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Der schwarze Krieger

Der schwarze Krieger

Titel: Der schwarze Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
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Nüstern. Die Luft war dunkel und stickig, das Licht schwefelig und rauchig. Der Gestank des heraufquellenden oder brennenden Öls war faulig, und außer den sanften Huftritten der Pferde im Sand war absolut kein Geräusch zu hören. Hier gab es Dämonen. Jeden Augenblick, so fürchteten die Krieger, konnte den Pferden der Boden unter den Füßen weggezogen werden, und schreckliches Wiehern würde die gedämpfte, bleierne Stille für einen kurzen Moment zerreißen. Mann und Pferd würden in einen Pechsee fallen und tiefer und tiefer in ewige Finsternis sinken. Die Gliedmaßen ausgestreckt, die Münder offen und stumm in der Schwärze nach Luft ringend, säße der Krieger noch auf seinem ertrinkenden Pferd, beide in einer höllischen Verbindung vereinigt, und stürzten für immer hin zum Mittelpunkt der toten Mitternachtswelt.
    Kurz nachdem sie diese Ungeheuerlichkeit der Natur passiert hatten, lag vor ihnen eine menschengemachte Ungeheuerlichkeit. Die Kaufleute aus Buchara waren zu einem makabren Willkommensgruß drapiert. Man musste sie mehrere Meilen westwärts gefangen genommen und hierher verschleppt haben. Hier hatte man sie dann mit zynischerLust gequält. Es waren wohl die bösartigen Verwandten der Hunnen, die Kutriguren, mit ihrem ausgesprochenen Sinn für das Theatralische gewesen.
    Einige der Kaufleute stöhnten noch auf ihren Pfählen. Chanat stieg ab, zog sein Messer und setzte ihrem Leiden ein Ende. Er wischte die Klinge an einem der blauen Seidengewänder sauber und saß mit angewiderter Miene wieder auf. Bei den Hunnen war die Pfählung eine seltene Bestrafungsart, aufgehoben für die schwerwiegendsten Verbrechen wie etwa die Vergewaltigung der Frau oder Tochter des Königs, niederträchtigen Verrat oder die Schändung eines Gräberfeldes. Die Kutriguren hingegen pfählten Menschen zum bloßen Zeitvertreib, aus einer Laune heraus. Sie waren die Schakale unter den Menschen und, wie alle grausamen Menschen, dazu auch noch feige. Das Wolfsvolk.
    Chanat beugte sich von seinem Pferd herunter und spie aus. «Der Tod soll sie holen.»
    «Die Menschen handeln, wie sie nun einmal handeln», sagte Attila. «Es sind nicht die Götter, die sie daran hindern.»
    Die Reihe gepfählter Kaufleute führte sie tiefer in das ungewisse Licht des Ölrauchs, ihre Pferde wieherten vor Angst, ihre Lungen schmerzten. Manchmal glaubten sie dunkle Schatten durch den Nebel um sie herum und hinter ihnen sich bewegen zu sehen. Aber sie sagten nichts, weil sie ihre Furcht nicht mit Worten nähren wollten. Sie versetzten noch einigen weiteren Männern den Gnadenstoß, die im Nebel hingen und einen langsamen Tod starben.
    Die Kutriguren hatten sie mit großer Fertigkeit gepfählt. Zuerst hatten sie die Hölzer geschärft, bis sie eine perfekte Spitze besaßen, und sie dann mit Tierfett beschmiert. Danach hatten sie sich Zeit genommen, die Spitze des Stabesin jeden einzelnen Gefangenen, während er im Sand kauerte, so hineinzusenken, dass er nicht getötet würde. Die Spitze drang langsam und über einige Zeit hinweg ein, drückte die Eingeweide, die Leber und die Milz, Gedärme und Magen und Lungen beiseite, während sie sich vorarbeitete. Dann fügten die Folterer ihrem Opfer einen tiefen Schnitt an der Schulter zu, sodass der eingefettete Pfahl aus dem Körper wieder hinausgleiten konnte. Sie banden die Füße ihres Gefangenen an den Pfahl und die Arme hinter seinem Rücken zusammen, so konnte er nicht ganz hinabrutschen. Erst dann pflanzten sie den Pfahl aufrecht in den Boden. Dort hing der elend Gemarterte zwei oder drei Tage bis zu seinem ersehnten Tod.
    Ein Stück weiter gelangten sie zu stärkeren Pfählen, auf denen die abgetrennten Köpfe der Kamele aufgespießt waren, die Nackenhaut hing in roten Fetzen und noch tropfend herab. Die Kutriguren verabscheuten Kamele. Die Pferde hatten sie mit sich genommen, wie auch den ganzen Plunder.
    Als Attilas Männer das rauchgeschwängerte, zwielichtige Tal verließen und über das Buschland ritten, galoppierten einige von ihnen wie im Wahnsinn drauflos, um ihre Unreinheit und ihren Abscheu abzuschütteln. Dann zügelten sie ihre Pferde plötzlich abrupt und blickten nach vorn.
    Auf einer niedrigen Anhöhe im Nordosten, die mit staubigen Macchiagewächsen überzogen war, saßen zwei Männer vom Stamm der Kutriguren auf ihren Kleinpferden. Die Speere hielten sie drohend über ihren Köpfen. Dann wendeten sie ihre Pferde und verschwanden über den Rücken der Anhöhe.
    Attila versetzte

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