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Der Schwarm

Der Schwarm

Titel: Der Schwarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Auf der Titaniumhülle des Exosuits knirschten vernehmlich die Zähne. Der Kopf des Hais pendelte hin und her, sodass der Helm mehrfach gegen den Felsen schlug und daran entlangschrammte. Alles drehte sich. Die Titaniumlegierung war robust genug, solche Schläge eine Zeit lang wegzustecken, aber dafür knallte Bohrmanns Kopf im Innern gegen die Innenseiten, dass ihm Hören und Sehen verging. Er war absolut hilflos, sein Schicksal besiegelt. Er würde zersäbelt und zerlegt werden. Sein Leben war keinen Atemzug mehr wert.
    Und genau diese Hilflosigkeit entfachte seine Wut.
    Noch atmete er.
    Noch konnte er sich wehren!
    Über ihm erstreckte sich die gerade Kontur des Hammers. Die Kopfbreite des Hais bemaß sich auf über ein Viertel seiner Körperlänge, sodass die seitlichen Auswölbungen weit auseinander standen. Bohrmann sah nur die Kante, kein Auge und kein Nasenloch. Er begann, mit der Konsole darauf einzuprügeln. Damit schien er keinen großen Eindruck auf das Tier zu machen. Der Hai stieß ihn weiter voran, der Lichtgrenze zu, dort, wo sie die Explosion abgewartet hatten. Wenn sie einmal im schwarzen Wasser waren, würde er das Tier nicht einmal mehr sehen können.
    Sie durften das Licht nicht verlassen.
    Bohrmanns Wut wuchs ins Maßlose. Sein linker Arm, der im Rachen steckte, fuhr hoch und schlug gegen die Gaumenplatte. Eigentlich konnte er von Glück sagen, dass der Hai gleich seine ganze Seite verschluckt hatte. Hätte er nur einen Arm oder ein Bein gepackt, wäre es ihm längst ergangen wie Frost, aber der Panzer um die Körpermitte wies keinerlei Schwachstellen wie Gelenkringe auf. Er war zu groß undzu massiv, um ihn einfach durchzubeißen, selbst für diesen Koloss. Auch der Hai schien das begriffen zu haben. Er schüttelte seinen Kopf noch stärker. Bohrmann war kurz davor, die Besinnung zu verlieren. Wahrscheinlich hatte er schon mehrere Rippenbrüche zu beklagen, aber je wilder ihn das Tier herumwirbelte, desto wütender wurde er. Er bog den rechten Arm nach hinten, wo der Hammerkopf endete, holte aus und ließ die Konsole mehrfach darauf niederkrachen ...
    Plötzlich war er frei.
    Der Hai hatte ihn ausgespuckt. Offenbar hatte er eine empfindliche Stelle getroffen, ein Auge oder ein Nasenloch. Der riesige Körper schnellte aufwärts an ihm vorbei und schleuderte ihn gegen den Felsen. Für einen Moment sah es tatsächlich so aus, als ergreife der Hai die Flucht. Bohrmann überlegte fieberhaft, wie er die Situation nutzen konnte. Er gab sich keinen Illusionen darüber hin, was den Aufstieg zur Heerema betraf. Vorübergehend hatte er das Tier von sich abgebracht, aber ihm blieben allenfalls ein paar Sekunden. Hastig zog er den Trackhound zu sich heran und umklammerte die schlanke Röhre mit beiden Armen.
    Um keinen Preis durfte er ihn verlieren.
    Der Hai verschwand in der Dunkelheit und kam ein Stück weiter entfernt wieder daraus hervor, ein blauer Schemen.
    Bohrmann sah gehetzt zur Wand.
    Da war der Höhlenspalt!
    In einiger Entfernung glitt der gewaltige Leib des Hammerhais tiefer in die offene See. Bohrmann schob sich entlang der Wand auf den Spalt zu. Unterhalb der Lichtinsel sah er die beiden anderen Haie immer noch um Frosts Überreste kämpfen. Die Gruppe sank abwärts, aus der beleuchteten Zone hinaus. Er fragte sich, wann sie von dem zerfetzten Körper ablassen und herüberschwimmen würden, und dann fragte er sich gar nichts mehr. Im Zwielicht vollzog der große Hai eine unglaublich schnelle Kehrtwendung und kam zurück.
    Bohrmann schob sich in den Spalt.
    Es war eng darin. Der Anzug mit den im Rückenteil verankerten Flaschen behinderte ihn, sodass er kaum hineinkam. Schraubstockartig wurden seine Arme an die Seiten gedrückt. Er versuchte, sich tiefer in die Höhle zu quetschen, und da war der Hai auch schon heran.
    Die Knochenplatte des Hammers krachte gegen die Felsränder. Das Tier prallte zurück. Sein Kopf war zu breit, um hineinzugelangen. Es schwamm einen Kreis, der so eng war, dass es aussah, als verfolge es seinen eigenen Schwanz, und stieß ein weiteres Mal vor.
    Lavabröckchen lösten sich in Wolken vom Höhleneingang und trübten die Sicht. Bohrmann presste die Arme noch dichter an den Körper. Er hatte keine Ahnung, wie weit der Spalt ins Gestein reichte. Der Hai wütete draußen am Felsen und wirbelte Sediment und Splitter auf. Die Wolke umhüllte Bohrmann in seiner Höhle. Das blaue, hereinscheinende Licht der Insel verschwand fast völlig.
    »Dr. Bohrmann?«
    Van Maarten.

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