Der Schwur der Königin
führen – ein keckes Versprechen, das mir ein Schmunzeln entlockte –, und Medina Sidonia erbot sich, mir einen genuesischen Seefahrer vorzustellen, der in seinen Diensten stand und plante, den von Türken besetzten Landweg zu den sagenumwobenen Schätzen Kathays zu meiden und stattdessen über das Meer zu segeln. Letzteren Vorschlag lehnte ich höflich ab und vertröstete ihn auf einen günstigeren Zeitpunkt. Bei der vorgeblichen Großzügigkeit des Marquis musste ich mir allerdings ein Lachen verkneifen. Medina Sidonia mochte gezähmt worden sein, doch freiwillig hätte er sich bestimmt nicht von noch mehr Teilen seines Reichtums getrennt, noch wollte er ein persönliches Risiko eingehen. Da trennte er sich lieber von einem Schützling, von dem er sich keinen Nutzen mehr versprach, der die Kosten wert wäre.
Da nun also die südlichen Gebiete meines Reichs befriedet waren, begann ich mit den Vorbereitungen für die Wiedervereinigung mit Fernando. Dazu leitete ich eine gründliche Renovierung der veralteten Gemächer im Alkazar von Sevilla ein. Fernandos Triumphe in Kastilien waren nicht weniger bedeutend als meine; er hatte die letzten störrischen Granden in der Extremadura zur Räson gebracht, in der Gegend Frieden geschaffen und so unsere poröse Grenze zu Portugal gegen weitere Angriffe gesichert. Er verdiente wahrlich einen angemessenen Empfang, und den wollte ich ihm auch bereiten.
Ich war der Zwietracht müde und wollte nichts anderes, als wieder mit meiner Familie zusammen zu sein.
Im September erstickte Sevilla fast unter der brütenden Hitze. Mittags konnte man Eier auf der Straße braten, und jeder zog sich zurück, um in den Nachmittagsstunden hinter geschlossenen Fensterläden Siesta zu halten. Insofern war es misslich, dass Fernando ausgerechnet in dieser Zeit Einzug hielt, aber als er in seinem mit Samtwimpeln und Girlanden geschmückten Boot, unter einem Baldachin thronend, den Guadalquivir hinuntersegelte, die Krone auf dem Kopf und das breite Gesicht neuerdings von einem Vollbart umrahmt, machten die schrillen Trompetenstöße seiner Herolde den mangelnden Zulauf der Bürger mehr als wett.
Ich konnte mich kaum noch zurückhalten, als er Beatriz und Isabél half, von Bord zu gehen. Ungeduldig drängte ich nach vorn, obwohl ich immer großen Wert darauf legte, vor der Öffentlichkeit zu allen Zeiten die angemessene Etikette zu wahren – wie sonst konnten wir unseren ungebärdigen Untertanen einen gesunden Respekt vor unserer Macht einflößen? Damit zwang ich freilich mein ebenfalls viel zu aufwendig gekleidetes und unter der Hitze leidendes Gefolge, mit mir über die Brücke zu eilen.
Fernandos Augen schimmerten. »Mi Luna« , murmelte er und ergriff meine Hände. »Du siehst gut aus. Du hast sogar etwas Farbe auf den Wangen.« Damit zog er mich nur auf. Oft scherzte er, dass die Sonne von mir wie von einem Schild abgewehrt werde. Mir selbst war in der Aufregung der letzten Tage nichts aufgefallen, zumal Tändeleien vor dem Spiegel ohnehin zu meinen geringeren Lastern gehörten. Aber natürlich musste das viele Hin und Her meine normalerweise blasse Haut ein wenig gefärbt haben. Auch Fernando sah gut aus. Die Monate des Feldzugs hatten seine Muskeln gestählt, und sein gedrungener Körper verströmte die Energie eines unermüdlichen Jungstiers.
Mit größter Anstrengung riss ich mich von seinem schalkhaften Grinsen los und sah, wie meine Tochter zu einem Knicks niedersank. »Majestad« , hauchte sie in einem ernsten Ton, hinter dem angestrengtes Üben steckte. »Es ist eine Ehre für mich, hier bei Euch zu sein und Euch zu Eurem Sieg zu gratulieren.«
Ich spürte einen Kloß in der Kehle. »Danke, hija mía . Bitte erhebe dich und lass mich dich anschauen.«
Sie war so schön, dass ich es kaum fassen konnte, dass sie aus meinem Unterleib gekommen war. Mit ihren beinahe sieben Jahren war sie gertenschlank und in eine Höhe geschossen, die sie von meinen Ahnen geerbt hatte. Ihr goldbraunes Haar war dunkler als meines, ihre blaugrünen Augen wie ein Türkis, mit bernsteinfarbenen Tupfern gesprenkelt. Als ich diese Augen bestaunte, die noch so klar und unschuldig waren, befielen mich Schuldgefühle. Isabél glich dem Bild, das meine Mutter in ihrem Alter abgegeben haben musste, lange bevor Witwenschaft und Einsamkeit ihren Tribut gefordert hatten. Und ich hatte meine Mutter seit bald zwei Jahren nicht mehr in Arévalo besucht …
»Wie schön du bist!«, rief ich, und Isabél strahlte
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