Der Schwur der Königin
lange ein Kind sein. Für ein so junges Bürschchen ist er ganz schön keck.«
»Allerdings, und dir scheint das Plauderstündchen mit Don Cabrera behagt zu haben.«
Mit großer Genugtuung sah ich sie erröten, während sie das Kinn vorreckte und schnippisch erwiderte: »Cabrera? Pfff … der bedeutet mir nichts.«
Nach dem Mittagsgebet zogen wir uns hastig in unsere Gemächer zurück, um unsere Hofgewänder anzulegen. Auf dem Rückweg in den Alkazar gestand ich Beatriz, ich könne nun verstehen, dass wir angesichts der vielen Anlässe, bei denen man unsere Teilnahme erwartete, sehr wohl eine umfangreiche Garderobe benötigen würden. Allerdings erschien mir die Vorstellung, Mencia de Mendoza oder die Königin um Hilfe zu bitten, nicht sehr verheißungsvoll, zumal ich ihr erstes Angebot so heftig zurückgewiesen hatte.
»Wir könnten ja vielleicht Andrés – ich meine, Don Cabrera – bitten, mit seiner Mutter zu reden, damit sie uns hilft«, schlug Beatriz vor. »Sie ist immer so freundlich zu uns. Da wird sie uns bestimmt gern einen Gefallen tun.«
Ich nickte. »Allerdings. Und vielleicht kann sie uns auch helfen, die Gewänder selbst zu schneidern. Mit den richtigen Mustern kann ich das auch allein. Deine Stiche dagegen sind ungefähr genauso hoffnungslos wie deine Knickse.«
»Als ob irgendjemand darauf achten würde, was ich trage«, murrte sie.
»Don Andrés de Cabrera offenbar schon«, erwiderte ich.
Mit empörtem Gebaren stemmte sie die Hände in die Hüften. »Wollt Ihr mich jetzt den ganzen Tag lang mit ihm aufziehen? Wenn ja, dann lasst es mich bitte wissen, damit ich Euch ignorieren kann.«
»Wie aufbrausend du bist!« Ich küsste sie auf die Wange. »Vergib mir. Ich werde ihn nicht mehr erwähnen, versprochen.«
»Sehr gut. Denn es gibt nichts zu erwähnen: Ich habe ihn unterhaltsam gefunden, das ist alles.« Sie zwinkerte mir zu, und wir traten kichernd in den Thronsaal, in dem der Boden mit nach Rosmarin duftenden Binsen bedeckt war, die unter unseren Füßen raschelten.
Ich bahnte mir meinen Weg zum Podest, wo Alfonso bereits neben Enrique und der Königin saß. Als ich atemlos auf meinem Stuhl Platz nahm, schwor ich mir angesichts Juanas bösen Blicks, in Zukunft peinlich auf pünktliches Erscheinen zu achten. Bisher war ich ja offenbar zu allen Anlässen zu spät gekommen.
Die Königin trug eine lila Samtrobe, die vom Schnitt her einzig dazu diente, ihr perfektes Dekolleté hervorzuheben. Darüber glitzerte eine Halskette aus Diamanten und Perlen, die das Licht förmlich anzogen. Sobald Juana mich dabei ertappte, wie ich die Kette anstarrte – noch nie hatte ich derart herrliche Juwelen gesehen –, betastete sie sie zufrieden und gurrte: »Gefällt sie dir?«
»Sie ist herrlich!« Was ich für mich behielt, war, dass sie auch unvorstellbar teuer aussah.
»Ein Geschenk von Enrique zur Feier der Geburt unserer Tochter.« Sie bedachte den König mit einem nachsichtigen Lächeln, um die Augen gleich wieder auf mich zu richten. »Ist das nicht dieselbe Robe, die du gestern Abend trugst, meine liebe Isabella?«, rief sie in einem Ton gespielter Verzweiflung, der ihre Verachtung kaum zu kaschieren vermochte. Ihre Brauen wanderten nach oben. »Also wirklich, du musst mir gestatten, mich um deine Garderobe zu kümmern. Man sollte zu jeder Zeit seinem Rang entsprechend auftreten. Wir sind hier nicht in Arévalo; am Hof ist das Erscheinungsbild von höchster Bedeutung.«
Mir war, als hätte sie kaltes Wasser über mir ausgeschüttet. Woher wusste sie, dass ich mir soeben über genau dieses Problem den Kopf zerbrochen hatte? Mir schoss in den Sinn, mit welcher Bewunderung in den Augen Fernando mich nach unserem Tanz im Garten angeschaut hatte. Ihn hatte offenbar nicht gekümmert, was ich trug.
Enrique schenkte mir ein schüchternes Lächeln. »Ja, Isabella, lass dir doch von Juana helfen. Sie kennt all die neuesten Moden.«
»Und außerdem«, bekräftigte sie mit einer Prise Boshaftigkeit in der honigsüßen Stimme, »kann ich dir ein paar von meinen älteren Juwelen geben. Schließlich muss jede Prinzessin hübschen Schmuck tragen, nicht wahr?«
Ich wandte die Augen ab. »Eure Hoheit sind zu freundlich. Es wäre mir eine Ehre.«
»Natürlich wäre es das.« Sie widmete ihre Aufmerksamkeit den Bediensteten, die den ersten Gang brachten. Ich nahm an, dass sie und Enrique ihre Auseinandersetzung vom Vortag beigelegt hatten, denn sie lachte und scherzte mit ihm, als hätte es keinerlei
Weitere Kostenlose Bücher