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Der schwarze Krieger

Der schwarze Krieger

Titel: Der schwarze Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
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brummten zustimmend.
    «Für die Chinesen sind wir ‹Die Stinkenden›, weil wir uns angeblich nur von Milch und Fleisch ernähren. Sie rümpfen ihre feinen Näschen und behaupten, wir stinken wie unsere Tiere. Wir, die Hunnen, die Hunnu, das Volk, werden im Chinesischen zu Xioung Nu. Was bedeutet das in der Sprache der Chinesen? Die wertlosen Sklaven!»
    Das Blut der Männer kochte vor Wut. Ihre Pferde wiehertennervös und traten im langen Gras unruhig von einem Vorderhuf auf den anderen. Drohendes Gemurmel erhob sich unter den eng beisammenstehenden Männern.
    Attila ritt gefährlich nahe an Csaba heran und höhnte: «Bist du ein Sklave?»
    Csaba antwortete mit einem wütenden Aufschrei.
    «Ihr Stinkenden!», brüllte Attila sie an. «Verfluchte Nomaden, verschmähte Gesetzlose vom Reich der Mitte bis zum Meer im Westen! Ihr Ausgeburt der Hölle, Hexenbrut, Söhne der Winddämonen – wie sehr werdet ihr gehasst! Und was ist die Antwort auf diesen unsterblichen Hass? Diplomatie und freundliches Geplänkel?»
    Die Männer heulten höhnisch auf.
    Attila stachelte sie weiter an. «Vielleicht Geschenke aus Seide und Gold für unsere von Gott gesandten Herrscher in Byzanz? Vorsichtige, feingedrechselte Botschaften? Nachgiebige, sklavengleiche Unterwürfigkeit? Hündische Demut, wie sie uns stinkenden Sklaven geziemt?»
    Schon wurden Schwerter aus ledernen Scheiden gezogen und in die Höhe gereckt. Die Klingen blitzten in der klaren Luft.
    «Wie erwidert man diese überhebliche Haltung am besten, ihr stinkenden Männer?» Noch während er sprach, riss Attila sich den geschwungenen Bogen von der Schulter, hakte so rasch einen Pfeil in die Sehne ein, dass man mit den Augen kaum folgen konnte, und schoss ihn genau in ihre Mitte.
    Der Pfeil traf zielgerichtet Geukchus Schild. Erschrocken blickte der Krieger an sich herab, aber das Geschoss hatte ihn nur gestreift.
    Attila richtete sich im Sattel auf und brüllte mit emporgerecktem Bogen über die Köpfe seiner Männer hinweg: «Anunseren Pferden und unseren Waffen soll die Welt uns erkennen!»
    Die Männer antworteten im Chor mit dem uralten Kriegsruf der Hunnen, und die Erde erzitterte unter ihnen, als sie sich vorbeugten und wutberauscht über die Steppe sprengten.
    Anschließend rief Attila sie wieder zu sich und gab ihnen den ganzen Tag über bis weit in die Dämmerung hinein Anweisungen und Befehle. Bald, so versicherte er ihnen, würden sie selbst Kriegsbanden befehligen. Er machte sich über sie lustig und verspottete sie, wodurch er sie noch mehr anstachelte. Er forderte sie heraus und gab ihnen Aufgaben.
    Einige von ihnen sollten so schnell wie möglich ein Dutzend Pfeile abschießen. Die Erwählten griffen in ihre Köcher und fischten jeweils einen Pfeil heraus, den sie sorgfältig mit der Kerbe in die Sehne einspannten, um dann am ausgestreckten Arm entlang zu zielen. Die meisten von ihnen brauchten zwei bis drei Minuten, um alle zwölf Pfeile abzuschießen. Im Stehen.
    Attila machte seiner Ungeduld Luft und drängte sich zwischen sie. Der stämmige Juchi mühte sich noch immer, seinen letzten Pfeil zu verankern. Attila ging mit der Faust dazwischen und warf Pfeil und Bogen auf den Boden. Juchis Pferd blähte die Nüstern und trabte rückwärts in die Menge der Krieger hinter ihm. Die Männer lachten. Doch Juchi machte ein finsteres Gesicht.
    Attila sammelte mit der linken Hand zwölf Pfeile ein. «Passt auf», sagte er und wurde plötzlich ganz ruhig. «Orestes!», rief er über seine Schulter hinweg.
    Der Grieche ritt ein Stück weit weg, rammte seinen langen Speer in den Boden und hängte dann seinen Schild an dem Lederriemen daran auf.
    Wie versteinert sahen alle zu, wie Attila seinen Bogen in die linke Hand nahm, in der er immer noch das Dutzend Pfeile hielt. Er wandte sich ihnen seitlich zu und schaute gar nicht auf die Pfeile, sondern schien ihre Kerbe allein mit dem Daumen zu spüren. Er zog einen Pfeil aus der Faust und legte ihn an die Sehne an, dann spannte er in einer scheinbar leichten Bewegung den Bogen, ließ den Pfeil los und zog bereits das nächste Geschoss hervor, um es einzuspannen.
    Der erste Pfeil traf den im Wind hin und her wackelnden Schild genau in der Mitte.
    Attila verlor keine Zeit und zog die Sehne wieder zurück bis an seine Wange. Er schien über den Pfeil hinweg zu zielen, hielt den Bogen dabei aber fast seitwärts und zog die Sehne auf seine Brust zu, auf sein Herz. Indem er den Bogen so hielt, riskierte er nicht, dass der Pfeil

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