Der Schwarze Orden
nach unten und erschieß ihn. Was ist eigentlich los mit dir?«
Tina wich entsetzt vor ihm zurück und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Badezimmertür. Sie war einem hysterischen Anfall nahe. Aus ihrer Miene sprachen Angst und Wut.
»Bist du vollkommen verrückt geworden? Im Hotel wimmelt es von Personal und Gästen. Wie sollte ich da entkommen? Selbst wenn es mir gelingt, ihn zu erschießen?
Ist dir nicht klar, daß auch du mit reingezogen würdest? Die Polizei würde jeden Hotelgast verhören. Sieh dir meine Hand an. Sie zittert. Ich könnte unmöglich zielen, geschweige denn abdrücken. Du machst doch auch sonst einen weiten Bogen um die Orte, an denen ein Anschlag verübt wird.«
Hassans Stimmung schlug um. Das kannte sie bereits. Einen Moment tobte er vor Wut, dann war er plötzlich ganz ruhig und gelassen. Er lächelte sie an, dann grinste er.
»Das Ganze war nur ein Scherz.«
»Ein Scherz?« Ihr unverschämtes Wesen verschaffte sich wieder Geltung. »Eines steht fest. Als Komiker wärst du ein glatter Reinfall.«
»Findest du mich komisch?« fragte er ungehalten.
»Manchmal schon. Hassan…«
»Ashley.«
»Okay. Ashley, du hast viele Talente. Du hast eine ungeheuer starke Persönlichkeit.«
Sie lächelte verführerisch. »Deshalb bist du, was du bist. Ein großer Mann.«
»Das will ich doch hoffen. Aber jetzt wieder zur Sache. Du mußt die Munition herausnehmen, dann die Waffe und die Kugeln loswerden.«
»Soll ich sie in den Abfall werfen?« fragte sie mit gespielter Harmlosigkeit. Sie wußte, jetzt war wieder sie am Drücker.
»Das Hotel liegt mitten im Wald. Mach einen Spaziergang. Versteck alles unter einem Busch. Aber sieh zu, daß du das Zeug los wirst.«
»Danke. Ich tue, was ich kann.«
»Tweed war hier«, fuhr er ernst fort. »In Zürich sind wir nicht mehr sicher. Es ist höchste Zeit, daß du die Stadt verläßt.«
»Ich kann es gar nicht erwarten, von hier wegzukommen. Und du hast mir meine beste Unterwäsche ruiniert. So was kostet eine Menge Geld.«
Sie begann die Sachen aufzuheben, die er auf den Boden geworfen hatte. Nachdem sie sie ordentlich zusammengefaltet hatte, legte sie sie in die Schublade zurück. Während er sie dabei beobachtete, merkte er, wie ihm der Schweiß in die Augen lief. Er zog ein großes besticktes Seidentaschentuch aus der Tasche und wischte sich die Stirn.
»Du meinst, es wäre höchste Zeit, daß ich aus Zürich abreise?«
»Ich finde, du solltest so schnell wie möglich verschwinden. Am besten noch heute. Ja, noch heute. Ich buche dir einen Platz in der nächsten Maschine.«
»Wohin?«
»Nach Wien. Ich schicke dir einen Wagen mit Fahrer zum Flughafen. Und im Sacher ist ein Zimmer für dich reserviert.«
»Nach Wien?« Sie schien nervös. »Dort ist Norbert Engel gestorben…«
»Dort hast du ihn umgebracht«, sagte Hassan schonungslos. »Du wirst nicht lange in Wien bleiben. Wir werden dich an einen sichereren Ort bringen. Und jetzt mach dich schon ans Packen. Ich melde mich in Kürze wieder.«
»Das war einer der packendsten Momente in meinem Leben«, sagte Paula zu Tweed, als sie die Rückfahrt vom Dolder Grand nach Zürich antraten. »Wie Sie diesen Mann angesehen haben. Er bekam es richtig mit der Angst zu tun.«
»Dieser Mann«, entgegnete Tweed bedächtig, »ist der Feind. Ich habe ihn anhand der Fotos aus unseren Akten wiedererkannt. Sein Name ist Hassan. Er ist der älteste Sohn des Staatsoberhaupts einer der gefährlichsten Mächte auf der Welt.«
»Sie haben gesagt »immer weiter nach Osten‹«, schaltete sich an dieser Stelle Newman in das Gespräch ein. »Sogar zweimal. Was haben Sie damit gemeint?«
»Eine doppelte Falle. Ich glaube, ich habe ihn dadurch so weit aus der Fassung gebracht, daß er Zürich verläßt und sich in Richtung Osten zurückzieht. Genau das war nämlich auch meine Absicht. Er weiß, ich werde ihm folgen, und deshalb wird er bei genauerer Überlegung zu der Ansicht gelangen, er könnte mich vielleicht in
seine
Falle locken. Im Osten fühlt er sich zu Hause, dort stehen ihm weiß Gott wie viele Männer zur Verfügung, die auf ein einziges Wort von ihm jeden töten, der ihnen in die Quere kommt. Außerdem dürfte er nervös werden, wenn sich Tina Langley im selben Hotel aufhält wie er. Ich nehme an, er wird sie ebenfalls in Richtung Osten schicken.
Wenn wir im Polizeipräsidium ankommen…«
»Jetzt weiß ich wenigstens, wohin ich fahren soll«, bemerkte Marler sarkastisch.
»Ich wollte es Ihnen
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