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Der schwarze Krieger

Der schwarze Krieger

Titel: Der schwarze Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
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Mammuts, die unter der Erdeso schnell wie Pferde galoppieren konnten und auf diese Weise den Boden unter den Füßen der Menschen erbeben ließen.
    Dann hielt er plötzlich inne, lehnte sich auf seine unnachahmliche Weise zur Seite, legte sein Ohr auf den Boden und riss die Augen erstaunt auf. Die Augen der Kinder wurden noch größer.
    Kleiner Vogel sagte, er könne hören, wie die Ameisen miteinander kämpften, zwei Meilen von ihnen entfernt. Er setzte sich auf. «Dahinten», er zeigte auf einen Punkt in der Ferne, «auf der anderen Seite von dem Hügel da. Hört ihr nichts? Ein schrecklicher Kampf. Sie streiten darum, wer von ihnen der König des Hügels wird. Wenn die Nacht hereinbricht, werden viele der tapfersten Ameisensoldaten gefallen sein.»
    Die schlaueren der Kinder lachten über solchen Unfug, während die weniger klugen und leichtgläubigen Kinder traurig dreinblickten und sich um die Ameisen sorgten. Aber vielleicht waren die traurigen und besorgten Kinder doch nicht so dumm. Diejenigen, die denken, lachen. Diejenigen, die fühlen, weinen.
    Kleiner Vogel erzählte ihnen noch eine Geschichte, um sie zu trösten. Sie handelte von einer Mäusefamilie, mit der er befreundet war und die viel umherreiste. Sie segelten in Muschelschalen über das Schwarze Meer und überquerten die schneebedeckten Ebenen im Winter auf kleinen Schlitten, die sie aus festen Gräsern geflochten hatten.
    Wenn die Kinder sich endlich zum Schlafen neben dem Feuer eingerollt hatten und ihnen die Augen zugefallen waren, seufzte Kleiner Vogel, stand auf und ging zu seiner Lieblingsdüne. Dann blickte er über das dunkle Steppenmeer und sang:
    Wenn Hunger uns quält und der Nordwind bläst,
    Wenn die Saiga im herbstlichen Kleide vorüberzieht
    Und nur das Leid als Einziges uns bleibt,
    Dann sitzt Kleiner Vogel beiseit’ , um allein,
    Mit seinem alten Freund, dem Himmel, zu sein.
    Am nächsten Morgen wurde Kleiner Vogel gesehen, wie er im Morgengrauen neben einem erloschenen Dungfeuer saß und am ganzen Leib zitterte. Eine der Frauen fragte ihn, ob er krank sei.
    «Albträume, ein Albtraum nach dem nächsten», erwiderte Kleiner Vogel und starrte verstört in die Asche des toten Feuers. «Hab von Schlangen geträumt, schon wieder. Schlangen, die sich um meinen Hals gewunden haben und um meinen Kopf. Um mein Herz.» Er schloss die Augen, und seine Stimme wurde zu einem Flüstern. «Sie werden noch mein Tod sein.»

2.
Der Ritt nach Osten: Erinnerungen an China
    Die hundert Männer und Attila ritten siebzehn Tage und siebzehn Nächte nach Westen, überquerten den Eisernen Fluss ein gutes Stück weiter nördlich von seinen Mooren und unzähligen Einmündungen und kamen an das lange, flache salzverkrustete Nordufer des Schwarzen Meeres. Ab da ritten sie in Richtung Süden.
    Das Gras unter den Hufen ihrer Pferde begann bereits zu vergehen und auszubleichen, und die goldene Jahreszeit des Herbstes eilte vorüber, als fliehe sie vor dem herannahenden Winter. Hirsche suchten das Weite vor ihnen, sie flohen wie Geister aus der Vergangenheit, und zwischen den welken Gräsern waren die hellen Spuren von Wolfspfoten im Sand zu sehen. Manchmal kamen sie an verlassenen Rastplätzen vorbei, gespenstische Andenken an jene, die vor ihnen da gewesen waren: fahle Abdrücke von Zeltböden im Gras, inmitten von Kotresten und abgenagten weißen Tierknochen. Flüchtige Spuren anderer Nomaden, namenloser Schicksalsgenossen, vielleicht entfernte Verwandte, vielleicht Feinde, die in den endlosen Steppen verschwunden waren, ohne ihnen mehr zu hinterlassen als die schwachen, negativen Abdrücke ihrer Zelte.
    Am späten Nachmittag erreichten sie einen Canyon und ritten auf einem engen, steinigen Pfad an verstreuten Felsbrocken vorbei, die in der untergehenden Sonne kupferfarben schimmerten. Unter sich sahen sie Schilf und verkrüppelte Bäumchen, die Luft war frisch und roch nach Fluss.In einem stillen Tal, in das die Sonnenstrahlen schon nicht mehr hinabreichten, schritten sie wie durch ein Meer hoher grüner Gräser, tränkten ihre Pferde und ruhten sich aus.
    Am nächsten Morgen ritten sie auf der anderen Seite aus dem Canyon heraus. Sie kamen durch ein Föhrenwäldchen, der Boden bedeckt mit einer dünnen Nadelschicht, die Luft getränkt von Harz. Sie zogen weiter ihres Wegs.
    Am Nachmittag rief ihr Anführer in der Nähe etlicher Felsbrocken, die sich zu einer kleinen Anhöhe aufhäuften, einen Halt aus. Die Männer ließen die Zügel locker, ihre Schultern

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