Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der schwarze Krieger

Der schwarze Krieger

Titel: Der schwarze Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Napier
Vom Netzwerk:
allerdings, weil sie so sehr von Liebe erfüllt waren und weil das, was sie liebten, vergehen musste. Alle Dinge vergehen und hören auf, und nichts vergeht so schnell wie das Leben eines glücklichen Menschen.
    Sie jagten Saigaantilopen über die grenzenlosen Steppen, gewaltige Herden dieser seltsamen, trompetenmäuligen Tiere, die schneller trabten, als ein Mann rennen konnte, und die in einer Stunde vierzig oder fünfzig Meilen hinter sich brachten. Die Köpfe tief gesenkt, atmeten sie die Steppenluft durch ihre lange röhrenförmige Schnauze ein, ob sie nun eiskalt oder heiß und staubig war.
    Als sie einen niedrigen Hügel entlangritten, blieb eine einzelne Antilope stehen und fasste sie ins Auge. Sie hatte ihre Mäntel hinter ihnen im Wind flattern sehen und nahm nun Witterung auf. Ihre großen braunen Augen wirkten neugierig, aber furchtlos. Dann machte sie auf einmal einen Satz und reihte sich wieder in die Herde ein. Die riesige Herde und die kleine Gruppe von Kriegern setzten gleichzeitig zum Galopp an, und die Pferde schossen den Hügel hinunter und jagten über die herbstliche, sandfarbene Ebene dahin.
    Selbstverständlich hatte Attila schon lange zuvor einige Männer, Geukchus Einheit, ein weites Stück vorausgeschickt,um der in Panik versetzten Herde aufzulauern. Jetzt schossen sie mit Freudengeheul aus ihrem Versteck im hohen Gras, ritten parallel neben der gewaltigen, angsterfüllten Herde her und begannen mit dem Töten. Die Saiga rannten schneller als die Pferde, doch die Jäger ritten dichtauf, sodass die fliehenden Tiere ihre Beine streiften, dann beugten sich die Krieger weit aus den Sätteln und schossen direkt auf Nacken und Widerrist hinab. Die Pfeile drangen tief in ihre Herzen ein. Sterbend taumelten die Antilopen in den Staub, ihre Vorderläufe spreizten sich und knickten unter dem toten Gewicht weg. Weitere, von hinten kommende Tiere stießen mit ihnen zusammen. Manchen gelang es, aufzuspringen und sich der Herde wieder anzuschließen, zuweilen aber stolperten sie und überschlugen sich in voller Geschwindigkeit in der Luft, landeten dann krachend im Staub, um benommen liegen zu bleiben, wo ihre Artgenossen über sie hinwegtrampelten oder die Reiter sie rasch töteten.
    Die Reiter selbst wurden in dieser wilden Hatz ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen, doch jeder Augenblick, in dem sie Schmerzen litten, war für sie Teil des herrlichen Spiels. Ihre Herzen pochten so rasend, dass sie keine Schmerzen spürten, und sie wetteiferten miteinander in absichtslosem Heldenmut. Ein halbwüchsiger Krieger – nackt bis zur Hüfte, den Griff seiner
chekan
, seiner Spitzaxt, zwischen die gebleckten Zähne geklemmt – sprang von seinem Pferd und stürzte sich längs auf den Rücken eines ausgewachsenen Antilopenbullen. Dabei bekam er die Hörner des Tieres zu fassen, schöne bernsteinfarbene, wie eine Leier geschwungene Hörner mit tiefen Rillen und, wie er später an der Feuerstelle prahlte, «ganz einfach festzuhalten». Dann warf sich der Junge zur Seite und rang den brüllenden Saigabullen zu Boden, obwohler sich dabei Haut und Fleisch von einem Arm und einem Bein aufschürfte. Er krabbelte unter dem Tier hervor, nahm die
chekan
in die Hand und ließ die lange gebogene Spitze in einem einzigen Schwung in den Schädel des Saigabullen eindringen. Als er sich aus dem Staub erhob, grinste der Junge über beide Ohren. Die Antilope sank zu seinen Füßen wie ein nasser Sack zusammen, während er ihren Kopf an einem gewundenen Horn in die Höhe hielt und voller Siegesfreude lachte. Wüstensand, vermischt mit seinem eigenen Blut und dem stinkenden Urin der Antilope, bedeckte seine rechte Seite von der Schulter bis zum Schienbein, wo das niedergestreckte Tier ihn eine Weile über den rauen Erdboden geschleift hatte, während er sich an seinem wutverzerrten, störrischen Kopf festgeklammert hatte.
    Andere Krieger waren am Ende genauso mit Staub und Blut bedeckt oder von Blutergüssen gezeichnet, die ihnen der harte Boden oder umherstiebende Hufe zugefügt hatten. Mit grölendem Lachen, die Zähne weiß aufblitzend voll wilder Freude, saßen sie ab und suchten zu Fuß weiter, um jede verwundete Saiga mit ihren langen Messern zu töten, genau wie verwundete Feinde auf dem Schlachtfeld. Die Herde war längst in einer großen rostbraunen Staubwolke am Horizont verschwunden. Der Rest des Kriegstrupps stieß zu ihnen, und man klopfte sich auf die Schulter und verspottete sich übermütig. Wie wenig sie erlegt

Weitere Kostenlose Bücher