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Der Schwur der Königin

Der Schwur der Königin

Titel: Der Schwur der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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sollten Eure Majestät morgen mit uns einer Predigt lauschen«, schlug er vor.
    »Einer Predigt?« Ich runzelte die Stirn. »Von wem? Worüber?«
    Fray Talavera musterte mich mit ernsten, schwarzen Augen. »Es wäre das Beste, Ihr würdet einfach kommen«, meinte er. »Niemand braucht zu wissen, dass Ihr dort seid. Ich kann es so einrichten, dass Ihr hinter einem Wandschirm sitzt, direkt über der Kanzel.«
    »Wozu, um alles auf der Welt, sollte ich mich verbergen?«
    »Weil der Prediger vielleicht nicht mehr so offen ist, wenn er weiß, dass Ihr anwesend seid«, antwortete mein Beichtvater. »Vertraut mir, Majestad , was er zu sagen hat, wird Euch brennend interessieren.«
    Tags darauf saß ich mit Inés an meiner Seite hinter einem Paravent. Eine donnernde Stimme unter mir, die einem dominikanischen Pfarrer gehörte, einem gewissen Pater de Hojeda, sandte mir kalte Schauer über den Rücken.
    »Sie wahren mit voller Absicht ein falsches Gesicht, damit sie ihre üblen Riten ausüben können!«, wetterte Hojeda. »Sie verabscheuen unsere heiligen Sakramente, die Anbetung unserer Heiligen, und sie leugnen die Keuschheit unserer Heiligen Jungfrau! Tagsüber gehen sie zur Messe, diese Marranos mit den zwei Gesichtern, aber nachts schmähen sie die Riten, mit welchen sie in die Kirche, unsere Heilige Mutter, aufgenommen wurden. Dann feiern sie mit ihren widerwärtigen Brüdern, die sie zur Renitenz anstacheln. Sie müssen aufgespürt, bloßgestellt und ausgemerzt werden, bevor sie uns alle mit ihrer Fäulnis infizieren und zugrunde richten!«
    Seine Worte bestürzten mich zutiefst. Sofort bei unserer Rückkehr in den Alkazar bestürmte ich Fray Talavera mit Fragen. Dieser erklärte mir, dass er ebenfalls Geschichten über Juden gehört hatte, die angeblich conversos dazu anstachelten, nach außen Zugehörigkeit zu unserem Glauben vorzutäuschen, während sie heimlich wieder ihre nur zum Schein aufgegebene Religion ausübten. Mehr noch, es würde vielerorts gemunkelt, diese Machenschaften seien seit Jahrhunderten in ganz Kastilien gang und gäbe, nur würden viele Priester ein Auge zudrücken, weil sie träge, unwissend oder käuflich seien.
    »Natürlich könnte das maßlos übertrieben sein«, schränkte er ein, »aber ich glaube, Ihr solltet sämtliche Tatsachen kennen, bevor Ihr den Fall aufgreift.« Er atmete tief durch. »Man könnte leicht in ein Wespennest stechen«, fuhr er fort, und seine Andeutung erinnerte mich auf unheimliche Weise an die Warnung des Bischofs von Sevilla. »Nur wenige werden der Verteidigung derer zustimmen, denen die Schuld an der Kreuzigung unseres Erlösers nachgesagt wird. Auch wenn wir seit vielen Jahren eine Politik des friedlichen Zusammenlebens mit den Juden pflegen, bedeutet das noch lange nicht, dass alle damit einverstanden sind. Ich würde sogar so weit gehen zu behaupten, dass nur wenige Christen sie in unserer Mitte dulden würden, wenn sie die Wahl hätten.«
    Ich nickte. »Ich verstehe. Seid, wie immer, für Eure offenen Worte bedankt. Ich werde sogleich Kardinal Mendoza schreiben und ihn um seinen geschätzten Rat bitten.«
    Nachdem ich den Brief am Abend einem Boten ausgehändigt hatte, schaute ich durch die geriffelten Fenster in die schwüle Dunkelheit hinaus. Zwar verurteilte ich jedes Leid, das man den Juden zufügte, die mir treu am Hof dienten und von denen auch viele meiner Adeligen abstammten, darunter meine geliebte Beatriz, doch ich konnte es mir nicht leisten, dass unsere ohnehin schon unglaubwürdig gewordene Kirche möglicherweise noch weiter zersetzt wurde. Die Regentschaften meiner Vorgänger waren alles andere als vorbildlich gewesen, was die Toleranz anderen Religionen gegenüber betraf. Jahre des Bürgerkriegs und der Auseinandersetzung mit den Adeligen hatten die Kirche in ihren Grundfesten erschüttert. Es war allgemein bekannt, dass sich viele unserer Geistlichen Konkubinen hielten und in den Klöstern Kastiliens Zügellosigkeit und eine sehr freizügige Auslegung der Heiligen Schrift unter Mönchen wie Nonnen überhandnahmen. Ich war indes fest entschlossen, unsere Kirche zu ihrer früheren Herrlichkeit zurückzuführen. Allerdings hatte ich in dem Durcheinander seit meiner Thronbesteigung noch nicht die Zeit gefunden, mich dieser gewaltigen Aufgabe zu widmen.
    Con blandura hatte mein Motto bisher gelautet – mit Fingerspitzengefühl. Ich wollte die Vergangenheit nicht wiederholen. Nach allem, was Kastilien erduldet hatte, bestärkte mich der bloße

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