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Der schwarze Atem Gottes

Der schwarze Atem Gottes

Titel: Der schwarze Atem Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Siefener
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gab dieses Lamm eines Bruders Widerworte? Er legte die Hände vorsichtig über den Bauch und sagte in die Finsternis hinein: »Wir werden jemand anderes schicken.«
     
    »Was hat dieser Zauberer denn gebeichtet?«, hörte Hilarius die Stimme des Gauklers. Jetzt schien sie von oben zu kommen – von direkt über ihm. Er schaute hoch, aber er hätte es nicht einmal sehen können, wenn unmittelbar vor seiner Nase ein Ochse gestanden hätte. War es das Echo in dieser Höhle, das mit der Stimme des Gauklers spielte? Aber Martins Stimme blieb an derselben Stelle, als er antwortete: »Es soll einen Hexer in Burgebrach geben, der das Ende der Welt heraufbeschwört und die Gefahr der Apokalypse über die Welt bringt.«
     
    »Die Apokalypse …«, ertönte Federlins Stimme – unter Hilarius. Fast wäre er von der Stelle, an der hockte, aufgesprungen, doch er beherrschte sich. Bei allen Heiligen, wer war dieser Mensch? Wie hatte er allein die Mordgesellen besiegen können? Hier ging es doch nicht mit rechten Dingen zu! »Schweig, Martin!«, schnitt Hilarius dem Gaukler das Wort ab. Er spürte, wie ihm das Herz in der Brust raste.
     
    »Habt Ihr Angst, ehrwürdiger Pater?«, mischte sich Federlin wieder ein. Nun kam seine Stimme von dort, wo Hilarius sie zum ersten Mal gehört hatte – von irgendwo rechts aus der Dunkelheit. »Warum seid Ihr eigentlich entführt worden? Seid Ihr so wertvoll?« Die Stimme kicherte unterdrückt.
     
    »Ich habe keine Ahnung«, antwortete Hilarius barsch. Sein Herz wollte sich nicht beruhigen. Er sagte die Wahrheit – und gleichzeitig log er.
     
    Jetzt drang Marias Stimme durch das bodenlose Nichts zu ihm. Er erschrak, als er bemerkte, wie nahe sie ihm war. Er spürte ihren Atem in seinem Nacken. »Die Mörder haben etwas von einem Grafen gesagt, der morgen den Pater sehen wollte. Seinen Namen kenne ich aber nicht.«
     
    »Oh, ein Graf!« Federlins Stimme schien keinen Körper mehr zu besitzen, sondern frei im Raum zu schweben.
     
    Plötzlich hatte Hilarius den Eindruck, als ströme von irgendwo ein schwaches Licht herbei – ein Glimmen, das in der vollkommenen Finsternis wie ein Strahl aus Sternenglanz wirkte. Und in diesem Strahl sah der Pater den Gaukler, dessen Umrisse sich aufzulösen schienen. Schattenarme wuchsen aus ihm hervor, spiralten sich in die Finsternis, tasteten sich durch das seltsame Licht – und dann war wie auf ein geheimes Kommando alles wieder verschwunden. Hatte Hilarius geträumt, oder hatte er das Licht wirklich gesehen?
     
    »Ein Graf?«, echote es von den Wänden – in einer anderen Klangfarbe. Jetzt war es Martins Stimme, die sprach. »Aber wir sind doch einem Grafen begegnet – in Volkach!«
     
    »Schweig, du Zunge des Satans!«, fuhr Hilarius ihn an.
     
    Am liebsten wäre er aufgesprungen und hätte seinem jungen, unerfahrenen Mitbruder den Hals umgedreht.
     
    Die Stimme Federlins lenkte ihn ab: »Ich habe auf meinen Wanderungen von der Apokalypse reden hören. Die Gerüchte verdichten sich, dass sich gewisse Teile der Welt auf die Ankunft des Bösen vorbereiten. Wenn Ihr einen Hinweis darauf habt, ehrwürdiger Pater, dann sollten wir ihm nachgehen.«
     
    »Gar nichts sollten wir!«, giftete Hilarius. »Du hast keine Ahnung von Gott und der Welt. Bist du überhaupt von dieser Welt?«
     
    Federlin lachte leise, aber es klang nicht belustigt. »Ich bin genauso von dieser Welt wie von jeder anderen«, lautete seine rätselhafte Antwort. »Glaubt mir, ich kenne die Welt.«
     
    »Aber du scheinst Gott nicht zu kennen. Was ist, wenn Er in Seiner unendlichen Weisheit den Untergang der Welt beschlossen hat, weil Er sieht, dass Seine Schafe sich von ihm abgewandt haben und der Sünde verfallen sind?«
     
    »Seid Ihr sicher, dass Ihr Gott nicht mit dem Teufel verwechselt?«, gab Federlin zur Antwort. Seine Stimme hallte leise wider, als sei die Höhle, an deren Anfang sie sich befanden, unendlich groß. Was mochte sich in ihr verbergen?
     
    »Ich bin ein Mann Gottes. Wieso sollte ich mir nicht sicher sein?«
     
    »Habt Ihr nicht bemerkt, dass sich in unserer Welt vieles verändert hat? Der Glaube wankt und zersplittert, Krieg und Rohheit überziehen das Antlitz der Welt wie Mehltau, der Hexen werden immer mehr – das müsstet doch gerade Ihr bemerkt haben –, und die Welt füllt sich mit Teufeln und Dämonen. Ist das alles nicht wie ein Vorspiel zu dem großen Drama vom Ende der Welt? Aber es könnte auch etwas ganz anderes sein, etwas, das nur wenige

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