Der schwarze Prinz
geworden, die zu zeigen er sich nicht scheute ... anders als sein Sohn. Hagen empfand mehr als nur Freundlichkeit für sie, dessen war Svenya sich sicher. Aber er, noch mehr den alten Traditionen verbunden als schon seine Tochter Yrr, hielt seine förmliche Distanz ihr gegenüber aufrecht.
»Es ist höchste Zeit«, empfing der General sie mit unwirschem
Ton - der Blick seines einen verbliebenen Auges hart, die Stirn darüber vor Ungeduld gerunzelt.
»Was gibt es so Dringendes?«, fragte sie, ohne auf seinen Vorwurf einzugehen. »Ich will duschen und dann ins Bett.«
»Das wird warten müssen«, entgegnete Hagen. »Du musst sofort nach dieser Lagebesprechung los.«
»Das kannst du knicken«, antwortete sie. »Ich komme gerade erst...«
»Kind«, unterbrach Alberich sie mit sanfter Stimme. »Es ist wirklich dringend. Äußerst dringend.«
Svenya konnte sich nicht helfen - jedes Mal, wenn der König sie Kind nannte, wurde sie ganz weich. Niemand sonst hatte sie je Kind genannt. Sie kannte weder ihren Vater noch ihre Mutter. Unwillkürlich lächelte sie und sagte: »In Ordnung. Ich höre.«
Der König machte eine kleine Geste mit der rechten Hand und in der Luft vor ihnen erschien das dreidimensionale Abbild eines aufrecht schwebenden Schwertes. Wie ein Hologramm, nur eben magisch. Es war ein gewaltiges Schwert - etwa anderthalb mal so lang wie Skalliklyfja oder Sal’Simlir und mit einer geraden Klinge anstelle einer geschwungenen, wie für Elbenklingen typisch. Es war zweischneidig geschliffen, und der Stahl glänzte bläulich schwarz im Wellenmuster der Falzungen. Die Parierstange war ebenfalls aus Stahl - ein einfacher, mit Runen verzierter Bogen, dessen Enden die Köpfe zweier Schwäne darstellten. Der Griff selbst sah aus wie ein schwerer, ledergeschnürter Schmiedehammer, mit dem Knauf als Hammerkopf - wie das Zeichen Thors.
»Das ist Mimung«, sagte Alberich. »Das Schwert meines Bruders Völund, auch weithin bekannt als Wieland der Schmied, und nach ihm das seines Sohnes Wittich.«
Svenya hörte eine tiefe Traurigkeit in der Stimme des Königs mitschwingen und wollte ihn gerade nach dem Schicksal seines Bruders und seines Neffen fragen, als Alberich rasch - so als wollte er der Frage ausweichen - ein zweites Schwert neben dem ersten erscheinen ließ. Es sah dem ersten sehr ähnlich, nur war es sehr viel schmuckvoller am Heft. Die Parierstange war aus Gold, gearbeitet in die Form zweier an der Basis zusammenstoßender Steinbockhörner, sodass sie ebenfalls wie ein Bogen aussah. Der Griff war anstatt mit Leder mit gedrehtem Silberdraht umwickelt und endete oben im goldenen Kopf eines Bären - mit kleinen Rubinen als Augen.
»Durendal«, sagte der König. »Ebenfalls geschmiedet von Völund für Hruotland oder Roland.«
Ein drittes Schwert erschien. Es war kürzer, aber dafür breiter als die ersten beiden. Es erinnerte Svenya an ein römisches Gladius -aber das Parierstück war mehr ein dicker Ring als eine zur Klinge hin offene Halbkugel. Der Ring war aus in Bronze gefasstes Elfenbein gefertigt und delikat mit einer Schlachtenszene beschnitzt. Das Heft war rundherum gewellt, um den Fingern besseren Halt zu geben, und endete in einer ebenfalls aus Elfenbein geschnitzten Scheibe, die wie eine Münze aussah - nur zehnmal so dick.
»Das ist Eckesachs«, erklärte Alberich, »das ich für Thidrek geschmiedet habe - für Dietrich von Bern. Und das hier...«
Es erschien ein viertes Schwert.
»... ist Gram, gefertigt von Odin selbst und neu geschmiedet von Regin für Sigurd, um Fafnir damit zu erschlagen.«
»Siegfried...«, sagte Svenya.
Der König neigte den Kopf hin und her. »Sigurd, Siegfried. Oft ist es schwer zu unterscheiden, welche Namen uns gehören und welche uns gegeben werden. Bin ich Alberich oder Andvari, Oberon oder...?« Er ließ den Satz unvollendet. »Manchmal weiß ich es selbst nicht mehr.«
Bezeichnenderweise war der Knauf dieses vierten Schwerts in Form eines goldenen Drachenkopfes und das Parierstück wie zwei ausgebreitete Schwingen gefertigt. Der Griff war mit purpurfarbenem Leder umwickelt. Die Klinge war fast die gleiche wie bei Mimung und Durendal.
Alberich ließ ein fünftes Schwert erscheinen. Eines, das sehr viel mehr wie eine Elbenklinge aussah. Es war schmal und geschwungen, auf einer Seite fast der ganzen Länge nach geschliffen, auf der Rückseite nur zu einem Drittel. Auch dieser Stahl war vielfach gefalzt und schimmerte wie blauschwarze Flammen. Der ganze Griff war
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