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Der schwarze Atem Gottes

Der schwarze Atem Gottes

Titel: Der schwarze Atem Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Siefener
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sollte es denn sonst sein?«
     
    Martin aber hatte noch immer Angst. Je näher die finsteren Umrisse kamen, desto deutlicher konnte er erkennen, dass es sich tatsächlich um ein Haus handelte, an das der vorhin noch so weit entfernte Wald inzwischen sehr nahe herangekrochen war. Es machte jedoch einen so abweisenden und düsteren Eindruck, dass ihm auch angesichts des zu erwartenden Mahles und einer Schlafgelegenheit nicht froher zumute werden wollte.
     
    Als sie die Herberge erreicht und ihre Pferde in dem winzigen Stall hinter ihr versorgt hatten, nahmen sie ihre wenigen Habseligkeiten, die sie in ledernen Säcken bei sich trugen, und betraten die von etlichen Kienspänen erleuchtete Wirtsstube.
     
    Welch ein Unterschied war das zu dem anständigen Gasthaus, das sie in Volkach bewohnt hatten. Als sie auf der Herreise hier genächtigt hatten, war ihm alles noch neu und aufregend vorgekommen, doch inzwischen vermochte er bereits Unterscheidungen zu treffen.
     
    Hier war der Sand auf den Bodendielen schon seit Langem nicht mehr ausgewechselt worden; er war an vielen Stellen zusammengeklumpt, wo Essen, Bier oder Erbrochenes sich auf ihn ergossen hatten; die Stube war dunkel und eng und stank entsetzlich nach Kienspänen; in Volkach hatte man Kerzen benutzt. Und auch die Gäste waren anders.
     
    In der Stadt waren es einfache Leute gewesen, die sich zwar lustig aufgeführt, aber durchaus die Schicklichkeit nicht verletzt hatten. In dieser Herberge jedoch tummelte sich ein wilder Haufen, der wie eine Räuberbande wirkte. Verwegene Gestalten mit verfilztem Haar, wirren Bärten und stechenden Augen saßen an den beiden Tischen des kleinen Raumes und tranken, was das Zeug hielt. Zwischen ihnen befand sich ein wunderschönes Mädchen mit kastanienbraunem Haar und einem feinen Kleid, das ihre jugendlichen Formen aufs Trefflichste hervorhob. Sie wirkte seltsam fehl am Platze inmitten all diesen Gesindels, doch sie schien zu ihm zu gehören, denn sie scherzte und neckte sich mit den bösen Buben. Drei Reisende, die wie verwilderte Landsknechte aussahen, saßen etwas abseits und waren in ein lautstarkes Würfelspiel vertieft. Als die drei Mönche eintraten , zischte einer der Spieler: »Pfaffengesindel dulden wir hier nicht! Macht euch aus dem Staube, wenn ihr nicht als Schweinefutter enden wollt!«
     
    Martin versank vor Scham und Angst schier in den Boden. Weder Hilarius noch Suitbertus erwiderten etwas auf diese Frechheit.
     
    Der Wirt kam um den Tisch herum und trat in seiner fleckigen Schürze auf die Neuankömmlinge zu. »Alles besetzt«, sagte er. »Selbst hier unten in der Stube ist kein Schlafplatz mehr frei.«
     
    »Aber wir sind die drei Gottesmänner, die bereits vor einigen Tagen hier genächtigt haben«, erklärte Hilarius verwundert. »Ihr sagtet, dass wir auf unserer Rückreise wieder hier unser Quartier beziehen können.«
     
    »Die Zeiten ändern sich«, sagte der Wirt hart. »Ihr seht ja, wie beliebt meine Herberge seitdem geworden ist. Und ich muss sagen, dass mir die neue Gesellschaft lieber ist als die Eure.«
     
    »Ihr könnt uns doch nicht einfach die Tür weisen«, sagte Suitbertus verzweifelt. »Wo sollen wir denn nächtigen? Der Wald ist voller Räuber.«
     
    Einer der Männer an dem langen Tisch lachte laut auf. »Ihr habt doch Gottes Beistand«, rief er. »Was kann euch da schon passieren?« Das Mädchen fiel in sein Gelächter ein. Ihr Blick begegnete dem von Martin. Er konnte ihm nicht lange standhalten.
     
    Hilarius sagte: »Selbst in einer Bärenhöhle wäre ich lieber als in eurer Gesellschaft. Kommt, Brüder, wir gehen.«
     
    Gerade als sich der Pater umwandte, sprang der Mann auf, der soeben noch voller Spott gegen die Geistlichen gewesen war. »Nichts für ungut, ehrwürdiger Vater«, sagte er und blinzelte Hilarius aus blassblauen Augen zu. »Ich hab’s nicht so gemeint. Bin immer gut ausgekommen mit Mutter Kirche. Ich biet euch mein eigenes Zimmer an, droben im ersten Stock. Es ist ein wenig eng, aber es stehen drei Betten darin, also gerade genug für euch. Meine Gefährten werden sich freuen, mit mir hier unten zu übernachten. Nicht wahr, Männer?« Vom Tisch kam ein nicht gerade sehr begeistertes Brummen. »Also ist es abgemacht. Wirt, zeig ihnen ihr Zimmer und wirf unsre eigenen Sachen hinaus. Es sind ja wenig genug.«
     
    Hilarius schien von dieser Entwicklung sehr überrascht zu sein. Einen Augenblick lang sah es so aus, als wolle er das Angebot ablehnen, doch

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