Der schwarze Thron - Reiter reiter3
wobei sie im wechselnden Licht abwechselnd ganz oder nur teilweise verblasste. Sie fragte sich, was sie antworten sollte, und beschloss dann, dass die geisterhafteste Antwort gar keine Antwort sein würde. Also stöhnte sie stattdessen. »Das Reich wird faaaaallen.
« Und sie verschwand im tiefsten, dunkelsten Schatten, den sie finden konnte.
»Du lügst!«, schrie der Mann mit dem Messer. Seine Stimme hallte den Korridor entlang. »Gare, das Buch!«
Als Gare sich nicht schnell genug bewegte, schubste der Messermann Iris aus dem Weg und griff nach dem Buch, das auf dem Boden lag.
Genau darauf hatte Karigan gewartet. Sie schleuderte Zepter und Krone fort, warf den Mantel ab und griff die Eindringlinge mit gezücktem Schwert an, wobei sie wie ein verrückt gewordener Geist kreischte.
Thursgad, dessen Kopf hinter König Smidhes Sarkophag hervorlugte, wurde ohnmächtig. Gare fiel der Unterkiefer herunter, und nur der Mann mit dem Messer besaß die Geistesgegenwart zu reagieren, indem er sein eigenes Schwert zog. Agemon packte Iris und rannte mit ihr die Galerie hinunter.
Gut , dachte Karigan. Nun musste sie nur noch sich selbst beschützen.
So angriffsbereit der Mann auch war, er wirkte dennoch verwirrt, und als ihre Schwerter gegeneinander schlugen, begriff Karigan, dass sie noch immer unsichtbar war. Sie ließ ab von ihrer Fähigkeit, damit dies ihr keine weitere Energie mehr entzog – schließlich konnte er sie im Licht sowieso sehen, auch wenn sie durchsichtig war, und sobald sie ihren Zweikampf begannen, bestand kein Zweifel mehr, dass sie ein solider, lebendiger Mensch und keineswegs ein Geist war.
Sie tänzelte fort, so dass Königin Aldesta sich zwischen ihr und den Männern befand, aber Gare sprang über den Deckel des Sarkophages hinweg, setzte sich rittlings auf das Abbild der Königin und hieb auf Karigan herunter. Sie wehrte den Hieb ab, aber er fühlte sich an wie ein Hammerschlag. Irgendwie gelang es ihr, das Schwert festzuhalten und es wie
eine Sichel gegen Gares Beine zu schwingen. Sein Schrei war entsetzlich, und er stürzte von dem Grab, wobei Blut über den weißen Marmor spritzte.
Der letzte Mann griff sie an, und die Hiebe, die sie tauschten, waren ohrenbetäubend. Schweiß brannte in Karigans Augen. Wenn sie nur durchhalten konnte. Wenn es ihr nur gelang, seine Abwehr zu durchdringen.
Aber als sie um den Sarkophag des Königs auswich, stolperte sie über den bewusstlosen Thursgad. Es gelang ihr, nicht hinzufallen, aber sie konnte den nächsten Hieb des Mannes nicht richtig abwehren. Er fuhr ihren Unterarm entlang, vom Ellbogen bis zum Handgelenk, und das Lederband schützte ihr Handgelenk nur teilweise, so dass die Klinge ihren Handrücken traf.
Karigans Schwert krachte zu Boden, und sie schrie auf, aber der Mann hielt nicht inne. Er wollte ihr den Todeshieb versetzen. Sie duckte sich gerade noch zur rechten Zeit und hörte, wie das Schwert über ihren Kopf hinweg summte.
Nun blieb ihr nichts anderes mehr übrig, als zu verblassen und wegzulaufen. Als sie dies tat, besaß sie gerade noch genügend Geistesgegenwart, das Buch mitzunehmen, bevor sie davonrannte.
Der Mann war ihr auf den Fersen. Sie suchte die Schatten, aber es gab nicht genügend, um sich zu verbergen. Sie stieß ihm eine Statue in den Weg und warf eine Urne nach ihm. Das verringerte seine Geschwindigkeit ein wenig. Sie hatte das Gefühl, durch Schlamm zu rennen.
Als sie die Kammer mit der Kuppeldecke erreichte, rannte sie blindlings eine andere Galerie hinab. Sie musste sich verstecken, und zwar schnell. Irgendwo, wo es dunkel war.
DIE SILBERNE KUGEL
Thursgad erwachte in Stille. Totenstille .
Als er sich aufsetzte, fiel ihm wieder ein, wo er war, und er schauderte. Das Letzte, woran er sich erinnern konnte, war ein wahnsinniger Geist, der ihn und seine Kameraden mit erhobenem Schwert gejagt hatte. Er spähte hinter der Ecke von König Smidhes Sarkophag hervor, um die Lage zu überprüfen, und schreckte mit einem erstickten Laut zurück. Gare lag da in einer Blutlache, bewegungslos. Hatte die rachsüchtige Erscheinung ihn getötet?
Thursgad fuhr sich übers Gesicht. Gare war tot, und Rol war nirgendwo zu sehen – er hatte ihn wohl an diesem elenden Ort im Stich gelassen. Oder vielleicht waren die Toten über die Entweihung ihrer Gräber aufgebracht, und Rol war gar nicht freiwillig weggegangen, sondern von den Geistern in irgendeine verfluchte Schattenwelt gebracht worden, wo er bis in alle Ewigkeit gefoltert werden
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