Der Schwarze Orden
vielleicht an. Immerhin hat sie schon mehrere Männer erledigt – dienstlich, versteht sich. Sie kann hervorragend mit Schußwaffen umgehen. Und…«
»Wie heißt die Person, die diesen Auftrag übernehmen könnte?«
»Paula Grey…«
Am Morgen war Tweed sehr beschäftigt. Deshalb hatte er darum gebeten, nicht gestört zu werden. Der Anruf Becks kam ihm ungelegen.
»Wenn meine Stimme heiser ist, Tweed, dann deswegen, weil ich die ganze Nacht auf war und mit meinen Leuten den See im Umkreis des Ermitage nach Toten abgesucht habe.«
»Und? Haben Sie etwas gefunden?«
»Wesentlich mehr, als ich mir erhofft hatte. War allerdings nichts für schwache Gemüter. Wir haben die Monceau-Bande stückchenweise aus dem See gefischt. Ein Bein hier, ein Fuß da und dazu ein paar kopflose Rümpfe.«
»Sie waren also, nehme ich mal an, nicht in der Lage, alle Toten zu identifizieren.«
»O doch. Zwei waren relativ unversehrt. Und nach langem Suchen gelang es uns schließlich, mit unseren Netzen vier Köpfe aus dem Wasser zu fischen. Sechs Mitglieder der Monceau-Bande wurden erledigt – der Frage, von wem, möchte ich hier lieber mal nicht weiter nachgehen.« Beck hielt inne, und Tweed war klar, daß sein Schweizer Kollege wußte, wer dahinter steckte. »Aber von Jules Monceau konnten wir keine Spur finden. Haben wir aber auch nicht erwartet.«
»Warum nicht?«
»Überlegen Sie doch mal. Er dürfte die Operation aus sicherer Entfernung beobachtet haben, vermutlich in der Hoffnung, Zeuge Ihrer Ermordung zu werden.«
»Sie glauben also, er ist noch am Leben?«
»Allerdings. Höchstwahrscheinlich wird er nun versuchen, Sie persönlich zu erledigen.
Vergessen Sie nicht, er ist ein wahrer Meister der Verkleidung. Er arbeitet nicht mit so plumpen Tricks wie falschen Perücken oder angeklebten Schnurrbärten. Die Pariser Polizei nennt ihn nicht umsonst das Chamäleon. Er versteht es hervorragend, sich seiner Umgebung anzupassen, eine völlig andere Persönlichkeit anzunehmen. Ein bißchen wie Dr. Jekyll und Mr. Hyde. Außer daß er immer Mr. Hyde ist.«
»Wollen Sie mir etwa angst machen, Arthur?« fragte Tweed scherzhaft.
»Sie haben echt Nerven, Tweed.« Beck hörte sich verärgert an. »Das ist mein voller Ernst. Sie unterschätzen diesen Mann. Die französische Polizei ist schon seit Jahren hinter ihm her – und hat ihn kein einziges Mal zu fassen bekommen.«
»Ich weiß Ihre Sorge um meine Sicherheit durchaus zu schätzen.«
»Dann geben Sie um Himmels willen auch auf sich acht.«
»Eigentlich sollten Sie mich inzwischen gut genug kennen, um zu wissen, daß ich nie einen Feind unterschätze. Außerdem weiß ich, daß das Ganze für Monceau rein persönlich ist. Nur deswegen hat er sich bereit erklärt, dem Orden zu helfen.«
»Themawechsel. Karin Berg hat sich bisher vollkommen still verhalten. Verkriecht sich immer noch in ihrer Wohnung. Wenn sie einen Flug bucht, erfahre ich es umgehend.
Ich habe gute Freunde in der Flughafenleitung.«
»Ich lasse sie durch zwei meiner Männer observieren.«
»Ich würde sie zu gern verhören.«
»Lassen Sie das bitte unbedingt bleiben«, erklärte Tweed rasch. »Möglicherweise ist sie der einzige Anhaltspunkt, der uns zur Operationsbasis dieser abscheulichen Organisation führen könnte.«
»Wie Sie meinen«, seufzte Beck. »Manchmal frage ich mich wirklich, wer hier Polizeichef ist. Passen Sie gut auf sich auf…« Er hängte auf, bevor Tweed etwas erwidern konnte.
Der geheimnisvolle Anruf wurde am Vormittag zu Paula durchgestellt. Als sie in der Annahme, es sei Tweed, abhob, meldete sich eine kultivierte englische Stimme.
»Spreche ich mit Miss Paula Grey?«
»Ja. Wer ist da bitte?«
»Mein Name ist Ashley Wingfield. Sie sind mir von einem gemeinsamen Bekannten empfohlen worden, der allerdings anonym bleiben möchte.«
»Ein gemeinsamer Bekannter? Charles Dickens?«
»Ich sagte Ihnen doch, ich darf seinen Namen nicht nennen.«
Das war der Punkt, an dem Paula argwöhnisch wurde. Sie erwartete zwar nicht von jedem gebildeten Engländer, daß er ein Buch des bekannten Schriftstellers gelesen hatte – aber sie erwartete, daß er zumindest von ihm gehört hatte. Deshalb achtete sie im weiteren Verlauf des Gesprächs genauer darauf, ob der Anrufer einen Akzent hatte.
»Was ist der Zweck Ihres Anrufs?« fragte sie scharf.
»Zweihunderttausend Dollar. Für Sie.«
»Und wie kann ich sie mir verdienen?«
Sie war geistesgegenwärtig genug gewesen, sich von dem Betrag
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