Der schwarze Atem Gottes
dort, wo Suitbertus liegen sollte, war alles still. Zu still.
Dann fiel es ihm wieder ein. Er hörte, wie die Tür geöffnet wurde und nackte Füße verstohlen auf den Bohlen umhertappten. Ganz kurz sah er im Türrahmen den tiefschwarzen Umriss von Suitbertus. Er war unterwegs zu seinem Liebchen. Der Gedanke daran verursachte Martin ein Prickeln in der Leistengegend. Ein Teil von ihm wollte Suitbertus nachschleichen, ein anderer Teil hielt ihn zurück.
Da hörte er, wie Hilarius etwas murmelte.
Martin zuckte zusammen. Zuerst glaubte er, der Mönch sei ebenfalls aufgewacht, doch dann erkannte er, dass er im Schlaf sprach.
»Apokalypse!«, rief der Pater plötzlich, und dann: »Geh weg, Satan, du wirst mich nicht holen! In meinem Kloster werde ich in Sicherheit sein. Soll doch die Welt um mich herum untergehen!« Die Stimme des Paters wurde immer aufgeregter. »Nein! Nein!«, rief er plötzlich. Martin bekam eine Gänsehaut. Der Pater schrie, winselte, röchelte. Martin hielt es nicht mehr aus. Er sprang auf und rannte aus dem Zimmer.
Als er auf dem Gang stand, war wieder alles still; kein Laut drang mehr aus der Kammer, in der Hilarius seinen eingebildeten Kampf ausfocht. Doch dafür hörte Martin andere Geräusche. Von unten quoll noch immer gedämpft das Gemurmel und Rufen der Gäste im Schankraum herauf, und hinten, am Ende des Ganges, hörte er leises, keckes Kichern. Suitbertus und dieses Mädchen! Bevor Martin bemerkte, was er tat, schlich er bereits um die Biegung des Flures und auf das Zimmer zu, in dem sich sein Mitbruder vergnügte. Der matte, gelbe Schimmer eines Kienspans drang durch die Ritzen der Tür und das Schlüsselloch auf den Flur hinaus. Martin pirschte sich an die Tür, ging in die Hocke und spähte durch das Schlüsselloch.
Suitbertus und das wirklich wunderschöne Mädchen standen in der Mitte des Zimmers, in dem sich zwei Betten rechts und links an den Wänden befanden. Suitbertus half dem Mädchen gerade, ihr Hemd auszuziehen. Was darunter hervorkam, raubte dem armen Martin beinahe den Atem. Er sah die prallen, großen Brüste, deren Zitzen frech in die Luft stachen. Suitbertus umfasste diese Liebeshügel und drückte heiße Küsse auf die Brustwarzen. Das Mädchen wand sich wolllüstig unter seinen Liebkosungen. Dann riss er sich von ihr los und zog ihr den Rock herunter. Wie eine Prinzessin stieg sie aus dem am Boden liegenden Kleidungsstück und griff dann unter Suitbertus’ Kutte. Sie schien zu reiben. Suitbertus stöhnte hemmungslos. Er riss sich die Kutte vom Leib und warf sie achtlos zu Boden. Martin sah, dass er eine starke Erektion hatte. Schamhaft stellte er fest, dass sie aber nicht so groß war wie seine eigene, die er bisweilen mit gewaltigem Entsetzen auf der Latrine oder nach dem Schlaf bemerken musste. War es nicht der ehrwürdige Kirchenvater Origines gewesen, der sich das Gemächt abgeschnitten hatte, damit er ohne Störungen Gott dienen konnte? Ein weiser Mann!
Jetzt ließ das Mädchen den Mönch los, kletterte in das Bett und kniete sich auf alle viere wie eine läufige Hündin. Voller Schrecken sah Martin, wie sie mit dem Hinterteil wackelte. Suitbertus stieß ein brünstiges Grunzen aus, das sich gar nicht so sehr von den Lauten unterschied, die Martin vorhin von Pater Hilarius hatte vernehmen müssen, sprang ebenfalls in das knirschende Bett, kniete sich hinter das Mädchen und stach mit seiner Lanze zu. Das Mädchen kreischte auf – nicht vor Schmerz. Nun begann der Tanz.
Suitbertus rammelte wie ein Besessener, was dem Mädchen ausnehmend zu gefallen schien. Sie war wie im Fieber. Er beugte sich über sie, griff nach ihren herabbaumelnden, zitternden Brüsten und knetete sie. Das schien ihr noch besser zu gefallen. Martin sah, wie sich auf Suitbertus’ Rücken Schweißperlen bildeten. Und dann geschah es.
Es ging so schnell, dass Martin zunächst nicht begriff, was überhaupt passierte. Er sah nur, dass das Bett plötzlich noch viel heftiger schaukelte. Und auch das andere Bett schwankte. Suitbertus hielt in seiner Bewegung inne, und das Mädchen wirkte, als sei es erfroren oder zu einer Statue geworden.
Dann stürzten schwarze Schemen unter den Betten hervor und warfen sich auf Suitbertus. Der Mönch bäumte sich auf und schrie vor Überraschung und Schmerz. Martin wollte ihm zu Hilfe eilen, aber er traute sich nicht.
Es waren zwei der Männer aus dem Schankraum. Sie stachen mit Dolchen auf Suitbertus ein,
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