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Der schwarze Krieger

Der schwarze Krieger

Titel: Der schwarze Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
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Rücken halb herab. Hinter ihr stolperte ein alter Mann aus dem Zelt. Er keuchte vor Wut, seine Augen traten hervor, und Speicheltröpfchen glänzten in seinem kümmerlichen Bart. Er blieb stehen und richtete sich auf, als er den Tanjou sah.
    «Wie bist du zu diesem Weib gekommen?», herrschte Attila ihn an. «Ich habe sie Zabergan geschenkt.»
    «Zabergan hat sie an mich verkauft!», protestierte der alte Mann. «Er ist mein Cousin. Ich habe ihm einen guten Preis bezahlt!»
    «Und jetzt schlägst du sie?»
    Der alte Mann lächelte verschwörerisch. «Je mehr man sie schlägt, desto zarter wird das Fleisch!»
    «Wie schlägst du sie?»
    «Hiermit», erklärte der alte Mann und zog einen Knüppel hervor. Er trat näher, sein Atem roch nach Stutenmilch und Begierde. «Auf den Rücken», sagte er beinahe flüsternd, «auf ihr festes junges Gesäß und auf ihre weichen jungen Schenkel   …»
    «Wie? Etwa so?», fragte Attila. In Windeseile hatte er dem alten Mann den Knüppel entrissen und drosch nun auf ihn ein.
    Chanat glaubte, ein Knacken gehört zu haben, als der Altezu Boden ging, während Attila sich über ihn beugte und den Knüppel immer wieder auf den knochigen Rücken niedersausen ließ.
    Unter dem Geprassel der Schläge wand sich der Mann und winselte um Gnade. Attila ließ von ihm ab, zerbrach den Knüppel auf seinem angewinkelten Schenkel und warf ihn in den Staub.
    Dann half er dem Mädchen auf und sah ihr ins Gesicht. «Geh zum Zelt der Frauen. Sag ihnen, ich hätte dich geschickt. Sie werden dich versorgen. Du gehörst jetzt mir.»
    Das Mädchen starrte ihn erschrocken an.
    «Geh!», befahl er und gab ihr einen leichten Stoß.
    Das Mädchen gehorchte.
    «Nun muss ich auch noch die häuslichen Streitigkeiten meiner Untertanen schlichten», brummte Attila, während er ihr nachsah. «Die Aufgaben eines Tanjous hatte ich mir anders vorgestellt!»
    Chanat lachte schallend. «Ihr seid recht freundlich zu den Weibern.»
    «Freundlich?», grunzte Attila und ging weiter. Den alten Mann ließ er hinter sich im Staub liegen. «Mit Freundlichkeit hat das nichts zu tun. Ich möchte, dass diese Frau starke Krieger zur Welt bringt.»
    ***
    Am Morgen trat eine weitere Witwe in der Nähe des Pferchs vor den Eingang ihres Zeltes am Rande des Lagers. Ihr Gesicht war vor Kummer ganz zerfurcht, und sie wirkte erschöpft. Der schweigende Grieche saß auf seinem Pferd vor ihrem Eingang und hielt ihr eine kostbare Silbervase hin. Die Frau nahm das Gefäß entgegen und sah hinein. Es warein wenig Asche darin. Wortlos drehte sie sich um und verschwand wieder im Zelt.
    ***
    Im Morgengrauen waren Attila und seine Männer bereits draußen in die Ebene geritten, um Bogenschießen zu üben.
    «Ihr werdet lernen, so gut zu schießen wie euer Tanjou», versprach er ihnen. «Oder eure Fingerspitzen werden bei dem Versuch aufgerieben!»
    Er überließ sie sich selbst und ritt mit Chanat und Orestes weiter. Die großen Rehaugen des Griechen schnellten nach links und rechts über die Steppe, als erwarte er, am Horizont könnte der Schatten der Erinnyen selbst auftauchen, jener blutbefleckten Rächerinnen aus dem Tartarus mit ihren blutunterlaufenen Augen und ihren Schlangenhaaren, wie sie zu einem anderen, älteren Orestes gekommen waren. Als würden sie ihn heimsuchen, um den Mord an einem Vater, einer Mutter oder einem Onkel zu rächen, ausgeführt von einem aufgebrachten verlorenen Sohn.
    Allerdings wirkte Orestes zumeist wie auf der Hut. Als sei im Leben nur eines sicher: dass nichts sicher ist. Nach der dreißigjährigen Wanderschaft durch unbekannte Weiten zusammen mit seinem Herrn war er zu einem Mann geworden, der nur an die Verlässlichkeit des Nichts glaubt. Mit einer Ausnahme: sein eigenes Herz.
    Endlich brachte Attila sein Pferd zum Stehen, und die drei Männer blickten über den unendlichen Horizont der Steppe.
    «Mein Vater   …», begann Attila.
    «Fragt nicht, ich bitte Euch!», flehte Chanat. «Bitte nicht!»
    «Ruga hatte keine Söhne oder Töchter.»
    Chanat wandte den Kopf ab. «Eine Unterleibsverletzung. Als er etwa zwanzig war.»
    Der graue Himmel wurde langsam heller und erwärmte sich in der aufgehenden Sonne. Aus einiger Entfernung drang das hohe Piepsen der gefleckten Steppenmurmeltiere zu ihnen. In der Ferne war eine Staubwolke zu sehen, vielleicht eine Herde Saigaantilopen. Vielleicht wirbelte auch nur der Wind den Staub auf.
    «Davor waren Ruga und meine Mutter   …»
    «Oh, dringt nicht weiter in mich,

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