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Der Schwarm

Der Schwarm

Titel: Der Schwarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Wissen wird vereinheitlicht, Unbekanntes untersucht. Anfangs sind einige Kollektive neuen Herausforderungen nicht gewachsen, aber im Austausch lernen sie dazu. Bis zu einem gewissen Zeitpunkt verläuft die Lernentwicklung linear, darüber hinaus ist das Verhalten der Kollektive nicht mehr vorhersagbar ...«
    »Moment mal«, unterbrach sie Shankar. »Sie wollen sagen, das Programm beginnt, ein Eigenleben zu führen?«
    »Wir haben völlig unbekannte Situationen für die Yrr herbeigeführt. Je komplexer das Problem, desto häufiger schlossen sie sich zusammen. Nach kurzer Zeit begannen sie, Strategien zu entwickeln, deren Grundlagen wir ihnen nicht einprogrammiert hatten. Sie wurden kreativ. Sie wurden neugierig. Und sie lernten exponenziell. Wir haben nur wenige Versuche durchführen können, und es ist immer noch nur ein Computerprogramm – aber unsere künstlichen Yrr haben gelernt, jede gewünschte Form anzunehmen, Formen anderer Lebewesen zu imitieren und zu variieren, Extremitäten auszubilden, gegen deren Sensitivität unsere zehn Finger Knüppel sind, Objekte auf Nanoebene zu untersuchen, jede dieser Erfahrungen mit jeder anderen Zelle auszutauschen und Probleme zu lösen, an denen Menschen scheitern würden.«
    Einen Moment herrschte betroffenes Schweigen. Den meisten war anzusehen, dass sie sich die Vorgänge im Welldeck vor Augen riefen. Schließlich sagte Li:
    »Geben Sie uns ein Beispiel für eine solche Problemlösung.«
    Anawak nickte.
    »Also, ich bin ein Yrr-Kollektiv, klar? Und ein kompletter Kontinentalhang ist von Würmern befallen, die ich gezüchtet, mit Bakterien voll gestopft und dorthin gebracht habe, damit sie das dortige Methanhydrat auf ganzer Linie destabilisieren. Mein Problem besteht darin, dass die Würmer und die Bakterien zwar eine Menge anrichten, ich für die große Rutschung aber einen letzten Kick brauche.«
    »Stimmt«, sagte Johanson. »Die Nuss haben wir nie geknackt. Würmer und Bakterien leisten Vorarbeit, aber eine Kleinigkeit fehlt, um daraus eine Katastrophe zu machen.«
    »Nämlich entweder eine leichte Absenkung des Meeresspiegels, was den erforderlichen Druck auf die Hydrate herabsetzen würde, oder eine Erwärmung des Wassers am Hang. Richtig?«
    »Genau.«
    »Um ein Grad?«
    »Dürfte reichen. Aber sagen wir zwei.«
    »Gut. Wir haben uns schlau gemacht. Vor dem norwegischen Kontinentalhang liegt in 1250 Metern Tiefe der Håkon-Mosby-Schlammvulkan. Schlammvulkane spucken keine Lava, sondern befördern Gas, Wasser und Sedimente aus dem warmen Erdinnern an die Oberfläche des Meeresbodens. Das Wasser über einem Schlammvulkan ist nicht heiß, aber wärmer als anderswo. Ich schließe mich also zu einem großen Kollektiv zusammen. Zu einem sehr großen Kollektiv. Ich forme mich zu einem Schlauch mit zwei offenen Enden, und weil ich ein sehr großer Schlauch werden will, beschränke ich die Stärke meiner Außenwand auf wenige Zelllagen. Ich brauche dafür immer noch enorm viel meiner selbst, viele Milliarden Zellen, aber dünnwandig, wie ich bin, gelingt es mir, mich auf die Länge vieler Kilometer zu dehnen. Mein Umfang entspricht dem des Zenralkraters – rund 500 Meter. Ich nehme das warme Wasser des Schlammvulkans in mein Inneres auf und leite es wie eine kolossale Wasserleitung dorthin, wo Würmer und Bakterien zerstörerische Vorarbeit geleistet haben. Schon habe ich meine Rutschung. – Und es wäre durchaus möglich, dass ich auf diese Weise auch das Wasser vor Grönland erwärme oder an den Polkappen heize, was zum Abschmelzen der Gletscher und damit zum Erliegen des Golfstroms führt.«
    »Wenn das die Yrr in Ihrem Computer können«, sagte Peak mit ungläubigem Gesicht, »was können dann die wirklichen Yrr?«
    Weaver schürzte die Lippen und sah ihn an.
    »Ich schätze, noch einiges mehr.«
     
     
    Schwimmen
    Weaver fühlte sich innerlich und äußerlich verspannt. Als sie den Besprechungsraum verließen, fragte sie Anawak, ob er Lust auf eine Runde im Pool habe. Ihre Schultern waren ein einziger Schmerz. Und das,wo sie so ziemlich jede Sportart trieb, die man einem menschlichen Körper zumuten konnte.
    Vielleicht ist das dein Problem, dachte sie. Vielleicht solltest du mal eine Sportart treiben, die keine Zumutung darstellt.
    Anawak begleitete sie. Sie versorgten sich mit Badesachen, jeder in seiner Kabine, und trafen in Bademäntel gehüllt wieder zusammen. Weaver hätte gerne seine Hand genommen auf dem Weg zum Pool -überhaupt hätte sie gerne etwas

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