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Der Schwur der Königin

Der Schwur der Königin

Titel: Der Schwur der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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Erst dachte ich, Ihr wärt ahnungslos, aber jetzt sehe ich, dass Ihr sehr wohl Bescheid wisst. Das müsst Ihr ja, denn nur ein Hahnrei, der auf dem Laufenden ist, würde den Hurenbock seiner Frau mit Ämtern überschütten.«
    »Ganz recht!«, bekräftigte Girón und packte sein Schwert noch fester, als drängte es ihn, auf die regungslos verharrenden Mauren einzustechen. »Versteckt Euch nur hinter Eurem gottlosen Abschaum, siegen wird aber am Ende Gottes Wahrheit!«
    Einen entsetzlichen Moment lang dachte ich, Enrique würde seinen Leibwächtern befehlen, den Marquis, dessen Bruder und ihre Soldaten zu zerhacken, doch letztlich blieb er einfach stehen, am ganzen Leib zitternd und mit konsternierter Miene, die deutlich verriet, dass er nicht glauben konnte, was um ihn herum geschah.
    »Tu was!«, zischte Juana. »Verhafte die Kerle! Sie lügen. Das ist Verrat!«
    »Ist es das?«, fragte Enrique so kalt, dass Juana zurückprallte. Der König wandte sich wieder an Villena. »Es steht Euch frei, diesen Hof zu verlassen, wenn Ihr meine Politik nicht länger gutheißt. Aber seid gewarnt. Verrat wird von mir nicht geduldet werden, egal für wie gerecht Ihr Eure Sache halten mögt.«
    »Ich werde daran denken«, entgegnete Villena. Mit einer spöttischen Verbeugung machte er kehrt und strebte zur Tür. Erneut schwang Girón sein Schwert vor Cueva, dessen zerschlagenes Gesicht kreidebleich wurde. Dann stapfte der Bruder des Marquis hinaus, nicht ohne obszöne Bemerkungen in die Richtung einer Gruppe von Hofdamen zu bellen, die verängstigt bei der Tür kauerten.
    Die Palastwächter rührten sich nicht von der Stelle. Erst als Enrique etwas in ihrer Muttersprache murmelte, zogen sie im Gleichschritt ab – wie dressierte Hunde. Ich hatte keinen Zweifel, dass sie Villena und Girón, ohne zu zögern, getötet hätten, wenn er es ihnen befohlen hätte.
    Juana rauschte vom Podest hinunter und zum Ausgang; ihre Hofdamen stürzten ihr hinterher. Cueva blieb benommen zurück. Als er Enrique flehentlich anblickte, wandte dieser sich abrupt ab. Erst jetzt bemerkte ich den Erzbischof, der mit mehreren Palastwächtern im Schlepptau durch einen Nebeneingang in den Saal hastete, sein rotwangiges Gesicht sichtlich besorgt.
    »Eure Majestät!«, rief er. »Ich bin soeben informiert worden. Das ist unerhört! Villena geht zu weit. Darf ich …«
    »Führt sie weg«, flüsterte Enrique.
    Carrillo winkte uns zu sich. »Kommt, Kinder. Schnell.«
    Alfonso und ich stolperten los. Beatriz löste sich aus der Menge der gaffenden Höflinge und schloss sich uns an. Während Carrillo uns aus dem Saal lotste, blickte ich zurück und sah Enrique auf seinem Thron zusammensacken, den Kopf in den Händen, als hätte ihn ein tödlicher Schlag getroffen.
    In der Galerie wies Carrillo Cabrera an, uns zu unseren Gemächern zu bringen. »Seht zu, dass sie heute Nacht drinnen bleiben«, befahl er. Etwas an seiner Stimme, ein dunkler Unterton, ließ mich zu Alfonso hinüberblicken, der mit verängstigtem Gesicht zwischen dem Erzbischof und seiner Garde stand.
    Cabrera begann, uns Mädchen vor sich her zu scheuchen. Ich hörte die Rüstungen der Soldaten klirren, die mit Carrillo und meinem Bruder in die entgegengesetzte Richtung strebten.
    Als Alfonso »Isabella!« rief, wirbelte ich herum. Er rannte los und warf sich mir in die Arme. »Es tut mir leid!«, keuchte er. »Ich habe es nicht so gemeint. Du bist nicht dumm. Es ist nur so, dass ich … schreckliche Angst habe.«
    »Warum? Was hast du, Alfonso? Wovor hast du Angst?« Ich schaute an ihm vorbei zu Carrillo hinüber, der, die Hände ungeduldig in die Hüften gestemmt, dastand. Seine weiße Robe reichte ihm bis zu den mit Stiefeln bekleideten Knöcheln hinab; die Füße waren leicht gespreizt, sodass unter dem Saum ein schwarzer Rock zum Vorschein kam. Um seine massive Taille war ein Ledergurt geschlungen, dicker als mein Arm, von dem ein in seiner Scheide steckendes Schwert herabhing.
    Auch der Erzbischof trug also am Hof eine Waffe. Ein Mann Gottes, und er kam daher wie ein Krieger! Plötzlich hatte ich ein Bild von ihm vor Augen, wie er mit einem blutrünstigen Brüllen über ein Schlachtfeld fegte und sein Breitschwert schwingend einen Kopf nach dem anderen abmähte. Jäh begann mein Herz zu rasen.
    »Bleib bei uns«, bat ich Alfonso. »Geh nicht mit ihm mit.«
    Mein Bruder schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht. Ich habe versprochen, meine Pflicht zu erfüllen. Es tut mir leid, Isabella.« Er

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