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Der schwarze Krieger

Der schwarze Krieger

Titel: Der schwarze Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
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hatten! Was für armselige Überbleibsel! Warum hatten sie nur die ältesten und garstigsten Tiere aus der Herde geschossen? Selbst Frauen waren bessere Jäger!
    Sie wählten die besten Fleischstücke aus, bevor sie ihr Lager auf der anderen Seite des Hügels aufschlugen, um am Morgen die Sonne im Osten begrüßen zu können. Sie verspeisten rohe, noch warme Leber und brachen die Haxenknochenauf, um das weiche Mark herauszusaugen. Sie räucherten noch mehr Fleisch über dem Feuer und sprachen ein Dankgebet, als der süße Geruch mit dem Rauch zu den Sternen aufstieg. Als sie tief und behaglich schliefen, träumten sie von der Saigaherde, die für den Winter weiter südwärts über die Ebene zog, während sich ihre gelbbraunen Felle im Einklang mit dem kommenden Schnee weiß färbten. Als sie am nächsten Tag nach Sonnenaufgang losritten, wölbten sich sowohl ihre Satteltaschen als auch ihre Bäuche.
    ***
    Einmal näherte sich eine Karawane von Kaufleuten aus Buchara, bärtig, mit dunklen Augen, die Gesichter eng eingehüllt und fast verdeckt. In dem Glauben, hier seien sie sicher vor Begegnungen mit Nomadenkriegern, ritten sie nahe der Stelle, wo das Weideland in Gestrüpp und schließlich in Wüste überging. Einer von ihnen wandte sich beim Reiten um; er stieß einen Ruf aus, und der Zug blieb stehen. Sie schauten, wohin er deutete, und jeder von ihnen betete rasch zu Ahura Mazda und verharrte reglos. Die wilden Krieger galoppierten über das ebene Weideland auf sie zu und zügelten dann die Pferde. Ihr Anführer ritt nahe heran und inspizierte sie. Er hatte blaue Tätowierungen auf seinen Wangen und trug die Spuren von drei dünnen Narben auf seiner breiten, sonnengebräunten Stirn. Seine Augen waren schmal und unbarmherzig. Er lächelte sie an.
    Die Kaufleute waren hochgewachsene Männer. Die Kamele waren die gewöhnlichen räudigen, zweihöckrigen Kreaturen, ihre Pferde jedoch waren sehr edel und trugen Harnische, die mit Zaubersprüchen aus Türkis und rauchgrauen Silberlegierungen verziert waren. Der Anführer der Wilden fragtesie, welche Neuigkeiten es gab, und die Kaufleute erstatteten ihm Bericht, zitternd und sich fragend, welche Todesart er für sie wählen würde. Kreuzigung? Pfählung?
    Doch der Anführer erhob gnädig die Hand, als sei er ein König, und wünschte ihnen einen guten Tag. Er wandte sich wieder seiner Banditentruppe zu, und sie ritten in östlicher Richtung weiter. Verwundert schauten ihnen die Kaufleute hinterher. Dann richteten sie die Blicke gen Himmel, dankten Ahura Mazda für seine überraschenden und unergründlichen Wege und setzten ihre Reise nach Westen fort.
    «Sie werden es nie schaffen, Buchara zum Leben zu erwecken», sagte Attila. Er hatte sich in seinem Sattel umgedreht und blickte ihnen nach. «Das ist kein Land für Händler oder Kaufleute. Diese Narren!»
    Sie ritten durch das Buschland und die Wüste – für die Griechen das «wilde Choresmien» – und erreichten einen Tag später entlegene Ölfelder. Schwarzes Pech quoll durch den ausgedörrten Sand an die Oberfläche, einige der Teergruben rauchten ständig. Die Pferde standen still und beäugten argwöhnisch die Seen aus Öl.
    Manchmal entzündete sich dieses Pech selbständig und brannte tage- oder sogar jahrelang, so wie Herodot es von den Wüsten Parthiens berichtet. Die Perser nennen es
rhadinake
, und sogar dieses kluge, durchtriebene und ganz und gar nicht vertrauenswürdige Volk findet keine Verwendung für diese schwarze, geschmeidige Pest. Es vernichtet die Ernten, vergiftet die Luft und bedeutet den Tod für Mensch und Tier. Es brennt, ohne dass man es löschen könnte – hohe bernsteinfarbene Flammen, die senkrecht aus dem Grund emporschlagen und die in sternenhellen Nächten im Umkreis von vielen Meilen zu sehen sind. Bei Tageslicht aber bot sich ein völlig anderer Anblick: nämlich ein schwarzer,verrauchter, höllengleicher Ort, der Tod für alles, was lebte und atmete.
    Überraschenderweise hatte Attila offenbar eine Idee, wie ihnen das Pech einmal nützen könnte. Ohne weitere Erklärung ließ er vier seiner Männer absitzen und den schwarzen Schlamm in großen ledernen Satteltaschen sammeln.
    Dann drängte er seine Männer vorwärts, um diese unheilige Stätte, die in ständigem Zwielicht lag, obwohl über dem Rest der Welt die Mittagssonne schien, hinter sich zu lassen. Die Sonne brannte nur schwach durch dieses Leichentuch aus dichtem Rauch, die Pferde senkten ihre Köpfe und verengten Augen und

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