Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der schwarze Krieger

Der schwarze Krieger

Titel: Der schwarze Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
Vom Netzwerk:
grausame Kaiser befahl umgehend, sie auszulöschen, Männer, Frauen und Kinder. Nachdem es vollbracht war, verkündete er schlicht: «Ich habe die Existenz der Nasamonier beendet» – als wäre er ein Gott! Was er in gewisser Weise auch war: ein göttlicher Cäsar. Vielleicht hätte Trajan im Grunde auf gleiche Weise mit den lästigen Juden verfahren können. Heute aber ist der anerkannte Gott dieser Welt ein jüdischer Zimmermann, und er ist wesensgleich mit seinem himmlischen Vater.
    Wie die Geschichte doch immer wieder den Launen der Muse folgt und wie doch das Gelächter der Götter über unseren gebeugten Häuptern widerhallt!

3.
Das Schicksal der Kaufleute von Persien
    Fast jeden Tag führte er, bevor sie weiterritten, im ersten fahlen Licht des Morgens mit ihnen ausgedehnte Übungen zu Pferde und mit dem Bogen durch. Im Galopp mussten sie auf jedes seiner Kommandos in engen Formationen umschwenken, wobei jede Einheit von zehn Mann ihr eigenes bekanntes Signal hatte und sich selbständig vorwärtsbewegte. Die hundert Reiter konnten sich aufteilen und im Galopp lospreschen, sich dann neu formieren und im Staub derart umwenden, dass ihre Zahl weitaus größer wirkte, als sie es war. Ihr Geschick mit dem Bogen war bereits furchteinflößend, ihre Geschwindigkeit atemberaubend, und ihre Stärke und Ausdauer schienen auf dieser langen Reise unzerstörbar.
    Mit der Zeit nahmen die Einheiten den Charakter ihrer Befehlshaber an. Die Krieger unter Yesukai waren schneidig und waghalsig, genauso wie jene unter Csaba, dem Dichter, und dem schönen Aladar. Bei einem wilden Angriffsgefecht, das den Feind durch seine Furchtlosigkeit erschrecken sollte, würden sie sich wacker schlagen. Wenn es sein musste, würden sie alle mit Freudengeheul sterben. Die Männer unter den drei kraftstrotzenden Brüdern Juchi, Bela und Noyan waren ebenso standhaft wie zäh und gaben ein verlässlich starkes Zentrum ab. Chanats Männer waren zuverlässig und gerissen, ganz wie die unter Candac. Sie würden geduldig an den Flügeln ausharren, bis sie ihren Befehl erhielten, dann aber würden sie rasch in die Flanken des Feindes einbrechen,ohne Lärm oder Aufheben, mit schonungsloser Kraft und ohne Erbarmen, wie die Hörner eines Bullen. Den Männern unter Geukchu war zuzutrauen, dass sie erst meilenweit umherritten, um dann einen vermeintlich unüberwindbaren Fluss weit stromaufwärts mit kunstvollen Bälgen aus Ziegenhäuten zu durchqueren. Auf ihnen würden sie sich im Abendnebel ungesehen ans andere Ufer treiben lassen, in der Nacht die Feinde in ihrem Lager überfallen und ihnen die Kehle aufschlitzen, noch ehe sie erwachten.
    So gestählt sie auch waren, mit jedem Tag wurden sie noch härter. Wie der Boden unter der unerbittlichen Sonne verwandelten sich ihre Gemüter und auch ihre Muskeln zu Stein. Im düsteren, graugelben Licht der Dämmerung ritten sie an riesigen grauen, im Gras liegenden Findlingen vorbei, die Flechten wie geschmolzene Münzen bedeckten. Sie kamen an einem toten Yak vorbei, aus dessen Augenhöhlen hohes Gras wuchs und von dessen mächtigem gebleichtem Brustkorb Fetzen ausgedörrter Haut hingen. Wie ein gestrandetes Boot, das unvorstellbare Stürme weit ins Landesinnere geschleudert hatten, lag er da. Dann brach die Sonne am östlichen Horizont durch die Wolken, als ob sie aus einem brennenden Abgrund durch unergründliche Tiefen blickte.
    Dies war das weite Steppenland Asiens, das für das armselige, hinfällige Gekreuche der Menschheit weder Feindschaft noch Verachtung übrighatte, wie etwa die Berge mit ihren grimmigen Schneestürmen oder die zerstörerische, sturmzerklüftete See. Es war lediglich von einer unermesslichen, trostlosen, stummen Gleichgültigkeit erfüllt. Würde man im Frühling einen Speer über Nacht im Boden stecken lassen, man könnte ihn tags darauf nicht wiederfinden, weil das neue Gras so hoch gewachsen war. Die Ebenen von Külündü: Es waren die Ebenen der Fülle.
    Die Antilopen und die kleineren, leichteren Vettern des Waldbisons waren so zahlreich, dass sie die Landschaft wie ein Teppich aus einer Million kastanienbrauner Felle überzogen. Im Sommer würden sie sich an den Ufern eines Sees sammeln und ihn leer trinken. Das waren die Zeiten, die Jahre, als Gott Überfluss gewährte. Die Städter und die Bauern würden bald alles verschlingen, was sich frei auf dem Erdboden bewegte. Während die Krieger über jene geheiligten Ebenen blickten, brach es ihnen fast das Herz – vor Freude

Weitere Kostenlose Bücher