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Der schwarze Krieger

Der schwarze Krieger

Titel: Der schwarze Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
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entbehren können, und dann eine Strafexpedition durchführen.»
    «Gegen wen, mein Herr?»
    «Gegen die Hunnen, du Tölpel!» Valentinians Fäuste, die er an den Leib presste, waren weiß vor Anspannung. «Einige von ihnen gefangen nehmen, das sollen sie! Sie in Ketten legen, alte Männer, Frauen, kleine Kinder! Sie alle fest zusammenzurren wie Geflügel auf einem Marktstand. Fest, fest!» Jetzt sabberte er. «Wir müssen diesen Leuten zeigen, dass wir keine Angst haben! Wir werden großartige Spiele in der Arena veranstalten, und die gefangenen Hunnen werden brutal und erbarmungslos bestraft!»
    «Herr», meldete sich eine Stimme hinter ihm zu Wort.
    Er drehte sich um und beäugte Galla misstrauisch. «Ich will hoffen, dass du mit unserem Plan einverstanden bist?»
    Gallas schmale Brust hob sich. «Herr, ich flehe dich an, das noch einmal zu überdenken   …»
    Valentinian erhob seine Hand, um sie zu ohrfeigen, und hielt einige Zoll von ihrer Wange entfernt inne, während er ihr ins Gesicht schrie: «Du wirst mir lästig, Mutter! Wir sind der Kaiser, nicht du!»
    Galla zuckte weder zurück, noch sagte sie etwas.
    Valentinian wandte sich um und bellte den Kämmerer an: «Also weiter! Eine Strafexpedition. Diese tierischen Barbaren kommen in Ketten in die Arena! Fest, ganz fest! Mal sehen, wie ihnen das gefällt!»
    Ein letztes Mal blickte er hinüber zur Kaiserin und zu mir, blähte die Backen und machte ein seltsames, explosionsartiges Geräusch. Dann raffte er sein Gewand und eilte ins Vorzimmer hinaus.
    Behutsam rollte ich die große Landkarte zusammen.
    Als ich mich umdrehte, stand die Kaiserin noch immer da, den Kopf gebeugt, die Augen geschlossen, die kleinen weißen Fäuste seitlich am Körper geballt, reglos.
     
    Neben den tiefer gelegenen Ausläufern der Theiß, unweit der Stelle, wo sie in die Donau mündete, stand ein Kreis schwarzer Zelte, einer von vielen solchen Kreisen, die unter einer Wolke von Lagerfeuerrauch über die Ebene verteilt waren. Frauen rührten in Töpfen oder brachten Wasser vom Fluss in Ledereimern herbei. Rundköpfige, rotbackige Kinder spielten Fangen. Es war ein kalter Tag im Spätfrühling, allerdings sehr schön, der Himmel pastellblau, das Sonnenlicht scharf, die grüne Erde wurde allmählich weich nach dem harten Nachtfrost.
    Ein Doppelflügel der römischen Kavallerie, etwa hundertsechzig Mann, tauchte im Westen auf. Sie waren abends von der Legionsfestung bei Viminacium aus losgeritten. Sie sahen das Lager aus einiger Entfernung und zogen ihre gebogenen Kavalleriesäbel.
    Das Gras war üppig und mit Frühlingsblumen übersät.
    Eines der Kinder entdeckte die Männer auf ihren Pferden. Das Mädchen hielt inne, starrte hinüber und steckte den Finger in den Mund. Dann hob es die andere Hand und winkte unsicher.
    Die Reiter winkten nicht zurück.
    Aus Bronzehörnern erschallten zwei hohe Kommandos, und dann begannen die Pferdereihen loszugaloppieren.
    ***
    Schon aus großer Entfernung sah man den dichten Rauch vom Lagerplatz aufsteigen, und einer der Kutriguren-Häuptlinge ritt mit seinen Männern dorthin, um nach dem Rechten zu sehen. Als sie dort angelangt waren, wo die Ansammlung von Zelten gestanden hatte, war nichts mehr zu sehen als Asche, Köpfe auf Stangen und abgetrennte Gliedmaßen.
    Die Nachricht wurde Attila in seinem Palast überbracht. Er saß völlig reglos da und starrte in das Feuer, ohne etwas zu sagen.
    Spät am Abend, als die meisten in einen unruhigen Schlaf voller Racheträume gefallen waren, trat Kleiner Vogel mit tränenüberströmtem Gesicht unangemeldet vor den grübelnden König und hockte sich im Schneidersitz vor ihn hin. Halb sprach er, halb sang er:
    Das Lied von Kleiner Vogel, dem Wahr-Sager
     
    Wie ein Steppenbrand breitet Kunde sich aus,
    So blutrot wie ein Steppenbrand im Morgengrauen.
    Über den Fluss ritten sie, die Säbel leuchteten silbern,
    Hinein in das Dorf, in die schwarzen Zelte da ritten sie;
    Zehn in roten Mänteln, bärtig , o edle weiße Männer!
    Dann ritten sie über den Fluss, die Säbel leuchteten rot.
    Als er verstummte, schaute Attila auf, und ihre Blicke trafen sich.
    «Wie ein Steppenbrand breitet Rache sich aus», sagte Attila, «blutrot wie ein Steppenfeuer im Morgengrauen.»

4.
Am Hof der Visigoten: eine Schachpartie
    Weiter westlich spielten zwei Männer das edle alte Brettspiel
latrunculi
, auch Schach genannt. Sie saßen in einem kleinen, säulenumstandenen Innenhof, der teilweise von den pastellgrünen Blättern

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