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Der Schwefelfluss

Der Schwefelfluss

Titel: Der Schwefelfluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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die schlecht sind. Seit Tagen bist du völlig verändert. Welcher Dämon ist dir begegnet?«
    »Bei Lavoux, ich will deine Visage nicht sehen.«
    »Schon gut.« Besänftigend streckte Armos beide Hände vor. »Aber gestehe ein, dass es die Sorge um Meister Duprel ist, die dir zu schaffen macht.«
    Klappernd fiel die Zange zu Boden. Aus weit aufgerissenen Augen starrte Dubrahin den anderen entgeistert an. »Woher weißt du...?«
    »Du bist so, seit Meister Duprel verschwand. Was weißt du, das du mir verschweigst?«
    »Ich?« murmelte Jules und starrte ins Feuer. »Nichts!«
    »Aqvitre soll mir beistehen!« rief Armos laut aus. »Du verschweigst mir allerhand. Hast du gar damit zu tun?«
    »Nein!«
    Glut fiel auf den Boden, als Dubrahin das Schwert aus der Esse riss und herumwirbelte. Einen bangen Herzschlag lang sah es so aus, als wolle er sich auf Armos stürzen.
    »Aber der Erzmagier«, versetzte dieser ungerührt.
    Jules Dubrahin zuckte merklich zusammen. »Woher weißt du.?« fragte er verstört.
    »Nur eine Vermutung«, erwiderte Armos. »Doch dein Verhalten zeigt mir, dass ich ins Schwarze getroffen habe.«
    Dubrahin sah sich vorsichtig nach allen Seiten um, aber keiner der anderen Gehilfen beachtete Armos und ihn. Keiner von ihnen machte sich Gedanken darüber, weshalb Duprel Selamy seit Tagen verschwunden war.
    »Sie sind dumm«, flüsterte Jules und zog seinen Freund mit sich hinter die Esse, wo niemand sie beobachten oder gar belauschen konnte.
    »Aber was haben Meister Duprel und dieser Erzgauner Vassander miteinander zu schaffen? Selamy ist ein aufrichtiger Mensch, der Magier hingegen.«
    »Schweig!« zischte Dubrahin erschrocken. »Willst du alle bösen Geister mit deinem unbedachten Gerede heraufbeschwören?«
    »Bei Aqvitre, nein«, hauchte Armos. »Doch ist bekannt, dass nicht nur der L'umeyn dem Erzmagier ergeben ist. Man munkelt, dass Vassander sich mit den Mächten der .. .«
    »Sprich es nicht aus!«
    »Dann lasse mich endlich wissen, was mit dem Meister ist.«
    Dubrahin nickte zögernd. »Ich war auf einer der mittleren Inseln, gestern, bei Einbruch der Dämmerung, und ich wurde zufällig Zeuge eines Gesprächs, in dem es auch um unseren Meister ging.«
    »Wo ist er?«
    »Das wissen die Götter. Duprel, hieß es, arbeite an einem Harnisch für den Erzmagier.«
    »Aber warum nicht hier, in der Schmiede?« entfuhr es Armos. »Seit wann hat Vassander die Öffentlichkeit zu fürchten?«
    Dubrahin zuckte mit den Achseln. Er wollte noch etwas sagen, doch in diesem Augenblick erklang von ferne ein hohles Brausen, das sich schnell steigerte. Wie das Tosen eines mächtigen Wasserfalls.
    »Was ist das?« fragte Armos.
    Das Geräusch veränderte sich, wurde schriller, eindringlicher. Selbst die Luft schien zu zittern.
    »Wir haben die Dämonen heraufbeschworen«, klagte Dubrahin. »Vassander ist mächtiger als...«
    Abrupt brach das Brausen ab. Stille kehrte ein. Eine bedrückende, angsterfüllte Stille. Jeder wartete darauf, dass etwas Unheimliches geschehen würde.
    Der Boden begann zu zittern, kaum merklich zuerst, dann immer heftiger. Irgendwo im Gebälk knisterte es.
    Staub und Holzspäne rieselten aus dem Dachstuhl herab. Jemand schrie. Laut polternd stürzte ein Regal um. Werkzeuge aller Art kullerten über den Boden, der sich einen bangen Augenblick lang aufzubäumen schien.
    »Die Erde tut sich auf!«
    Aus schreckgeweiteten Augen starrte Jules Dubrahin in die Höhe, jeden Augenblick damit rechnend, dass die morschen Balken in sich zusammenstürzten.
    Dann war der Spuk so schnell vorbei, wie er begonnen hatte. Aus den Straßen und Gassen vor der Schmiede ertönte aufgeregtes Schreien. Niemand wusste eine Erklärung für das, was geschehen war. Die Menge brüllte sich gegenseitig nieder, denn die einen gaben den anrückenden Caer die Schuld, die anderen wollten Dämonen gesehen haben, die aus dem Himmel auf Ugalien stürzten.
    *
    Die Sonne neigte sich im Westen zur Ruhe. Ihre letzten Strahlen färbten den Himmel blutrot, gleich dem Widerschein einer fernen Feuersbrunst.
    »Ein böses Omen«, sagte Jules Dubrahin, als er neben Frerick Armos die Schmiede verließ. »Es kündet von Krieg und unsagbaren Leiden.«
    Es war ungemütlich an jenem Abend. Ein schneidend kalter Wind pfiff durch die engen Gassen, brach sich an den Fassaden der oftmals schiefen Gebäude, die sich eng aneinander- lehnten, wie um der Last des frisch gefallenen Schnees besser widerstehen zu können.
    Erste Lichter wurde entzündet.

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