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Der Schwur der Königin

Der Schwur der Königin

Titel: Der Schwur der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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bezaubernde Figur dabei ab, aber Ihr kennt keinen von den aragonischen Tänzen. Ihr müsst wenigstens einen lernen, damit Euch eine Erinnerung an mich bleibt.« Er nahm mich bei der Hand, und bevor ich protestieren konnte, bugsierte er mich zur gefliesten Fläche beim Brunnen.
    Ich versuchte, mich zu befreien. »Nein«, sagte ich mit vor Angst atemloser Stimme, »man könnte uns sehen.«
    »Wer?« Lachend blickte er über die Schulter zur Arkade. »Hier würde man uns nicht einmal dann bemerken, wenn wir eine Kanone zündeten. Kommt schon, es ist ja nur ein Tanz.«
    »Wirklich, ich darf nicht. Nicht hier im Garten. Das … gehört sich nicht.«
    Er verharrte. Seine Augen fixierten mich. »Nehmt Ihr Euch immer so ernst?« Diese Frage hätte verletzend sein können, aber sein Ton verriet mir sofort, dass das nicht seine Absicht war. Seine Neugier war aufrichtig.
    »Natürlich«, erwiderte ich, das Kinn angriffslustig gereckt. »Ich bin eine Infantin von Kastilien. Das muss ich mir immer vor Augen halten.«
    Er hob eine Augenbraue. » Immer? Kann eine Infantin nicht hin und wieder Spaß haben?«
    »Ich glaube nicht, dass Tanzen im Garten als …« Ich verstummte, denn er ignorierte mich einfach und betrat leise summend den gefliesten Bereich. Und dort baute er sich in Tänzerpose auf.
    Er war verrückt. Er war tatsächlich im Begriff, Ernst zu machen.
    »Dieser Tanz«, erklärte er und strich sich die Haare aus der Stirn, »wird nach der Ernte von den Bauern aufgeführt. Sie feiern damit die Freigebigkeit der Natur.«
    Ein primitiver Bauerntanz – und bestimmt auch noch heidnischen Ursprungs! Ich hätte mich entfernen sollen. Das war ungehörig. Er war ungehörig! Aber ich blieb wie festgenagelt stehen, gebannt von seinem kräftigen Körper, seiner selbstsicheren Haltung, während er die Schultern straffte, die Arme in die Hüften stemmte, mit den Lippen ein lautes Trillern von sich gab, jäh hochsprang und im Zickzack mit der Präzision eines Uhrwerks über die Fläche fegte.
    »Das symbolisiert das Bündeln des Weizens!«, rief er mir mitten in seinem Wirbel zu, ohne die verblüffenden Bewegungen seiner Beine zu unterbrechen. »Kommt! Ich zeige es Euch!«
    Er streckte mir lockend eine Hand entgegen. Ich konnte nicht glauben, was ich tat, doch ich bewegte mich auf ihn zu. Hinter den Palastfenstern konnten Höflinge stehen und uns schockiert zuschauen; jeder, der unter den Arkaden wandelte, konnte uns sehen! Inzwischen, dessen war ich sicher, war Beatriz auf uns aufmerksam geworden und beobachtete uns mit offenem Mund, da ich nach Fernandos Hand griff und spürte, wie seine heißen Finger sich um die meinen schlossen.
    Er grinste über das ganze schweißnasse Gesicht. »Ihr stolpert noch über diese Röcke«, meinte er, meine Robe mit hochgezogenen Augenbrauen begutachtend.
    Ich erstarrte.
    Er beugte sich dicht über mich. »Seid tapfer, Isabella«, flüsterte er.
    Meine Kehle war wie ausgetrocknet. Ich bückte mich, raffte meine Rockschöße und verknotete sie flink auf der Höhe der Wadenbeine. Dann blickte ich ihn herausfordernd an.
    »Ihr macht das nicht zum ersten Mal«, meinte er, während seine Augen frech über meine elfenbeinweiß bestrumpften Knöchel glitten. Ich mochte meine Knöchel nicht. Sie waren knochig und ließen meine Füße zu groß wirken.
    »Anders als Ihr über verwöhnte Infantas denken mögt«, erwiderte ich in spitzem Ton, der seinen Blick wieder auf mein Gesicht lenkte, »bin ich auf einer Burg aufgewachsen, wo gearbeitet wurde, und zwar mit Nutzvieh. Da galt es, auf Schlamm und Mist zu achten. Ich habe nur wenige Kleider und sollte sie möglichst nicht ruinieren.«
    Er verbeugte sich, trat dicht heran und legte mir einen Arm um die Taille. »Es ist leichter, als es aussieht«, murmelte er und kam mir dabei so nahe, dass ich das Salz auf seiner Haut riechen konnte. »Folgt mir einfach.«
    Am Anfang wäre ich fast gestürzt, so plötzlich und schnell erfolgte sein Sprung. Dann gab es wieder diese komplizierten Beinbewegungen. Beim zweiten Mal brachte ich sie, ermutigt durch sein Klatschen, etwas täppisch zuwege. Und als er wieder sein Lied ohne Worte summte, das mich an das Pfeifen von Ziegenhirten auf windumtosten Abhängen erinnerte, ergriff er meine Hand, drehte mich zu sich und befahl: »Beim dritten Schlag hüpfen wir gemeinsam hoch, schlagen mit den Füßen aus, wirbeln herum und wiederholen das Ganze.«
    »Unmöglich«, stöhnte ich, wappnete mich aber trotzdem dafür und schloss

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