Der Schwur der Königin
Ländereien stehlen, um Euch, an Leib und Seele unversehrt, zu erreichen.«
Ich tappte laut genug mit dem Fuß auf, damit er hören konnte, wie ungeduldig ich war. »Ich hoffe aufrichtig, dass Ihr nicht den ganzen Weg gekommen seid, um mir nur das zu sagen. Falls Ihr daran erinnert werden müsst: Ich bin Eure Königin. Ich bin denen, die sich über meine Autorität hinwegsetzen, nicht freundlich gesinnt. Ob Edler oder Gemeiner, wenn ich eine Vorladung sende, erwarte ich Gehorsam.«
Er sank auf ein Knie und hob seine wunderschönen Augen mit solch einnehmender Demut zu mir, dass Inés unwillkürlich aufkeuchte. Auch wenn ich nicht zu erkennen gab, dass ich von seiner Pose beeindruckt war, musste ich insgeheim zugeben, dass dieser Mann von atemberaubendem Äußeren war.
»Eure Majestät, ich bin Eurer Macht unterworfen!«, rief er, die Arme weit ausgebreitet. »Und ich habe gegen den Zorn, den mein Feind mit seinen Lügen in Euch geschürt hat, keinen Schutz außer der Beteuerung meiner Unschuld!« Sein Ton nahm vor leidenschaftlichem Pathos ein leichtes Zittern an. »Auch bin ich nicht bloß gekommen, um zu sprechen. Ich bin gekommen, um zu handeln! Nehmt, meine Königin, aus meiner Hand Eure Festungen Jerez und Alcalá entgegen, und sollte Euch mit noch mehr Teilen meines Erbes gedient sein, übergebe ich Euch auch diese – so wie ich mich Euch mit Leib und Seele in vollkommenem Gehorsam anheimstelle.«
Eine dröhnende Stille breitete sich nach dieser pompösen Rede aus. Ich warf Chacón einen Blick zu. Die Arme vor der Brust verschränkt, stand er da, die Augenbrauen skeptisch hochgezogen. Als Kastilier bis ins Knochenmark ließ er sich weder von gutem Aussehen noch von Großspurigkeit beeindrucken. Doch als ich den Blick wieder auf den immer noch knienden Marquis richtete, war ich plötzlich geneigt, sein Bekenntnis für bare Münze zu nehmen. Ach, Berechnung lag hier zweifellos vor. Natürlich wusste er, wann es galt, seinen Vorteil zu erkennen. Aber wenn er von meiner Absicht Wind bekommen hatte, nach Sevilla auch sein ganzes gesetzloses Gebiet wieder Recht und Ordnung zu unterwerfen, und darum zu dem Schluss gelangt war, es wäre klüger, sich zu fügen, als die verräterische Demonstration seiner Macht auf die Spitze zu treiben, dann war mir das gerade recht. Mit seiner Kapitulation würde die Hälfte von West-Andalusien – das größtenteils während der Regierungszeiten meines Vaters und meines verstorbenen Halbbruders illegal besetzt worden war – zusammen mit einer Reihe von Burgen, Städten und Vasallen unter meine Kontrolle zurückkehren.
»Edler Marquis«, sagte ich, »auch wenn es zutrifft, dass ich nichts allzu Erfreuliches über Euch gehört habe, zeigt Ihr mit diesem Angebot Euren guten Willen. Übergebt mir die genannten Festungen, und ich verspreche Euch, in Eurem Streit mit Medina Sidonia so zu vermitteln, dass Euer beider Ehre gewahrt bleibt.«
Mit einem enthusiastischen Lächeln entblößte er makellose weiße Zähne. »Eure Majestät, ich bin Euer untertänigster Knecht! Alles, was ich habe, steht Euch zur Verfügung.«
Ich gestattete mir meinerseits ein Lächeln. Der Mann mochte ein Schurke sein, aber er war unwiderstehlich.
»Mein Sekretär, Cárdenas, wird die Urkunden aufsetzen. Sobald die Schlüssel zu diesen Burgen in meinem Besitz sind, können wir die Einzelheiten dieser untertänigen Knechtschaft erörtern.«
Ich reichte ihm meine Hand. Er wagte es tatsächlich, die Lippen auf meine Finger zu pressen. Das war unverfrorenes Poussieren, fast eine Ungeheuerlichkeit, doch ich hätte nicht erfreuter sein können. Cádiz mochte zwar ein Sieg über Medina Sidonia gelungen sein, dem, sobald er von diesem mitternächtlichen Treffen erfuhr, nichts anderes übrig bleiben würde, als sich ebenfalls zu unterwerfen. Kurz und gut, die wahre Siegerin war letztlich ich.
Ohne einen Tropfen Blut zu vergießen, hatte ich die mächtigsten Fürsten Andalusiens gezähmt.
Wie erwartet, gab sich Medina Sidonia alle Mühe, Cádiz in den Schatten zu stellen, indem er mir sechs seiner fünfzehn Burgen übereignete. Daraufhin bot mir Cádiz zehn weitere von seinen Festungen an. Die Schlichtung zwischen den beiden stellte sich als denkbar einfach heraus, da ihre Stützpunkte nun merklich reduziert waren. Den Rest ihrer umstrittenen Güter teilte ich gerecht auf, wobei ich den größten Teil Kastilien zuschlug. Als Gegenleistung gelobte Cádiz, für mich einen heiligen Krieg gegen die Mauren zu
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