrekten Form. Gemeinsam betraten sie das Heckgebäude und den abgedunkeltenKontrollraum. Einige Leute aus Frosts Team und Techniker von De Beers waren anwesend, auch Jan van Maarten. Der Technische Leiter hatte innerhalb kürzester Zeit das versprochene Wunder vollbracht. Der erste Tiefseewurmstaubsauger der Menschheitsgeschichte war einsatzbereit.
    »Gut, Leute«, trompetete Frost, während sie hinter den Technikern Aufstellung nahmen. »Der Herr sei mit uns. Wenn das hier klappt, nehmen wir uns Hawaii vor. Gestern war ein Roboter unten und entdeckte an der Südostflanke Gewürm in rauen Mengen. Danach brach die Verbindung ab. Auch andere Vulkaninseln werden gezielt attackiert, ganz wie ich's mir dachte. Aber dem Bösen keine Chance! Wir putzen sie weg mit unserem Rüssel. Wir säubern die ganze Welt von dem Geschmeiß!«
    »Schöne Idee«, sagte Bohrmann leise. »Wir haben hier ein überschaubares Gebiet. Willst du mit dieser einen Konstruktion den kompletten amerikanischen Kontinentalhang säubern?«
    »Quatsch!« Frost sah ihn erstaunt an. »Hab ich doch nur wegen der Motivation gesagt.«
    Bohrmann hob die Brauen und richtete seine Blicke wieder auf die Monitore. Er hoffte, dass die ganze Sache überhaupt funktionierte. Selbst wenn sie die Würmer da unten wegbekamen, stand immer noch die Frage im Raum, wie viele der Bakterienkonsortien schon ins Eis gelangt waren. Insgeheim quälte ihn die Sorge, dass es längst zu spät war, den Absturz des Cumbre Vieja zu verhindern. Nachts träumte er von einem gigantischen Wasserdom, der sich bis in die Wolken hob und über den Ozean auf ihn zu raste, und er wachte jedes Mal schweißgebadet auf. Dennoch übte sich Bohrmann in Optimismus. Es würde schon klappen. Und vielleicht schafften sie es ja an Bord der Independence, die unbekannte Macht zum Einlenken zu bewegen. Wenn die Yrr zur Zerstörung eines ganzen Abhangs fähig waren, konnten sie ihn wohl auch wieder reparieren.
    Frost hielt eine weitere flammende Ansprache gegen alle Feinde der Menschheit und lobte das De-Beers-Team über den grünen Klee. Dann gab er das Zeichen, den Rüssel und die Lichtinsel runterzulassen.
     
    Die Lichtinsel war ein mehrfach gefalteter, gigantischer Flutlichtstrahler. Im Augenblick, da sie am Kranausleger über den Wellen hing, bildete sie ein kompaktes Bündel aus Stangen und Streben, zehn Meter lang und angefüllt mit Leuchten und Kameraobjektiven. Nun wurde sie abgesenkt und verschwand im Meer, über Glasfaser mit der Heerema verbunden. Nach zehn Minuten blickte Frost auf die Anzeige des Tiefenmessers und sagte: »Stopp.«
    Van Maarten gab den Befehl an den Piloten weiter.
    »Aufklappen«, fügte er hinzu. »Erst mal halbe Fläche. Wenn wir nirgendwo anecken, komplett.«
    In vierhundert Metern Tiefe vollzog sich eine elegante Metamorphose. Das Bündel entfaltete sich zu einer filigranen Konstruktion. Als die Gestänge keinen Widerstand fanden, klappte die Insel weiter auseinander, bis ein gitterartiges Element von den Ausmaßen eines halben Fußballfeldes in der Tiefe hing.
    »Einsatzbereit«, meldete der Pilot.
    Frost warf einen Blick auf die Instrumente. »Wir müssten dicht vor einer Wand sein.«
    »Beleuchtung und Kameras«, befahl van Maarten.
    An der Konstruktion flammten Reihen um Reihen starker Halogenlampen auf. Zugleich nahmen die acht Kameras ihre Arbeit auf und übertrugen ein trübes Panorama auf den Monitor. Plankton trieb durchs Bild.
    »Näher ran«, sagte van Maarten.
    Das Flutlichtelement rückte, von kleinen, schwenkbaren Propellern angetrieben, langsam vor. Nach wenigen Minuten schälte sich eine schartige Struktur aus der Dunkelheit. Im Näherkommen wurde sie zu einer schwarzen, bizarr geformten Lavawand.
    »Runter.«
    Die Insel sank weiter. Der Pilot navigierte mit äußerster Vorsicht, bis das Sonar einen terrassenförmigen Vorsprung anzeigte. Übergangslos tauchte zum Greifen nah ein breiter Grat auf. Die Oberfläche war übersät mit zuckenden Leibern. Bohrmann starrte auf die acht Monitore und fühlte Mutlosigkeit

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