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Der schwarze Mustang. Erzählungen, Aufsätze und offene Briefe

Der schwarze Mustang. Erzählungen, Aufsätze und offene Briefe

Titel: Der schwarze Mustang. Erzählungen, Aufsätze und offene Briefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sogar grundfalsch sein soll, was nich mit der höheren Temperatur der Wissenschaften schtimmt! Hat die Menschheet je so etwas impertinent Kunterbuntes zu hören bekommen! Mich natürlich kann so een unorthographischer Zweifel an meiner unwiderleglichen Kapillarität nich im geringsten aus meiner olymphatischen Ruhe bringen, und so frage ich Sie denn in der sanftesten
H moll
-Tonart meiner bakteriologischen Schtimme: Inwiefern is denn das, was ich gesagt habe, falsch gewesen, he?«
    »Es muß heißen: ›
Hannibal ad portas.
‹«
    »So? Inwiefern denn wohl?«
    »Hannibal ist vor den Thoren! Das war damals der Schreckensruf der Römer.«
    »I, wie Sie das nur so hübsch sagen können! Wer hat Ihnen denn diesen Blödsinn weisgemacht?«
    »Von Weismachen kann keine Rede sein. Wir haben das in der Geschichtsstunde gehört.«
    »Ach so! Und wer war denn eigentlich der gute Mann, der Ihnen solche Geschichten erzählt hat?«
    »Unser Geschichtslehrer natürlich.«
    »Also een Deutscher wohl, aus Plauen im Voigtlande, een Angehöriger des neunzehnten Säkulariums?«
    »Selbstverständlich!«
    »Dieser geistreiche Lehrer der Weltgeschichte is also keen alter Römer gewesen?«
    »Nein.«
    »Na, da hat man’s ja, da hört man’s ja! So een Gimpel, dem noch die grünen Walnußschalen der neuesten Jahrzehnte hinter den Ohren hängen, will wissen, wie die alten Römer gesprochen haben!
Portas!
Das is ja gar keen römisch-irisches Wort, sondern jeder nur ganz sachte angebildete Mensch weeß, daß es anschtatt
Portas Portière
heeßen muß, und welchem alten Römer könnte es wohl eingefallen sein, zu rufen, daß Hannibal an der Portiere hänge! So eenen Unsinn hat sich niemals keen Römer nich zu Schulden kommen lassen. Als Peter der Große seinen Admiral Hannibal gegen die Römer ausgerüstet hatte, dampfte dieser schleunigst um das Kap der guten Hoffnung herum, überschtieg mitten im Winter das Kjölengebirge, wobei seine Kamele die Kanonen schleppen mußten, schlug zunächst bei Ligny die Scharen der Thessalonicher und Kolosser und hatte dann das ganze römische Reich zu seinen Füßen liegen. Zwar schickte ihm der Kaiser Herodot den Reitergeneral Holofernes entgegen, doch wurde dieser nicht weit vom Schipkapaß so in die Pfanne gehauen, daß er vor Todesangst die sizilianische Vesper singen ließ und in der nächsten Bartholomäusnacht an seinen Wunden schtarb. Nu gab es für die Römer nur een eenziges Mittel, sich zu retten: sie mußten dafür sorgen, daß dem Hannibal für seine Truppen die Nahrungsmittel fehlten. Sie brannten also Moskau hinter sich ab, verwüsteten die pontinischen Sümpfe und blieben dann beim Berge Ararat halten, um die Folgen der Zerschtörung abzuwarten. Aber sie mußten nur zu bald erkennen, daß sie sich in Hannibal verrechnet hatten. Er war nämlich so pfiffig gewesen, ooch für diesen Fall zu sorgen und hatte eene solche Menge von Proviant mitgenommen, daß an eene Hungersnot gar nich zu denken war. In Anbetracht der winterlichen Kälte hatte er sogar seinem Generalquartiermeister Phidias den Befehl erteilt, transportable Häuser aus Wellenblech und amerikanische Oefen mitzunehmen; die wurden offgeschlagen und teils als Wohn-, teils Wirtshäuser und Restaurationen eingerichtet. Das Heer des Hannibal lebte da herrlich und in Freuden; die Römer aber, als sie das hörten, sahen ein, daß sie verloren waren, und riefen erschrocken aus: ›Hannibal hat Boardinghäuser!‹ Denn daß dieses
ad
das germanische
hat
sein soll, das sieht jeder Deutsche ein, wenn er nich gerade off den sorbenwendischen Namen Timpe getooft worden is. So, jetzt wissen Sie, woran Sie sind, Herr Kasimir Obadja Timpe junior! Und wenn ich ja ‘mal schterben sollte, sorgen Sie gefälligst dafür, daß ich nich etwa neben Ihrem seligen Professor der Geschichte begraben werde, denn zu dem langte ich hinüber und schüttelte ihn so lange bei den Ohren, bis er zu der Erkenntnis käme, daß Portieren noch lange keine Boardinghäuser sind!«
    Frank hatte in seinem komischen Eifer so schnell gesprochen, daß er tief Atem holen mußte. Kas und Has sahen einander ganz verwundert an; sie wußten nicht, was sie sagen und ob sie lachen oder weinen sollten; glücklicherweise aber bemerkten sie noch zur rechten Zeit die energische Geste der Tante Droll, welche ihnen Schweigen gebot, und sie brachten es fertig. Dies beruhigte den kleinen Eiferer einigermaßen, und er fuhr in gemäßigterem Tone fort:
    »Ich dachte, ihr würdet es abermals

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