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Der schwarze Obelisk. Geschichte einer verspäteten Jugend

Der schwarze Obelisk. Geschichte einer verspäteten Jugend

Titel: Der schwarze Obelisk. Geschichte einer verspäteten Jugend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
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Boden. Willy will ihn aufeben, wird dabei aber umgerannt. «Schnapp den Knüppel, Köhler!» rufe ich. Köhler stürzt sich in das Durcheinander am Boden, wo Willy im hellgrauen Anzug kämpf.
      Unsere Schlachtordnung ist durchbrochen. Ich bekomme einen Stoß und fliege gegen das Schaufenster, daß es klirrt. Zum Glück bleibt es heil. Fenster öffnen sich über uns. Hinter uns, aus der Tiefe der Schaufenster, starren uns die elegant gekleideten Holzpuppen Max Kleins an. Sie tragen unbeweglich die neuesten Wintermoden und stehen da wie eine sonderbare, stumme Version der Weiber der alten Germanen, die von ihren Wagenburgen die Kämpfer anfeuerten.
      Ein großer Bursche mit Pickeln hat mich an der Kehle. Er riecht nach Hering und Bier, und sein Kopf ist mir so nahe, als wollte er mich küssen. Mein linker Arm ist lahm von dem Schlag mit dem Knüppel. Mit dem rechten Daumen versuche ich, ihm ins Auge zu stoßen, aber er verhindert das, indem er seinen Kopf fest gegen meine Backe preßt, als wären wir zwei widernatürlich Verliebte. Da ich auch nicht treten kann, weil er zu dicht an mir steht, hat er mich ziemlich hilflos. Gerade als ich mich, ohne Luf, mit letzter Kraf nach unten fallen lassen will, sehe ich etwas, was mir bereits wie eine Illusion meiner schwindenden Sinne erscheint: eine blühende Geranie wächst plötzlich aus dem pickeligen Schädel, wie aus einem speziell potenten Misthaufen, gleichzeitig zeigen die Augen einen Ausdruck milder Überraschung, der Griff an meiner Kehle lockert sich, Topfscherben purzeln um uns herum, ich tauche, komme los, schieße wieder hoch und spüre ein scharfes Knacken – ich habe sein Kinn mit dem Schädel von unten erwischt, und er geht langsam in die Knie. Seltsamerweise haben die Wurzeln der Geranie, die von oben auf uns herabgeschleudert worden ist, den Kopf so fest umrahmt, daß der pickelige Germane mit der Blume auf dem Haupt in die Knie sinkt. Er wirkt so wie ein lieblicherer Nachkomme seiner Vorfahren, die Ochsenhörner als Kopfzier trugen. Auf seiner Schulter ruhen, wie Reste des zerschlagenen Helms, zwei grüne Majolikascherben.
      Es war ein großer Topf; aber der Schädel des Patrioten scheint aus Eisen zu sein. Ich fühle, wie er, auf den Knien noch, versucht, mir mein Geschlecht zu beschädigen, und ich ergreife die Geranie samt Wurzeln und daran klebender Erde und schlage ihm die Erde in die Augen. Er läßt los, reibt sich die Augen, und da ich ihm so mit den Fäusten nichts tun kann, gebe ich ihm den Schlag ins Geschlecht mit dem Fuß zurück. Er knickt zusammen und fährt mit den Pfoten nach unten, um sich zu schützen. Ich haue ihm das sandige Wurzelgeflecht zum zweitenmal in die Augen und erwarte, daß er die Hände wieder hochbringt, um das Ganze noch einmal zu wiederholen. Er aber geht mit dem Kopf herunter, als wolle er eine orientalische Verbeugung machen, und im nächsten Augenblick dröhnt alles um mich herum. Ich habe nicht aufgepaßt und von der Seite einen mächtigen Hieb erhalten. Langsam rutsche ich am Schaufenster entlang. Riesengroß und teilnahmslos starrt eine Puppe mit gemalten Augen und einem Biberpelz mich an.
      «Durchschlagen zur Pißbude!» höre ich Georgs Stimme. Er hat recht. Wir brauchen eine bessere Rückendeckung. Aber er hat gut reden; wir sind eingekeilt. Der Gegner hat von irgendwoher Verstärkung bekommen, und es sieht aus, als würden wir mit zerschnittenen Köpfen zwischen Max Kleins Mannequins landen.
      In diesem Augenblick sehe ich Hermann Lotz am Boden knien. «Hilf mir den Ärmel ausziehen!» keucht er.
      Ich greife zu und streife den linken Ärmel seines Jacketts hoch. Der blinkende künstliche Arm wird frei. Es ist ein Nickelgerüst, an dem unten eine stählerne künstliche Hand in einem schwarzen Handschuh befestigt ist. Hermann hat danach den Beinamen «Götz von Berlichingen mit der eisernen Faust» bekommen. Rasch löst er den Arm von der Schulter ab, ergreif dann mit der natürlichen Hand seine künstliche und richtet sich auf. «Bahn frei! Götz kommt!» rufe ich von unten. Georg und Willy machen rasch Platz, so daß Hermann durch kann. Er schwingt seinen künstlichen Arm wie einen Dreschflegel um sich und erreicht mit dem ersten Schlag einen der Anführer. Die Angreifer weichen einen Augenblick zurück. Hermann springt unter sie, dreht sich im Kreise, den künstlichen Arm weit ausgestreckt. Gleich darauf wirbelt er den Arm herum, so daß er ihn jetzt am Schulterstück festhält und mit der

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