Der schwarze Atem Gottes
schließlich nickte er, und ohne ein Wort des Dankes ging er hinter dem Wirt zur Stiege.
Suitbertus und Martin folgten ihm sofort.
»Essen gibt’s um neun«, murmelte der Wirt, als er das verdreckte Gepäck der drei Männer aus dem Zimmer schaffte. Er machte keine Anstalten, frische Bettwäsche zu holen, sondern schlurfte ohne einen weiteren Gruß aus dem Zimmer und warf die Tür hinter sich zu.
»Das Ganze gefällt mir nicht«, sagte Suitbertus leise. »Diese Spießgesellen da unten machen keinen guten Eindruck – von dem Mädchen einmal abgesehen.«
Dafür fing er sich einen tadelnden Blick von Hilarius ein.
Nachdem sie sich etwas auf den harten, strohgepolsterten Betten ausgeruht hatten, die einen leisen, stechenden Geruch verbreiteten, befahl Hilarius Suitbertus, er möge eine Kanne Wein von unten holen und etwas zu essen, wenn er oder Martin es wolle. Suitbertus sprang sofort auf, als habe er auf diesen Wunsch bereits die ganze Zeit gewartet, und rannte aus dem Zimmer.
Martin wünschte sich plötzlich, sie hätten das Angebot des lockeren Gesellen nicht angenommen. Der alte Pater Johannes hatte ihm während langer Winterabende manchmal hinter vorgehaltener Hand etwas von berüchtigten Herbergen erzählt, in denen die ahnungslosen Reisenden zuerst ausgeraubt und dann ermordet wurden; selbst die Diener Gottes seien vor einem solchen Schicksal nicht gefeit. Martin beruhigte sich aber mit dem Gedanken, dass während ihrer Übernachtung auf der Hinreise schließlich auch nichts Gefährliches geschehen war.
Suitbertus war schnell zurück. In der einen Hand jonglierte er mit einem riesigen, beinahe randvollen irdenen Weinkrug; in der anderen hielt er eine Wurst und ein Stück Braten sowie ein Messer. Er schenkte zuerst Hilarius ein, der wieder einmal das Essen verschmähte – er hatte nur am Mittag vor der Abreise etwas Brot zu sich genommen –, dafür aber den Trunk in einem einzigen Zug hinunterkippte und sich dann auf seinem Bett zurücklehnte. Der Mann musste wirklich heilig sein, wenn er so sehr auf menschliche Bedürfnisse verzichten konnte, dachte Martin. Suitbertus hockte sich auf das Bett seines Mitbruders und teilte mit ihm alles, was er von unten herbeigeholt hatte. Dabei flüsterte er ihm zu:
»Ich habe eine Verabredung für uns beide getroffen. Du hast doch bestimmt das schöne Mädchen gesehen, nicht wahr?«
Martin nickte.
»Sie wird uns zu Willen sein, heute Nacht. Wir müssen nur noch etwa eine Stunde warten, bis der Alte eingeschlafen ist«, er nickte in Hilarius’ Richtung; der Pater hatte sich inzwischen zur Wand gedreht, als ob er Schutz von ihr erwarte, und seine Atemzüge wurden immer regelmäßiger, »und dann sollen wir zum letzten Zimmer rechts am Ende des Ganges kommen – hinter der Biegung.«
Martin schüttelte den Kopf. »Das kann ich nicht. Das will ich auch nicht.«
»Du bist ein Dummkopf, Bruder Martin«, stöhnte Suitbertus. »Da bekommst du einmal die Gelegenheit, das richtige Leben kennenzulernen, und was machst du? Du kneifst. Na meinetwegen. Ich jedenfalls werde mir den Spaß nicht verderben lassen. Leg dich hin und träum etwas Schönes.«
Er kletterte in sein eigenes Bett, das unter dem kleinen, mit einer Holzplatte vernagelten Fenster stand, und nach wenigen Minuten tat er so, als schlafe er tief und fest. Er grunzte wie eine ganze Schweineherde. Aber Pater Hilarius stand ihm kaum nach.
Martin kratzte sich an der Tonsur. Er war hin und her gerissen. Wenn er ehrlich zu sich selbst war, so wollte er gern einmal die verbotenen Freuden der körperlichen Liebe genießen, aber er nahm seine Berufung als Mönch und damit ebenfalls die drei Gebote der Armut, des Gehorsams und leider auch der Keuschheit ernst. Er wusste, dass viele seiner Brüder es mit alldem nicht so genau nahmen, aber er brachte es nicht über sich, so nachlässig wie sie zu sein. Er wollte dereinst in das Himmlische Jerusalem einziehen und Gott von Angesicht zu Angesicht schauen. Über diesem Gedanken schlief er ein – trotz des Lärms, den seine Mitbrüder veranstalteten.
Als er erwachte, schien es mitten in der Nacht zu sein. Durch die Ritzen des Fensterverschlages drang nicht der geringste Lichtschein in die enge Kammer.
Etwas hatte sich bewegt. Er spürte den Luftzug, und etwas berührte ihn an der Wange. Dann war es vorüber.
Martin setzte sich benommen auf. Noch immer drang das laute Atmen des Paters zu ihm – aber
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