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Der Schwarze Phoenix

Titel: Der Schwarze Phoenix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Becker
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die Treppe hinauf. Jonathan atmete tief durch und folgte ihm unauffällig.Während des Aufstiegs wurden die Spieler unter ihnen immer kleiner und kleiner und ihre Schreie und Rufe verhallten. Jonathan beschleunigte seine Schritte, um den Hochstapler einzuholen. Es hatte keinen Sinn mehr, sich zu verstecken. Als Jonathan sich ihm näherte, hörte er, wie Bracket eine fröhliche Melodie vor sich hin summte. Im Gegensatz zu Jonathan wusste er nicht, dass an diesem Abend einer der »Absturz«-Spieler auf ihn wartete. Lorcan Bracket marschierte direkt in eine Falle.
    Als die beiden das Ende der Treppe erreicht hatten, fiel Brackets Blick auf Jonathan. Beim Anblick seiner blutverschmierten Kleidung hob er eine Augenbraue.
    »Das ist ein Spiel für Männer, mein Junge. An deiner Stelle würde ich verschwinden.«
    »Ich werde mein Glück versuchen«, entgegnete Jonathan.
    »Wenn du mir in die Quere kommst, bist du der Erste, der abstürzt. Erwarte kein Mitleid von mir.«
    Während Bracket sprach, schob sich die Plattform in ihr Blickfeld. Der Motor ratterte dampfend an der Schiene entlang. Die Plattform verlangsamte die Fahrt, als sie die Treppe passierte, und gab Bracket und Jonathan somit die Möglichkeit aufzuspringen. Die Stahlseile zitterten leicht und federten das zusätzliche Gewicht der beiden neuen Mitspieler ab.
    Der Höhe der Münzstapel auf dem Spieltisch nach zu urteilen, war diese Partie ›Absturz‹ schon ziemlich weit fortgeschritten. Hinter einer Wand aus dickem Zigarrenqualm konnte Jonathan eine heruntergekommeneGestalt am anderen Ende des Tisches erkennen, die sich gedankenverloren mit ihren langen Krallen die Wange kratzte, während sie ihre Karten sortierte. Ein verbeulter und tief in die Stirn gezogener Zylinder wies Narben von unzähligen Kämpfen auf. Das Gesicht war unrasiert und von tiefen Furchen durchzogen, die Gestalt schien angestrengt nachzudenken. Die anderen drei Spieler drängten sich auf der gegenüberliegenden Seite des Tisches zusammen und beobachteten die heruntergekommene Gestalt ängstlich. Nach einer langen Pause räusperte sich der Kartengeber zaghaft.
    »Sie sind dran«, erklärte er vorsichtig.
    Elias Carnegie, Privatdetektiv, Wermensch und Jonathans Verbündeter, gähnte.
    »Dies ist die entscheidende Phase des Spiels, Jak, und ich lasse mich ungern drängen. Wenn du also nicht so enden möchtest wie Wilson vor einer halben Stunde, dann würde ich mir an deiner Stelle ein bisschen mehr Zeit geben. Sie sind immer noch damit beschäftigt, ihn vom Boden abzukratzen.«
    Der Wermensch grinste Furcht einflößend, als sein Blick auf den neuen Mitspieler fiel, der verkrampft am Tisch Platz genommen hatte.
    »Sieh an, sieh an! Lorcan Bracket! Ich hatte das Gefühl, dass ich dich heute Abend vielleicht treffen würde.«
    Der Hochstapler nickte anerkennend.
    »Es ist schließlich kein Geheimnis, dass dies eines meiner Lieblingsspiele ist.«
    »Trotzdem …«, erwiderte Carnegie und beugte sich vertraulich vor, »… handelt es sich um eine glücklicheFügung, denn ich muss etwas mit dir besprechen.«
    »Tatsächlich?«
    »Tatsächlich hast du vor Kurzem etwas an dich genommen, was nicht dir gehört, und der Besitzer hat mich gebeten, es wiederzubeschaffen. Und jetzt bist du hier, ganz alleine, ohne eine Fluchtmöglichkeit! Man könnte es einen Zufall nennen, aber an so etwas glaube ich nicht.«
    Ein höhnisches Lächeln huschte über Brackets Gesicht.
    »Ich auch nicht, Wolfsmensch. Ich habe gehört, dass du nach mir suchst, und dachte mir, dass es das Beste wäre, wenn ich mich hier oben deiner annehme.«
    Er nickte den anderen drei Spielern zu, deren nervöser Gesichtsausdruck plötzlich verschwand. Sie standen gleichzeitig auf und zogen Knüppel aus ihren Gürteln. Bracket drückte einen Knopf an seinem Spazierstock und eine scharfe Klinge schnellte aus der Spitze hervor. Ahnend, dass es Ärger geben würde, ließ der Kartengeber seine Karten fallen und tauchte unter dem Tisch ab. Jonathan schnappte nach Luft. Es schien so, als seien sie nicht die Einzigen gewesen, die eine Falle gestellt hatten.
    Die Männer näherten sich Carnegie und der Detektiv senkte den Kopf. Ein tiefes Knurren ertönte. Jonathan machte ängstlich einen Schritt zurück: Er wusste, was nun geschehen würde. Nun war jeder auf der Plattform in großer Gefahr, er selbst mit eingeschlossen. Carnegies gesamter Körper zuckte wild, und erballte seine Fäuste so fest, dass das Blut aus den Knöcheln wich. Selbst unter

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